Letale Dosis
doch schon, wir arbeiten an einem sehr kniffligen Fall. Und …«, sie löste sich aus seinem Griff und stellte sich in die Mitte des Zimmers. »Ich möchte jetzt nicht darüber reden. Laß uns gehen.«
»Okay, gehen wir. Auf was hast du Appetit, chinesisch, japanisch …«
»Such du aus.« Wieder sah sie ihn mit unergründlichem Blick an, sagte mit einem Mal: »Wir müssen aber mit zwei Autos fahren. Ich habe Bereitschaft und …«
Sie drückte ihre Zigarette aus, nahm ihre Tasche vom Boden, als das Handy klingelte. Sie meldete sich. Es war ein Kollege vom KDD. Sie verengte die Augen zu Schlitzen, sagte nur »Ja« und »Ich bin in einer Viertelstunde da«. Sie blickte zur Uhr, Viertel vor acht.
»Tut mir leid, unser Abend fällt aus. Ich muß los.«
»Hey, was ist passiert?« fragte Petrol und faßte sie bei den Schultern.
»Was glaubst du wohl?« fragte sie ungehalten.
»Ein Mord?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Die Kollegen warten schon auf mich. Mach’s gut, wir sehen uns morgen.«
Sie hauchte ihm einen flüchtigen Kuß auf die Wange und eilte hinaus. Schönau, dachte sie, warum Schönau?
Sie brauchte genau zwölf Minuten, bis sie vor der
Schönau Bank
hielt. Zwei Streifenwagen parkten vor dem Eingang, ein Beamter stand davor. Sie wies sich aus und betrat das Gebäude. Zweiter Stock, hatte der Beamte gesagt.
Auf dem Flur standen und saßen fünf Frauen und drei Männer, einige von ihnen rauchten schweigend, andere unterhielten sichleise. Eine junge Frau hatte ein verweintes Gesicht, ihre Hände zitterten, während sie die Zigarette zum Mund führte. Durant vermutete, daß diese Frau den Toten gefunden hatte, sie würde sie nachher befragen. Außer den Kollegen vom KDD waren auch die Leute von der Spurensicherung und der Fotograf schon da, ebenso Dr. Laura Fink, die links vom toten Schönau stand und die Kommissarin ratlos anblickte.
»So schnell trifft man sich wieder«, sagte Durant lakonisch. Sie machte ein paar Schritte auf die Ärztin zu, sah sie an und warf dann einen Blick auf den Toten. »Was ist passiert? Und warum sind Sie hier?«
»Um auf Ihre erste Frage zu antworten, ich weiß es nicht. Es ist auf jeden Fall anders als bei Rosenzweig. Kein Blut. Und die Antwort auf Ihre zweite Frage – ich wurde von Ihren Kollegen angerufen, die wohl meine Nummer im Notizbuch von Dr. Schönau gefunden haben.«
»Haben Sie hier irgendwas angefaßt?« fragte Durant und ging näher an den Toten heran.
»Nein.«
»Und die andern? Ich meine, wer immer ihn gefunden hat?«
»Keine Ahnung, aber wie es aussieht, haben sie gleich bei der Polizei angerufen.«
Die Kommissarin sah sich im Zimmer um, ihr Blick blieb auf dem Plastikbehälter haften, der zur Hälfte mit Wasser gefüllt war. Sie las den am Behälter angebrachten, mit Maschine geschriebenen Zettel, keine Unterschrift. Dann den Zettel, der auf dem Tisch lag.
Kinderficker
stand darauf.
»Was war in diesem Behälter?« fragte sie leise zu sich selbst, doch Laura Fink hatte die Frage gehört.
»Fische?« fragte sie zurück.
»Wahrscheinlich.« Durant kniff die Augen zusammen und ging zum Aquarium. »Lauter hübsche, kleine Fische. Können Fische eigentlich Menschen umbringen? Ich meine, solche Fische?«
»Ich bin keine Expertin«, sagte Laura Fink, »aber natürlich gibt es Fische, die giftig sind.«
»So giftig, daß sie einen Menschen töten können?«
»Es gibt aktiv giftige Meerestiere und passiv giftige. Solche, die durch einen Biß oder einen Stich töten, und solche, deren Verzehr zum Tode führen kann. Ich denke da an den japanischen Fugu, der …«
»Schönau hat aber mit Sicherheit keinen japanischen Fisch gegessen, oder?« fragte Durant kühl.
»Nein.«
»Also müssen wir die Todesursache herausfinden.«
Durant nahm ihr Telefon zur Hand, wählte die Nummer der Gerichtsmedizin. Morbs hatte genau wie sie noch immer Bereitschaft. Sie sagte: »Tut mir leid, Sie wieder stören zu müssen, aber wir haben hier einen Toten. Ich möchte Sie bitten, in die
Schönau Bank
in der Neuen Mainzer Straße zu kommen und eine Leichenschau vor Ort vorzunehmen.«
»Was ist mit dem Toten?« fragte Morbs in seiner typisch schroffen Art.
»Das sollen Sie uns sagen. Kommen Sie bitte, und wenn es geht, sehen Sie sich die Fische hier im Aquarium an. Sie kennen sich doch auch mit Giftfischen aus, oder?«
»Ich habe Bücher darüber geschrieben. Aber ich bezweifle …«
»Wann können Sie hier sein?«
»In zwanzig Minuten. Ich muß mir nur schnell
Weitere Kostenlose Bücher