Lesley Pearse
Milsons erzählt.
»Amerika!«, rief er. »Oh, nein, Matty!«
»Nimm erst einmal einen Tee, bevor du weiterredest«, riet Dolly und reichte ihr eine große Tasse. »Und mach nicht ein so saures Gesicht, Lucas. Es ist eine große Chance für Matty. Lasst mich ein Stück Kuchen für jeden abschneiden, und dann hören wir uns die ganze Geschichte an.«
»Sie haben mich Weihnachten gebeten, mit ihnen zu kommen«, begann Matilda. »Sie riefen mich ins Wohnzimmer, um mir mein Geschenk zu geben, und eröffneten mir dann, sie hätten noch eine zweite Überraschung für mich.« Sie holte einen Moment Luft. »Dann rückte Mr. Milson mit seinem Vorschlag heraus. Sie erzählten, sie hätten sich entschieden, im April nach Amerika zu gehen, und fragten, ob ich mitkommen wolle. Oh, Vater!«, rief Matilda aus und legte ihre Hand auf sein Knie. »Mr. Milson war wunderbar. Er sagte: ›Du bist ein Teil unserer Familie geworden. Keiner von uns möchte ohne dich gehen.‹ Da sind mir die Tränen gekommen, und Mrs. Milson fügte hinzu, sie hoffe, es mache dich nicht unglücklich, und dass ich immer zurückkehren dürfe, wenn es mir nicht gefällt.«
Matilda hielt wieder einen Moment inne, als sie merkte, dass ihr Vater sehr traurig aussah. »Ich möchte dich auch nicht verlassen, Vater«, fuhr sie fort und nahm seine Hand zwischen die ihren. »Aber was steht mir bevor, wenn ich hier bleibe? Keiner wird je wieder so gut zu mir sein wie die Milsons.«
»Sie hat Recht«, bemerkte Dolly mit fester Stimme, bevor Lucas seine Meinung äußern konnte. »Sie würde sicher schlechter behandelt werden, wenn sie für eine andere Familie arbeiten würde. Wenn man mir in ihrem Alter eine solche Chance geboten hätte, wäre ich sofort gegangen, ohne ein zweites Mal nachzudenken. In Amerika soll es viel mehr Möglichkeiten für die Ärmeren geben als hier in England.«
Lucas betrachtete seine Tochter, die ihn bittend ansah. »Du hast meinen Segen, wenn es das ist, wonach du verlangst«, erklärte er langsam und nachdenklich. »Ich habe dir bereits einmal geraten, niemals zurückzuschauen, und ich meinte es ernst. Wenn ich jetzt nicht vor Freude aufspringe, liegt es nur daran, dass ich traurig bin. Ich werde nicht sehen, wie aus dir eine Frau wird, wie du einen großartigen Mann heiraten wirst und eine Horde Kinder um dich herumläuft.«
»Ich gehe doch nicht für immer«, entgegnete sie geschockt. Ihr Vater glaubte offenbar, er würde sie nie wieder sehen. »Ich komme zurück, wenn die Milsons heimkehren.«
»Das wirst du nicht, mein Liebling«, widersprach er sanft. »Du wirst dort drüben bleiben, das weiß ich. Ich habe gehört, Amerika ist ein großartiges und mutiges Land. Ein passender Ort also für ein so tapferes Mädchen wie dich. Aber du musst schreiben und uns alles darüber erzählen.«
»Bevor du es dir in diesem Stuhl allzu gemütlich machst, werde ich dir erst mal das Haus zeigen«, entschied Dolly, um die Traurigkeit zu verscheuchen, und reichte Matilda die Hand.
Sie ließ sich von Dolly durch das Haus führen, das zwar kleiner als das Pfarrhaus war, aber sehr viel Gemütlichkeit ausstrahlte. Der Raum, in dem Matilda schlafen sollte, war eindeutig eigens für sie hergerichtet worden. Bunte Gardinen hingen an den Fenstern, ein farbiger Flickenteppich bedeckte den Boden, und eine riesige Patchworkdecke lag auf dem Bett und leuchtete in verschiedenen Blau- und Rosatönen.
»Als Lucas mir erzählte, dass du uns besuchen würdest, habe ich mich beeilt, die Decke vorher fertig zu bekommen«, Dolly lachte. »Selbst wenn du nach Amerika gehst, Liebes, dieser Raum wird immer dir gehören. Lucas hat mir seit unserem ersten Treffen so viel von dir erzählt. Aber du bist noch hübscher und netter, als er berichtet hat. Kein Wunder, dass er so stolz auf dich ist.«
Matilda wünschte, sie könnte Dolly umarmen. Irgendwie entsprach das Heim dieser freundlichen Frau all den Träumen und Hoffnungen, die ihr Vater und Nell geteilt hatten, noch bevor Matilda geboren worden war. Sie bedauerte zutiefst, dass ihre Mutter nicht lange genug gelebt hatte, um sich ihre Träume erfüllen zu können, dennoch war es gut zu wissen, dass Lucas schließlich mit einer Frau alt werden würde, die seiner wert war.
»Ich bin so froh, dass Vater Sie gefunden hat«, stammelte sie. »Ich werde mich nun weniger schlecht fühlen, wenn ich ihn bald verlassen muss.«
»Lucas verkörpert alles, was ich mir je gewünscht habe«, vertraute Dolly ihr an. »Meinen
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