Letale Dosis
erklären es Ihnen nachher.«
Berger sah den beiden Beamten stirnrunzelnd nach, setzte sich hinter seinen Schreibtisch, zog die unterste Schublade hervor und holte die halbvolle Flasche Cognac heraus. Er schraubte den Verschluß ab, schenkte sich etwas in den Kaffeebecher und trank ihn in einem Zug leer. Er schüttelte sich, legte die Flasche wieder in das Versteck und lehnte sich zurück. Er war müde.
Montag, 15.10 Uhr
Rita Jung hatte sich gerade einen Kaffee geholt, als die Tür aufging. Sie blickte erstaunt auf, stellte die Tasse auf den Tisch.
Du bist tatsächlich ein umwerfendes Weib,
dachte Hellmer, als er sie betrachtete, wie sie in ihrem pastellgrünen, ärmellosen und für das Büro ungewöhnlich tief ausgeschnittenen Kleid, das die Ansätze ihrer wohlgeformten Brüste deutlich sichtbar werden ließ, hinter ihrem Schreibtisch saß. Sie trug, wie Hellmer außerdem mit der ihm eigenen Beobachtungsgabe feststellte, keinen BH.
»Frau Jung, wir möchten Sie bitten, sich etwas überzuziehen und uns aufs Präsidium zu begleiten«, sagte Durant. »Wir hätten da ein paar Fragen an Sie.«
»Bitte, was? Ich hab doch schon alles gesagt.«
»Nein, das haben Sie nicht. Sie haben selbstverständlich das Recht, einen Anwalt hinzuzuziehen, doch bedenken Sie, daß alles, was Sie ab jetzt sagen, gegen Sie verwendet werden kann. Wenn Sie bitte mitkommen wollen.«
»Bin ich im falschen Film oder was passiert hier?« fragte sie mit ruhiger Stimme. »Was ist los?«
»Lassen Sie uns auf dem Präsidium darüber sprechen.«
Rita Jung zog sich einen Blazer über, schaltete den Computer aus, nahm ihre Handtasche. Sie schüttelte den Kopf, als sie mit Durant und Hellmer das Büro verließ. Während der kurzen Fahrt zum Präsidium sprach keiner ein Wort. Rita Jung setzte sich auf einen Stuhl im Vernehmungszimmer, Durant und Hellmer blieben stehen, er stellte die Videokamera an.
»Frau Jung, wo waren Sie am vergangenen Mittwoch zwischen siebzehn und zwanzig Uhr?«
»Mein Gott noch mal, was wollen Sie eigentlich von mir? Natürlich, jetzt weiß ich’s! Sie glauben allen Ernstes, ich hätte etwas mit den Morden zu tun!« Sie lachte schrill auf. »Ich glaub, ichspinne! Wie sind Sie bloß auf diese absurde Idee gekommen? Ich kann’s nicht fassen, ich kann’s einfach nicht fassen!«
»Beantworten Sie bitte nur meine Frage«, sagte Durant kühl und setzte sich auf die Tischkante.
»Am Mittwoch wurde Schönau ermordet«, sagte Rita Jung mit einem undefinierbaren Lächeln. »Tja, werte Frau Kommissarin, am Mittwoch war ich kegeln. Ich habe die Bank um halb fünf verlassen, habe noch eine Kleinigkeit eingekauft und war um Punkt acht mit meinen Kegelschwestern verabredet. Es gibt mindestens zwölf Zeugen dafür.«
»Um acht? Um acht war Schönau schon über eine Stunde tot. Kann jemand bezeugen, daß Sie einkaufen waren? Hat Sie jemand gesehen, als Sie Ihr Haus betraten?«
»Keine Ahnung. Werden
Sie
immer gesehen, wenn Sie Ihr Haus betreten?«
»Frau Jung, wir wissen inzwischen, daß Sie eine Affäre mit Schönau hatten. Von ihm ist, nehme ich an, auch das Kind, das jetzt bei Ihrem Exmann lebt, der bei der Scheidung von Dr. Fink vertreten wurde. Und Sie waren vor etwa vier Jahren wegen Alkoholproblemen in der St. Valentius Klinik. Sind Sie dort auch mit Professor Petrol zusammengetroffen?«
»Petrol? Wer soll das sein?« fragte Rita Jung mit gerunzelter Stirn.
»Kennen Sie ihn oder kennen Sie ihn nicht?«
»Nein, verdammt noch mal! Ich kenne keinen Professor Petrol. Ich war nur sechs Tage in der Klinik, und in der Zeit war nur zwei- oder dreimal Visite. Ob da ein Professor Petrol dabei war, kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen.«
»Wie gut kennen Sie sich mit Conotoxin aus?«
»Mit Cono was?«
»Conotoxin.«
»Nie gehört. Was ist das?«
»Und Taipoxin? Oder Dendrotoxin?«
»Wovon um alles in der Welt reden Sie eigentlich?« fragte sie aufgebracht und stand auf. »Wenn Sie mich beschuldigen wollen, Rosenzweig und Schönau umgebracht zu haben, dann sagen Sie’s, aber reden Sie nicht um den heißen Brei herum! Ich hab die Schnauze voll! Ich war’s nicht! Geht das in Ihren Schädel?! Ich habe noch nie einen Menschen umgebracht, ich habe noch nicht einmal einen Menschen geschlagen.«
»Aber Sie hassen Männer, nicht?«
Rita Jung lachte zynisch auf. »Ob ich Männer hasse? Mein Gott, soll das etwa mein Motiv sein?« Sie ging zur Wand, schloß die Augen, atmete tief ein, sagte: »Nein, ich hasse Männer nicht,
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