Lesley Pearse
fragte er und täuschte einen entsetzten Gesichtsausdruck vor.
»Nun, ich konnte mich zwischen ihm und dem Barbier entscheiden«, gab Matilda zurück. »Mir ist es lieber, wenn mir ein Mensch wehtut, dem ich vertraue.«
»Allein der Gedanke an das Zähneziehen bereitet mir Bauchschmerzen«, gestand James, half ihr auf und zog sie hinter sich her. »Lass uns zum Wasser um die Wette laufen.«
Matilda rannte, so schnell sie konnte, aber ihr langer Rock und ihr Petticoat behinderten sie so sehr, dass sie nicht mit James Schritt halten konnte. Als er das Wasser erreicht hatte, drehte er sich um und öffnete die Arme. Sie lief auf ihn zu und wusste, er würde sie auffangen und herumschleudern, wie er es einmal mit Tabitha getan hatte.
»Ich liebe dich so sehr«, murmelte er, als er sie wieder abgesetzt hatte. Sie hielt sich erschöpft und atemlos an ihm fest. »Wenn wir nicht die Chance bekommen, uns in der nahen Zukunft wiederzusehen, werde ich immer das Bild von dir in meinem Herzen tragen, wie du heute ausgesehen hast.«
»Wie sehe ich aus?«, wollte sie atemlos wissen.
»Zerzaust«, antwortete er und steckte die Haarsträhnen, die sich gelöst hatten, wieder unter ihren Hut. »Deine Augen leuchten und sind wunderschön wie der Himmel, deine Wangen sind zwei reife Pfirsiche, und du hast Sand auf deinem gesamten Kleid. Ich glaube, so ungefähr musst du ausgesehen haben, als du Blumen verkauft hast.«
»Ich habe damals nicht so schöne Kleider getragen.« Sie lachte und sah an ihrem feinen Wollkleid und dem passenden Mantel mit Samtbesatz herunter. »Ich hatte nur ein schäbiges Kleid, einen Umhang und eine Haube.«
»Was hast du gerufen, um die Blumen zu verkaufen?«, fragte er, nahm ihre Hand und führte sie zum verlassenen Strand zurück.
Matilda kicherte und räusperte sich. »Wunderschöne frische Veilchen, nur einen Zehner das Bündel«, rief sie laut und mit ihrem besten Cockney-Akzent. »Kommen Sie, Sir, machen Sie der kleinen Dame eine Freude, und zaubern Sie ein Lächeln auf ihr Gesicht.«
»Ich nehme den ganzen Korb«, James lachte.
»Gott verdammt, Mann, Sie sind ja mächtig großzügig. Macht dann sechs Pence für Sie.«
James zog ein paar Scheine aus seiner Tasche. »Ich fürchte, ich habe nur zehn Dollar.«
»Das ist nicht schlimm, Sir«, entgegnete sie und griff rasch nach dem Geld. »Eine Schande, dass ich kein Wechselgeld habe.« Damit rannte Matilda lachend zu ihrem Häuschen zurück.
An ihrem letzten gemeinsamen Nachmittag herrschte noch immer klares Wetter, wenn es auch ein wenig kühler war. James zündete drinnen den Kamin an und fachte draußen im Sand ein großes Feuer an. Sie setzten sich auf die Terrasse, um den Sonnenuntergang zu beobachten und dem Geräusch der sich am Strand brechenden Wellen zu lauschen. Als die Sonne langsam ins Meer eintauchte, brachten die Flammen des Feuers lebendige Erinnerungen an den Treck zu den beiden zurück. Sie hielten sich bei den Händen und starrten in die Flammen, während sie sich nur zu bewusst waren, dass wieder einmal das Ende ihrer gemeinsamen Zeit nahte.
»Ich habe Peters Namen übrigens in West Point angegeben«, erklärte James plötzlich. »Wenn mir irgendetwas passieren sollte, ich meine, bevor er das nötige Alter erreicht hat, musst du als sein Vormund selbst auf sie zugehen und dich auf mich berufen. Ich habe ihnen gesagt, dass seine Eltern alte Freunde von mir seien.«
Die Vorstellung, James könnte tatsächlich etwas passieren, ließ sie schaudern. Immer, wenn er sie verließ, stellte sie sich vor, dass er junge Rekruten drillte oder einfach nur auf seinem Pferd saß und seine Männer durch endlose, unbewohnte Steppen führte. Aber die Indianer wehrten sich jetzt gegen die Unterdrückung durch den Weißen Mann, und es verging kaum eine Woche ohne neue Geschichten von Massakern, skalpierten Opfern und Geiselnahmen irgendwo im mittleren Westen, Texas oder Arizona. Sie wusste auch von den brodelnden Problemen in Kansas, die sehr leicht ernst werden konnten. Die demokratisch und freidenkerisch eingestellten Siedler, die sich dort auf freiem Land niedergelassen hatten, lehnten die Sklaverei vehement ab. Aber das benachbarte Missouri war immer noch ein Staat, in dem die Sklaverei auf der Tagesordnung stand, und seine Bewohner wollten sich die Freiheit nicht nehmen lassen, ihre Sklaven auch mit in den Westen zu nehmen. Sie waren bereit, für die Erhaltung der Sklaverei zu kämpfen, denn sie empfanden sie als ihr gutes Recht.
»Nicht,
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