Letzte Ausfahrt Ostfriesland
Stadtzentrum erkannt haben will. Wir fanden Ihren Pass im Fluchtauto der Terroristen, die den türkischen Politiker Mustafa Öchigyl, der sich zu Handelsgesprächen hier in Düsseldorf aufhielt, erschossen haben.«
Die Aussage traf mich hart. Die Meerestiere hatten meinen Pass benutzt, um einen Mörder in die Bundesrepublik einzuschmuggeln.
Natürlich nahm von den Kommissaren niemand mehr an, dass ich mit dem Anschlag direkt etwas zu schaffen hatte, denn sie besaßen genügend Informationen aus Amsterdam, die meine Aussagen bestätigt hatten.
»Zu dieser Zeit hieß ich Bodo Harms und spielte auf Druck der Rauschgifthändler oder, wie mir jetzt klar zu werden beginnt, der terroristischen Vereinigung Meerestiere, den Kapitän des Schmugglerschiffes, um die libanesische Fracht nach Spanien, wie wir annehmen mussten, zu transportieren.«
Einer der Kommissare griff ein. »Herr Doktor Udendorf, Sie haben uns noch nicht glaubhaft genug berichten können, wie Sie in die Hände der Organisation geraten sind.«
Nun legte ich los, ließ nichts aus. Ich begann meine Darstellung beim Hotel Michels, ließ diesen Charly aufkreuzen, gab wieder aus zweiter Hand, was Inga mir anvertraut hatte.
Es mochte bereits achtzehn Uhr gewesen sein, als eine Sekretärin eine Reisetasche in das Zimmer brachte. Einer der Kommissare erhob sich. Er verließ seinen Schreibtisch, kam zu mir und sagte: »Mein Name ist Paul Hammes.«
Mir war aufgefallen, dass er bisher keine Fragen gestellt, sondern mich nur beobachtet hatte. Er trug eine bläuliche Baumwollhose im modernen Schnitt und ein teures Hemd. Sein blondes Haar war kurz geschnitten, sein Gesicht freundlich.
Der mir gegenübersitzende Kommissar sagte: »Herr Doktor Udendorf, wir sehen leider keine andere Möglichkeit. Herr Hammes wird Sie nach Berlin begleiten, weil unsere dortigen Kollegen mehr mit Ihren abenteuerlichen Erlebnissen anfangen können.«
Mir war das recht. Ich hoffte, dass mein Freund Werner Selter in seiner kleinen Stadtwohnung weilte, denn ich sehnte mich nach einem Vertrauten, nach einem Kumpel, bei dem ich mich freisprechen konnte von allem, was mich bedrückt hatte und noch bedrückte, denn ich musste neue Wege in die Zukunft suchen.
»Ich habe zwar keinen Koffer in Berlin, aber noch ein Auto«, sagte ich, ohne zu ahnen, dass es mit der ersehnten Freiheit noch weit hin sein würde.
Paul Hammes begleitete mich. Er hatte eine flotte rote Leinenjacke vom Haken genommen und ein Taxi bestellt, das uns zum Flughafen brachte.
Wir standen nicht lange in der Halle herum, die von Urlauberscharen mit auffallend gebräunten Gesichtern beherrscht wurde, die sich übermäßig laut verhielten.
Schon im Bus auf dem Weg zum Flugzeug bot Paul Hammes mir das Du an, und im Gegensatz zu seinem holländischen Kollegen Wigges war er sehr gesprächig und neugierig, doch nicht nur aus dienstlichen Gründen. So endete der an sich kurze Flug ohne Langeweile in Berlin.
Ein Taxi brachte uns schnell über die Stadtautobahn in die Innenstadt.
Die Lichter des Kurfürstendamms, die bummelnden Menschen, die besetzten Cafés und Restaurants empfingen mich - so gaukelte mir eine innere Stimme vor - wie einen verlorenen Sohn.
Mit welchen Ängsten hatte ich damals Berlin besucht, und nun lag alles hinter mir und die Früchte der strapaziösen Reise zum Greifen nah.
Und welch ein reizender Zufall - oder war es ein Entgegenkommen? -, Paul Hammes hatte im Hotel Michels für uns ein Doppelzimmer bestellt.
Der Kreis hatte sich geschlossen.
Als das Taxi hielt, sah ich, dass mein Golf nicht mehr unter dem Baum stand.
Die Polizei wird ihn abgeschleppt haben, dachte ich.
Paul Hammes ging voraus. Im Büro saß Frau Michels, so wie bei meinem ersten Besuch. Das hellblonde Haar frisch gefärbt, den wuchtigen Oberkörper gebeugt, glitten ihre fleischigen Hände über die Eintragungen, hielten an.
Ihr Blick fiel auf mich. Sie nahm den Schlüssel vom Haken und sagte: »Zimmer siebenundzwanzig.«
Ich beobachtete, wie sie nach Atem rang und rote Flecken in ihr Gesicht stiegen.
Ohne ihr Beachtung zu schenken, folgte ich Paul Hammes zum Zimmer. Er schloss hinter uns die Tür ab.
»Wenn du dich etwas frisch machen willst, Klaus, bitte. Ich möchte gerne den Dallas Palace kennenlernen«, sagte er und grinste.
Er stand vor dem Spiegel, hatte seine Jacke abgelegt, und ich sah, dass er eine Pistole unter seiner Armhöhle trug.
Ich erschrak, befürchtete für den Bruchteil einer Sekunde, dass sich das
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