Lesley Pearse
Veilchens, und ihre Intelligenz, ihre Wärme und Geduld würden ihr helfen, durchs Leben zu kommen.
Erst als alle Kinder im Bett waren und es im Haus still geworden war, konnten die beiden Frauen in Ruhe miteinander sprechen.
»Arnold und ich wollten eigentlich erst im Oktober heiraten«, berichtete Cissy. »Aber ich habe darauf bestanden, die Hochzeit vorzuziehen, damit du dabei sein kannst.«
»Bist du ganz sicher, dass er der Richtige für dich ist?«, fragte Matilda, nachdem sie allen Hochzeitsplänen gelauscht hatte. »Du hast mir noch nicht ein Mal gesagt, dass du ihn liebst.«
»Ich empfinde für ihn sicher nicht so wie für John«, gestand sie traurig. »Doch er ist ein guter Mann, Matty. Ich bin jetzt siebenundzwanzig, meine Chancen werden nicht besser, und ich brauche einen Mann. Du weißt ja sicher, was ich meine?«
Matilda nickte. Cissy vermisste das Liebesspiel.
»Aber er liebt mich in jedem Fall!« Die Freundin grinste schelmisch. »Er kann es nicht erwarten, mit mir zu schlafen.«
Matilda dachte bei sich, dass Arnolds Wunsch wohl kaum ein ausreichender Grund dafür war, ihn zu heiraten. Aber Cissy ging schon seit Jahren mit ihm aus, sie musste also wissen, was sie tat.
Matilda erzählte schließlich von ihrer Idee, Amelia mit nach San Francisco zu nehmen. »Ich weiß, du liebst sie, Cissy, und bist in all den Jahren ihre eigentliche Mutter gewesen. Aber sie sollte jetzt langsam bei mir sein.«
Cissys Augen füllten sich sofort mit Tränen, doch zu Matildas Überraschung begann sie keine Diskussion. »Du hast Recht, sie sollte bei dir sein«, gab sie trübsinnig zurück. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, ohne sie zu leben, denn ich liebe sie wie ein eigenes Kind. Manchmal vergesse ich wirklich, dass sie nicht meine Tochter ist. Aber ich vermute, du nimmst sie besser früher als später mit zu dir.«
An einem sonnigen Morgen zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Oregon verabschiedeten Matilda und Peter sich von Cissy, Arnold und den beiden Mädchen. Arnold wollte mit seiner zukünftigen Frau Freunde besuchen, die kürzlich aus Pennsylvania hierher gezogen waren. Er hatte sie seit ihrer Ankunft erst ein Mal getroffen, und da sie eine kleine Tochter bekommen hatten, wollte er dies zum Anlass für einen Besuch nehmen und sie zu seiner Hochzeit einladen. Da es eine Fahrt von insgesamt fünfzig Meilen war, hatten sie geplant, über Nacht bei ihren Freunden zu bleiben.
Da die Familie nur kleine Töchter hatte, war Peter nicht besonders erfreut von der Idee gewesen mitzufahren. Deshalb hatte Matilda vorgeschlagen, er könne bei ihr bleiben. Sie hatten vor, gemeinsam eine Bootsfahrt nach Portland zu unternehmen und sich die Schiffe anzusehen. Sie freute sich auf die Zeit mit Peter. Ihnen würde mit Sicherheit nicht langweilig werden.
»Ich wünsche euch eine schöne Zeit«, rief Matilda, als der Einspänner losfuhr. Die Mädchen saßen hinten, Amelia in einem blauen, Susanna in einem rosafarbenen Kleid, und beide trugen weiße, gestärkte Schürzen über ihren Röckchen. »Benehmt euch gut«, fügte sie hinzu, als sie die Kinder auf die Wangen küsste. »Ich werde euch vermissen.«
Ihre Angst vor der bevorstehenden Hochzeit war inzwischen verflogen. Arnold war zwar etwas gesetzt und voreingenommen, aber in den letzten beiden Wochen hatte sie auch andere Seiten an ihm kennen gelernt. Der Durchbruch war schließlich gekommen, als sie den untersetzten, kleinen Mann an dem ersten Sonntag ihres Urlaubs dabei beobachtet hatte, wie er in Anzug und Kragen mit Amelia und Susanna im Garten umhergetollt war. Es war ganz offensichtlich, dass ihm das Spielen mit ihnen große Freude bereitete. Er schien Kinder sehr zu mögen, und diese beiden besonders. Später am Tag sah sie zufällig, wie er und Cissy sich im Wohnzimmer leidenschaftlich küssten, und sie entschied, dass ihr erster Eindruck sie wohl getäuscht haben musste.
In der folgenden Zeit hatte er Matilda oft überrascht. Er half Cissy in der Küche und las den Kindern Geschichten vor. Besonders zu Tabitha und Peter hatte er ein enges Verhältnis. Er vertrat vielleicht ein wenig strenge Ansichten, aber er war freundlich und vergötterte Cissy eindeutig. Sicher würde er gut für sie und die Kinder sorgen.
Arnold, Cissy und die Kinder kamen erst spät am folgenden Abend zurück. Die beiden Mädchen waren im Wagen fest eingeschlafen und erwachten nicht einmal, als Arnold sie nach oben in ihr Zimmer trug. Nach einem leichten Abendessen ging er nach Hause,
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