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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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Stockwerk nach oben gingen, konnte Matilda ein Stöhnen hören. Der Rechtsanwalt drehte sich zu ihr um und sprach mit leiser Stimme. »Sie werden sich fragen, warum sie es bevorzugen, hier oben zu bleiben, wenn Sie erst einmal ihre Räume gesehen haben. Sie halten sich wohl lieber an das ihnen Bekannte, vermute ich.«
    Matilda ging auf eine der zwölf schmalen Türen zu, die allesamt mit einem Gitter versehen waren, und schaute hinein. Der Gestank von Exkrementen ließ sie unwillkürlich zurückfahren.
    »Sie haben gegessen, was ich ihnen gebracht habe, aber ihre Nachttöpfe sind seit Mrs. Honeymeads Verhaftung nicht mehr geleert worden«, erklärte Mr. Rodrigious. »Ich habe bislang noch niemanden finden können, der hier für Ordnung sorgen möchte.«
    Matilda öffnete die erste Tür, nahm ihm die Lampe aus der Hand und ging ins Innere. Ein kleines chinesisches Mädchen lag eingerollt wie ein Hund auf dem Fußboden. Als der Lichtkegel das Kind erfasste, schrie es vor Schrecken auf und flüchtete sich in eine Ecke des Raumes. Es war vielleicht zehn Jahre alt, und sein einziger Schutz war ein beflecktes Hemd. Die Kleine umfasste ihre Beine mit ihren knochigen Armen, und ihre Augen flackerten abwechselnd zwischen Matilda und dem Mann im Türeingang hin und her.
    »Ich bin gekommen, um zu helfen«, sagte Matilda und bewegte sich auf das Mädchen zu. Sie streckte eine Hand aus, um dem Kind über die Stirn zu streichen. »Dieser Mann möchte euch auch helfen. Er wird dir nicht wehtun.«
    Matilda erhielt keine Antwort. Vermutlich verstand das Mädchen kein Englisch. »Freund«, begann sie erneut, nahm eine Hand des Mädchens zwischen ihre und streichelte sie.
    Nachdem Matilda alle Kinder gesehen hatte, wuchsen ihr Entsetzen und ihre Empörung über Mrs. Honeymead und die Männer, die diese Mädchen benutzt hatten, noch mehr. Allein die Tatsache, dass sie in ihren eigenen käfigähnlichen Räumen geblieben waren, anstatt sich gegenseitig zu trösten, zeigte das Ausmaß ihrer Angst. Eines der schwarzen Mädchen hatte gefährliche Wunden, weil es vor kurzer Zeit zusammengeschlagen worden war. Die beiden Mexikanerinnen saßen so unbeweglich und still auf ihren Laken, dass sie beinahe leblos wirkten.
    Sie befanden sich in einem schlimmeren Zustand als die Kinder in Five Points, denn Mangel an Essen und Kleidung ließ sich leicht beheben. Doch diese Mädchen hatte man in der Dunkelheit eingesperrt und sie zum Opfer unaussprechlicher Grausamkeiten gemacht. Es würde mehr als ein heißes Bad und ein paar gute Mahlzeiten beanspruchen, um ihre verletzten Seelen wieder zu heilen.
    »Wir müssen sie von hier fortbringen«, wandte sich Matilda an Mr. Rodrigious. Eines der schwarzen Mädchen schien zu verstehen, dass sie hier war, um zu helfen. Es war näher gekommen und hatte seine Hand in Matildas gelegt. »Sie sind alle krank, halb verhungert, und der Himmel weiß, wo sie mit ihren Gedanken sind.«
    Mr. Rodrigious sah bestürzt aus. »Ich wüsste nicht, wo wir sie hinbringen sollten«, erwiderte er. »Ein gewöhnliches Waisenhaus wird solche Kinder nicht aufnehmen.«
    Matilda ergriff die Wut angesichts seiner Dummheit. »Sie verstehen doch sicherlich, dass sie erst gesund gepflegt werden müssen, bevor sie aussagen können, was hier vorgefallen ist?«
    »Aber wer wird sich um sie kümmern?«, wandte er ein, und sein fahles Gesicht wurde noch bleicher. »Sie könnten sich mit jeder erdenklichen Krankheit angesteckt haben.«
    Damit hatte er natürlich Recht, und obwohl Matilda die Kinder am liebsten eingepackt und mit zu sich nach Hause genommen hätte, wusste sie, dass dies leichtsinnig wäre.
    Sie dachte nach. »Ich werde sie pflegen«, erklärte sie. »Und wenn keiner sie aufnehmen wird, muss ich sie eben hier versorgen, unten, in Mrs. Honeymeads Räumen. Aber Sie müssen einen Doktor finden, der sich bereit erklärt, herzukommen und sie zu untersuchen.«
    »Kein Arzt, den ich kenne, würde hierher kommen«, entgegnete er und wandte sich den Treppen zu, als liefe er am liebsten davon.
    »Gehen Sie zu Henry Slocum, er wird jemanden kennen. Sagen Sie, dass ich darauf bestehe. Und ich brauche einige saubere Matratzen, Laken, Decken, Essen und ein paar Frauen, die die Küche putzen. Ich werde zahlen, was immer es kostet.«
    »Ich weiß nicht, wie ich all dies organisieren soll«, protestierte er und ging einen Schritt zurück. »Meine Aufgabe war lediglich, bei der Suche nach Zeugen zu helfen, und nicht, diesen Ort in ein Hospital zu

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