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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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hatte.
    »Ich liebe dich«, flüsterte sie. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr.«
    »Ich frage mich, ob wir demnächst, wenn wir erst einmal verheiratet sein werden, immer noch unsere Gesichter studieren werden, um die Gedanken des anderen zu lesen«, bemerkte er.
    »Vielleicht brauchen wir das dann gar nicht mehr«, wisperte sie.
    Er nahm sie in die Arme und umschloss sie fest. Sie spürte sein stummes Weinen.
    Eine Woche später kam Dolores zurück in die Wohnung, um Matilda einen Besuch abzustatten. Sie fand ihre Herrin mit tränenüberströmten Wangen über einer Fotografie von James.
    »Was soll das?«, fragte Dolores. »Alle halten Sie für ›die Frau, die niemals weint‹.«
    Matilda lächelte schwach. »Das ist nur ein Mythos.«
    »Haben Sie dieses Bild gerade aufgenommen?«, wollte Dolores neugierig wissen und nahm ihr die Fotografie aus der Hand. »Ganz schön clever, was die Leute heutzutage alles können, nicht wahr? Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie sie das Abbild eines Menschen auf Papier bannen.«
    »Ich auch nicht, Dolores«, seufzte Matilda. »Wir haben von uns beiden eine Aufnahme gemacht, und ich sehe auf meinem genauso ernst aus wie er.«
    »Er ist ein gut aussehender Mann, keine Frage«, meinte Dolores.
    »Das ist das Einzige, was mir für eine Weile von ihm geblieben ist«, murmelte Matilda sehnsuchtsvoll. Sie dachte daran, wie James ihr Foto gemeinsam mit ihrem roten Strumpfband und einer Locke in eine kleine Ledertasche gesteckt hatte. »Er sagte, er würde es für immer bei sich tragen.«
    »Nein, das ist nicht alles, was Ihnen geblieben ist. Sie haben einen ganzen Kopf voll wunderschöner Erinnerungen«, wies Dolores sie zurecht. »Das ist mehr, als die meisten besitzen.«
    »Du hast Recht, natürlich«, stimmte Matilda zu und legte das Bild fort. »Ich habe mich mal wieder vergessen. Wie läuft es bei den Mädchen?«
    »Sehr gut«, antwortete ihre Magd. »Die kleine Mai Ling hat gestern einen ganzen Satz gelernt. ›Ich mag keinen Haferbrei.‹ Ich denke, das ist ein ganz guter Anfang, und sie hat mich eindeutig verstanden, als ich ihr erklärte, dass sie ihn essen und auch mögen wird.«
    Diese Erzählung brachte Matilda wieder zum Lächeln. Das war typisch Dolores!
    »Eigentlich bin ich hergekommen, um Ihnen zu erzählen, dass eine von Mrs. Slocums Freundinnen uns so eine neumodische Nähmaschine geschenkt hat. Ich habe es jetzt schon öfter probiert, aber ich kriege sie nicht ans Laufen.«
    »Ich komme später und sehe sie mir einmal an«, versprach Matilda. Dieses Geschenk erfreute sie, denn wenn die Mädchen mit einer solchen Maschine umgehen könnten, wäre das noch eine weitere, nützliche Fähigkeit.
    »Sie kommen jetzt mit«, entschied Dolores in ihrem deutlichsten Befehlston. »Es ist Unsinn, dass Sie hier herumsitzen und Trübsal blasen, während die Kinder Sie gern sehen möchten. Fern hat die ganze Woche die Buchstaben geübt, die Sie ihr beigebracht haben. Das Gekratze auf der Schiefertafel geht mir inzwischen mächtig auf die Nerven.«
    Matilda stimmte zu, denn Dolores hatte Recht. Sie würde wirklich nichts Sinnvolles zu Wege bringen, wenn sie hier bliebe.
    Als sie im Haus in der Folsom Street ankamen, hielten sich die Mädchen alle in der Küche auf. Mai Ling und Suzy, die beiden Chinesinnen, saßen auf einer Bank und spielten. Maria und Angelina, die beiden mexikanischen Mädchen, hatten sich vor den Kamin gekauert, und die drei Schwarzen, Bessie, Ruth und Dora, saßen am Tisch, während Fern ihre neu erworbene Kenntnis der Buchstaben an sie weitergab.
    Als die älteren Frauen eintrafen, rannte Bessie auf sie zu, um sie zu begrüßen, und Fern zeigte ihr breitestes Lächeln. Doch die anderen nickten nur. Matilda war es anfangs schwer gefallen, sich an diese kühle Zurückhaltung zu gewöhnen, da sie sich bislang nur mit überschwänglichen Kindern umgeben hatte, die sie zur Begrüßung stets stürmisch umarmt hatten. Aber Dolores, die auf vielen Gebieten eine wahre Informationsquelle war, erklärte Matilda, dass sie das Vertrauen der Kinder gewonnen hatte, weil sie sich nicht vor ihr versteckten. Außerdem warteten sie immer sehnsüchtig auf Matildas Rückkehr.
    »Eine von euch kann einen Tee für Mrs. Jennings kochen«, bemerkte Dolores. »Ich glaube, Ruth ist an der Reihe, und du, Dora, kannst ihr die Plätzchen zeigen, die wir gebacken haben.«
    Matilda konnte sich kaum vorstellen, dass diese Mädchen dieselben traurigen kleinen Geschöpfe waren, die

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