Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
Vom Netzwerk:
der Polizei präsentierten: Big Gee war in die Bar gekommen, um sie zu bedrohen. Matilda hatte ihre Pistole gezogen, um ihn einfach nur davon abzuhalten, ihre privaten Räume zu betreten. Er hatte sich herumgedreht, seine Pistole gezogen und geschossen, wobei er sie nur um Zentimeter verfehlt hatte. Sie hatte selbst erst geschossen, als er wieder versuchte, ihre Tür einzutreten.
    Die Polizei, die zu keiner Zeit besonders erfolgreich war, schenkte dieser Geschichte gern Glauben. Gilbert Green war verhasst und von hunderten von Menschen gefürchtet. Sein Tod war Grund zur Freude, nicht zur Traurigkeit.
    Matilda war so tief schockiert, dass sie es einige Tage für unmöglich hielt, in die Bar zurückzukehren. Obwohl sie den Tod des Mannes nicht bedauerte – er war schließlich ein bösartiger Rohling gewesen –, schockierte es sie dennoch, dass sie fähig war, ein menschliches Wesen umzubringen. Sie hatte in ihrem Leben schon einiges erlebt, doch Töten, selbst wenn es dem Wohl der Menschheit diente, war einfach zu viel, um damit zurechtzukommen.
    Außerdem war sie ein wenig beunruhigt, weil sie über Nacht zur Heldin geworden war. Sicher war es ein gutes Gefühl, eine mutige Frau genannt zu werden und plötzlich den Respekt der Männer zu besitzen, die bislang geglaubt hatten, sie führte London Lil’s nur stellvertretend für ihre Investoren. Doch ihr wurde auch klar, dass ihre Handlung sie nun etwas vorschnell dazu zwang, sich öffentlich gegen all die Gräueltaten zu stellen, die täglich in der Stadt begangen wurden.
    Big Gee war kaum beerdigt, als Mrs. Honeymead verhaftet wurde. Man warf ihr vor, Mädchen zur Prostitution verleitet zu haben, und Matilda wurde vom Anwalt der Anklage gebeten, ihn zu einigen der jungen Frauen zu begleiten, die im Bordell geblieben waren. Er wollte die Mädchen ermutigen, als Zeuginnen auszusagen.
    Es regnete an dem Morgen in Strömen, an dem Mr. Rodrigious sie in seinem Wagen abholte, um zum Girlie Town zu fahren. Er war ein kleiner, sehniger Südamerikaner mit geöltem Haar und Schnauzbart, der fehlerfreies Englisch sprach. Er erzählte ihr während der Fahrt zum Bordell, dass er in Boston studiert hatte und hoffte, eines Tages nach England gehen zu können, weil er das britische Rechtswesen für das beste der Welt hielt.
    »Sie werden den Zustand, in dem sich die übrig gebliebenen Mädchen befinden, äußerst beunruhigend finden«, sagte er, als er seinen Wagen in der Kearny Street zum Stehen brachte. »Die meisten sind nach Mrs. Honeymeads Verhaftung geflohen. Es sind also nur diejenigen geblieben, die zu krank, zu verwirrt und sogar zu ängstlich waren, um zu flüchten. Ich habe ihnen Wasser und Essen gebracht, aber sie wollten ihre Räume nicht verlassen, zumindest, solange ich dort war.«
    Als sie durch eine sich schlängelnde, schmale, übel riechende Gasse gingen, musste Matilda an ihren Besuch im Rat’s Castle vor all den Jahren denken. Am Ende des Weges stand ein Schild, das den Weg zur Girlie Town wies und von beiden Seiten von lüsternen Zeichnungen nackter Mädchen umrahmt wurde. Die oberen Fenster waren alle geschwärzt und verbarrikadiert, und sogar jetzt, im Tageslicht, lag ein Hauch des Bösen in der Luft, der Matilda schaudern ließ. Mr. Rodrigious öffnete die Tür mit einem Schlüssel, blieb dann aber stehen und drehte sich um, als erwartete er, dass Matilda zurückschreckte.
    »Mir geht es gut«, versicherte sie. »Und ich möchte mir alles ansehen, auch die Dinge, die eine Lady Ihrer Meinung nach nicht sehen dürfte.«
    Der Anwalt zündete in der Halle eine Öllampe an, da wegen der geschwärzten Fenster das gesamte Innere im Dunkeln lag. Im unteren Bereich fanden sie eine geplünderte Bar, eine völlig schmutzige Küche sowie die privaten Räume Mrs. Honeymeads, die sich durch ihre Sauberkeit und Gemütlichkeit von den anderen unterschieden.
    Schließlich gingen sie nach oben, wo es sechs kleine Zimmer gab, in denen sich außer einem eisernen Bettgestell in der Mitte keinerlei Möbel befanden. Decken und Laken sah Matilda auch nicht, nur schmutzige, verfleckte Matratzen.
    »Dies sind die Räume, in die Mrs. Honeymead die Mädchen brachte«, erklärte Mr. Rodrigious und führte seine Lampe näher an das Bett heran, damit sie die Lederfesseln sehen konnte, die noch an den Betten befestigt waren. Dann beleuchtete er die Wand, die mit Blutflecken bedeckt war. »Man kann nur ahnen, welche Schrecken die Mädchen hier ertragen mussten.«
    Als sie ein weiteres

Weitere Kostenlose Bücher