Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
Vom Netzwerk:
habe dich nie gefragt, ob du eigentlich hier sein möchtest«, bemerkte sie und war plötzlich beschämt. Sie hatte Dolores’ Wünsche niemals wirklich in Betracht gezogen, sondern immer nur selbst Pläne geschmiedet und erwartet, dass Dolores mit ihnen einverstanden war. »Du bist auch nicht mehr die Jüngste, und die Arbeit hier ist sehr anstrengend. Ich könnte jemand anderen finden, der das Haus leitet. Dann könntest du zu mir ins Apartment zurückkehren und dir eine etwas leichtere Zeit gönnen.«
    Dolores lachte laut los. »Was sollte ich dort oben denn mit mir anfangen?«, fragte sie. »Diese Mädchen sind die Kinder, die ich nie hatte. Ich werde erst wieder von hier fortgehen, wenn der gütige Gott mich abberuft.«
    »Auch wenn manche so gemein sind wie Polly?«
    »Wenn man ein Dutzend Eier kauft, ist immer eines zerbrochen«, sagte Dolores mit einem resignierten Seufzer. »Doch wenn man schnell genug ist, kann man es noch gebrauchen. Aber jetzt trocknen Sie Ihre hübschen Augen, und sehen Sie nach den anderen Mädchen. Sie brauchen Sie wirklich!«
    Zwei Wochen später erfuhr Matilda, dass man Polly in einer Kutsche nach Denver gesehen hatte. Vermutlich wollte sie ihr Glück in den Bordellen dort versuchen. Auch wenn Matilda traurig über ihren eigenen Misserfolg war, überraschte es sie nicht. Polly hatte ein Herz aus Stein.
    Die Entscheidung, Abraham in ein Waisenhaus zu geben, fiel ihr nicht leicht. Aber Dolores hatte wieder einmal Recht: »Wir können nicht auch noch Babys großziehen, Miss Matilda. Und ich werde nicht dabei zusehen, wie Sie den Kleinen lieb gewinnen. Sie müssen sich bereithalten, selbst Kinder zu haben, wenn Captain James heimkehrt.«
    Nur dieser Gedanke tröstete sie ein wenig, als sie eines Morgens aufwachte und entdeckte, dass auch Peter fortgegangen war. Er hatte ihr einen Brief hinterlassen, in dem er schrieb, dass er nach Kansas gehen würde, um in James’ Regiment einzutreten. Mach dir keine Sorgen um mich, Tante Matty, schrieb er als Postskriptum. Der Captain und ich werden es den Rebellen zeigen und in null Komma nichts wieder zu Hause sein.
    Ein Jahr später, am Sonntag, den sechsten April achtzehnhundertzweiundsechzig, wurde James von hellem Sonnenschein geweckt, der in sein Zelt eindrang. Er warf einen Blick auf seine Uhr und stellte fest, dass es gerade erst nach sechs Uhr war. Er hielt sich seit fast einem Monat mit zweiundvierzigtausend Soldaten unter General Grant in einer bewaldeten Schlucht am Westufer des Tennessee River in der Nähe von Pittsburgh auf. Hier warteten sie auf die Verstärkung durch General Buell und seine Armee aus Ohio. Der Plan war, ins Herz des Staates Mississippi vorzudringen und die Rebellen zu vernichten.
    Nicht zum ersten Mal wünschte sich James, einen anderen Beruf ergriffen zu haben. Er war hier inmitten eines Krieges und wollte ihn unbedingt vorantreiben, um endlich nach Hause gehen zu können, aber stattdessen musste er auf die Entscheidungen von Generälen warten, die mehr mit ihrem Ansehen und komplizierten Strategien beschäftigt zu sein schienen als damit, hinaus ins Feld zu schreiten und zu kämpfen. Außerdem waren acht von zehn seiner Männer unerfahrene Farmerjungen, und James vermutete, dass sie nie den Instinkt eines wahren Soldaten entwickeln würden, wie hart er sie auch drillte. Er war sehr froh, bei der entwürdigenden Niederlage bei Bull Run nicht dabei gewesen zu sein, bei der die Truppen des Nordens so schlecht organisiert gewesen waren. James war vor Scham errötet, als er von den vielen Unionssoldaten gehört hatte, die aus dem Kampf geflüchtet waren. Kein Wunder, dass die Konföderierten sich ins Fäustchen lachten.
    In Kansas hatte er wenigstens noch den Sinn seiner Arbeit erkennen können. Die Zivilisten hatten beschützt werden müssen, und diese mörderischen Schurken aus Missouri, die im Namen der Sezession die Hütten der Zivilisten niedergebrannt und ihre Ernte vernichtet hatten, hatten verfolgt und bestraft werden müssen. Unter Brigadegeneral Nathaniel Lyon, einem unerschrockenen Mann, den er sehr bewunderte, konnte er die Art von militärischen Aktionen sehen, von denen er überzeugt war. Aber sogar diese blieben erfolglos. Sie verfolgten diese Männer über zweihundert Meilen durch Missouri nach Wilson Creek, wo Lyon jedoch getötet wurde, woraufhin sich seine Truppen nach St. Louis zurückziehen mussten.
    Jetzt saß James hier in Tennessee und wartete, während sich die Rebellen nur zweiundzwanzig Meilen

Weitere Kostenlose Bücher