Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
rein.«
    Sie begaben sich in sein Arbeitszimmer, er schloß die Tür. »Also, machen Sie’s kurz.«
    »Dr. Fink, ich wollte mich mit Ihnen über Ihren Vater unterhalten …«
    »Über meinen Vater?« fragte er und sah Durant wütend an. »Was um alles in der Welt geht Sie mein Vater an?«
    »Nun, es besteht die Möglichkeit, daß Sie und auch Rosenzweig und Schönau für etwas herhalten müssen, was Ihr Vater getan hat. Können Sie sich vorstellen, was das sein könnte?« fragte sie und registrierte jede Reaktion ihres Gegenübers.
    Fink hielt ihrem Blick stand, sagte: »Nein, ich wüßte nicht, was er getan haben sollte, das mehr als dreißig Jahre nach seinem Tod jemanden veranlassen könnte, solche Verbrechen zu begehen.«
    »Was wissen Sie über seine Vergangenheit? Sie wurden doch, soweit ich informiert bin, 1937 geboren. Was war Ihr Vater von Beruf?«
    Fink schluckte, ließ sich mit der Antwort Zeit. Schließlich sagte er: »Er war Chemiker, warum?«
    »Und wie stand er zu Hitler und dem, was damals geschah?«
    »Könnten Sie vielleicht etwas deutlicher werden?«
    »Kann ich. Um es kurz zu machen, wir haben herausgefunden, daß Ihr Vater, Albert Fink, eine bedeutende Position bei der IG Farben bekleidete. Eine derart exponierte Position, daß er als Chefchemiker die Produktion von Giftgas überwachte, genauer gesagt die Produktion von Zyklon B. Wie Ihnen vielleicht bekannt sein dürfte, wurde dieses Gas in großen Mengen zur Massenvernichtung von Nichtariern, hauptsächlich Juden, eingesetzt. Was sagen Sie dazu?«
    Finks Augen wurden zu Schlitzen, seine Nasenflügel bebten, sein Gesicht glühte. Er überlegte, wandte sich ab, trat ans Fenster, den Rücken der Kommissarin zugewandt. Seine Kiefer mahlten aufeinander, er wirkte auf einmal sehr angespannt und nervös.
    »Ja, ich wußte es. Na und? Er hat es mir kurz vor seinem Tod gesagt. Als ich es erfuhr, wollte ich es zunächst nicht glauben, ich habe ihn zur Rede gestellt, wollte wissen, warum er das getan hat. Warum er für einen Massenmörder wie Hitler die Dreckarbeitgemacht hatte. Seine Antwort, das müssen Sie mir glauben, klingt auch heute noch sehr plausibel für mich. Als Hitler an die Macht kam, gab es nur zwei Möglichkeiten – entweder, man arbeitete für ihn oder gegen ihn. Die Kirche zählte damals allein in Deutschland rund einhunderttausend Mitglieder, einhunderttausend Menschen, die geschützt werden mußten … Ist Ihnen eigentlich klar, wie viele Christen ihr Leben lassen mußten, weil sie sich weigerten, Hitler zu unterstützen? Und die
Kirche des Elohim
ist eine christliche Kirche, wir glauben an Gott, an Jesus Christus und an den Heiligen Geist. Wir glauben an ein Leben nach dem Tod und an das Leben selbst …
    Mein Vater sagte mir, er hätte mit sich gerungen, ob er für die Nazis arbeiten sollte; gerade er, der ein überzeugter Pazifist war, der Gewalt verabscheute, sollte auf einmal für ein Regime arbeiten, das nur von Gewalt lebte. Aber schließlich ging es auch um den Fortbestand der Kirche, darum, daß die
Kirche des Elohim
auch weiter in Deutschland aktiv sein konnte. Dazu mußte man Konzessionen machen … Mein Vater war damals Regionshirte wie ich heute. Er war ein hochangesehener Chemiker bei der IG Farben, auf den einige Männer aus Hitlers Stab aufmerksam wurden. Sie kamen zu ihm und stellten ihn vor die Wahl – entweder sein Einsatz für die Nazis oder sofortiges Verbot der Kirche in Deutschland. Sie machten ihm außerdem unmißverständlich klar, daß für die Sicherheit der Mitglieder nicht mehr garantiert werden könnte, würde die Kirche verboten. Und Sie können sich vorstellen, daß das mehr als nur Worte waren, es war eine Drohung par excellence. Also gehorchte mein Vater, entgegen seiner inneren Überzeugung. Aber er tat es nur, um die Kirche und vor allem die Mitglieder nicht zu gefährden. Und bitte glauben Sie mir, so wie ich meinem Vater glaube – er wußte nicht, was diese elenden Schweine vorhatten. Er war zwar einer von vielen Chefchemikern, doch er dachte 1940, kurz nach Beginn des Krieges, nicht im Traum daran, wofür dieses Gas eingesetzt werden sollte.Sie sagten ihm nur, sie bräuchten es für Testzwecke … Als er schließlich die Wahrheit erfuhr, machte er sich nicht nur bittere Vorwürfe, für ihn brach eine Welt zusammen … Er hat es bis zu seinem Tod nicht verwunden, einer Maschinerie gedient zu haben, die nur eines im Sinn hatte, nämlich alles auszurotten, was nicht arisch war. Er war ein

Weitere Kostenlose Bücher