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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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ihr uns geholt habt«, antwortete sie. »Pearls Mutter, Meg, war bei mir.«
    »Hattest du Angst?«
    »Es war schrecklich. Ich dachte, ich müsste sterben«, gab sie zu. »In dem Moment hätte es mir nichts ausgemacht. Aber eine alte Hebamme aus dem oberen Stockwerk kam herunter und half mir. Anschließend hat sie mich gefragt, ob sie einen der Männer holen sollte, um das Baby in den Fluss zu werfen.«
    Matilda verschlug es den Atem.
    »Viele Frauen in Five Points machen es so«, fügte Cissy ruhig hinzu. »Aber ich wollte mein Kind behalten, weil Meg und ich uns gegenseitig helfen wollten. Ich hatte sie gern, weißt du? Wir waren zusammen, seit wir kleine Kinder waren. Früher haben wir gemeinsam im Bowery gearbeitet und hatten sogar ein eigenes kleines Zimmer. Aber der Vermieter hat uns rausgeworfen, als wir beide schwanger wurden, weil er keine schreienden Kinder im Haus haben wollte. So sind wir in Five Points gelandet. Es gab einfach keinen anderen Ort, an den wir hätten gehen können, und wir waren schon zu dick, um den Männern zu gefallen, verstehst du?«
    Matilda nickte.
    »Wir haben uns gedacht, dass wir erst einmal die Kinder bekommen. Danach wollten wir abwechselnd arbeiten, sodass eine von uns immer auf die Kleinen aufpassen konnte. Aber wir wussten nichts über das Kinderkriegen. Wir dachten, sie würden einfach herausfallen, und alles würde wieder wie vorher weitergehen. So ist es leider nicht.«
    Matilda konnte sich noch gut an die Schreie ihrer eigenen Mutter erinnern, als sie ihr letztes Kind bekommen hatte. »Meine Mutter ist auch im Kindbett gestorben«, berichtete sie und hoffte, dass Cissy sich mehr öffnen würde, wenn sie ihre Erfahrungen teilten. »Ich bin ebenfalls in einem Slum aufgewachsen und habe in den Straßen von London Blumen verkauft, seit ich zehn Jahre war. Wenn der Reverend nicht gewesen wäre, würde ich sicher heute noch dort leben.«
    »Ich dachte, du wärst eine vornehme Dame«, entfuhr es Cissy etwas überrascht.
    Matilda lachte leise. »Ich wünschte, ich wäre es! Aber sprich weiter. Du hast Peter bekommen, und Meg hat Pearl geboren. Hat ihr auch jemand geholfen?«
    »Dieselbe alte Hebamme, doch diesmal war sie betrunken. Meg wurde immer schwächer und schwächer. Die Ratten kamen aus ihren Verstecken, als sie das Blut rochen, und ich hatte fürchterliche Angst und rannte nach draußen, um Hilfe zu holen. Aber ich fand niemanden, der nicht betrunken gewesen wäre. Als ich wieder in den Keller kam, war die kleine Pearl da, und die Hebamme schnitt die Nabelschnur durch, doch Meg lag im Sterben.«
    In diesem Moment brach Cissy weinend zusammen, und Matilda ging zu ihr hinüber, um sie zu trösten. Sie spürte, dass Cissy sich das erste Mal erlaubte, um ihre Freundin zu trauern.
    »Ich habe mir beide Babys gegriffen und draußen noch einmal nach Hilfe gesucht«, sprach sie schließlich weiter, und Tränen liefen ihr über die Wangen. »Ich fand einen Polizisten, aber es war schon zu spät. Als wir zurückkamen, war Meg tot, und die Ratten machten sich über sie her.«
    Cissys Körper bebte unter ihren Schluchzern, sodass Matilda sie nur festhielt und wartete, bis sie fortfuhr.
    »Die Kinder im Keller haben mir das Leben gerettet«, sagte sie und deutete zum Nebenraum. »Sie haben mir Essen gebracht und sich an mich gekuschelt, als wäre ich auch ihre Mutter. Als ich hörte, dass der Reverend Kinder aus dem Slum geholt und sie an einen besseren Ort gebracht hatte, habe ich mich deshalb sofort aufgemacht, ihn zu suchen. Ich wollte, dass er die Kinder mitnimmt und Pearl ebenfalls. Ich hatte nie daran gedacht, dass er mich selbst auch aufnehmen könnte.« Sie schaute Matilda geradewegs in die Augen. »Aber eigentlich warst du es, die ihn überzeugt hat. Ich schulde dir etwas, Miss.«
    »Du schuldest mir gar nichts. Meine Belohnung ist es, dich und die Babys versorgt zu sehen«, erwiderte Matilda. »Aber wenn du glaubst, dass du etwas gutmachen müsstest, dann benimm dich in New Jersey. Keine Männer, kein Alkohol und solche Sachen, und mach dich nützlich. Ich vermute, dass du auf diese Weise sogar dort bleiben darfst.«
    Sie erzählte Cissy vom Heim und der täglichen Routine dort, von Miss Rowbottom, ihren beiden Helferinnen und Job. »Es ist wirklich ein guter Ort«, endete sie. »Vielleicht wird sich dein Leben ebenso zum Guten wenden wie meines damals.«
    Cissy nahm ihre Hand und führte sie zu den Lippen. »Auch wenn du sagst, du wärst keine Dame, bist du für mich eine

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