Letzte Ausfahrt Oxford
Pfund kostet. Du solltest dich eher auf Sammlungen konzentrieren, die in separaten Abteilungen oder Räumen aufbewahrt werden. Manche sind über fünfhundert Jahre alt und ein Vermögen wert.«
»Glaubst du ernsthaft, dass die so etwas einem einfachen Erfasser anvertrauen?«
»Hier, beiß mal in dein Sandwich. Du wirst schon wieder laut.«
Kate wollte eigentlich antworten, besann sich jedoch und nahm einen herzhaften Bissen.
»Ich fürchte, einige meiner Kollegen dürften nicht gerade begeistert sein, wenn jedermann erfährt, woher ihre wertvollen Bücher stammen. Allerdings glaube ich eher nicht, dass es in unserm Fall um sehr alte und sehr teure Bücher oder Manuskripte geht«, fuhr Andrew fort, ohne auf Kate zu achten.
»Ja und? Worum denn dann?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher. Du weißt ja, mein Interesse gilt eher der Theologie …«
»Nein Andrew, das wusste ich wirklich nicht. Das wirft ein völlig neues Licht auf deinen Charakter. Theologie? Ganz ehrlich?«
»Nun iss erst einmal dein Sandwich auf und trink noch ein Glas Wein. Und dann versuche bitte, vernünftig mit mir zu sprechen.«
»Ich wusste überhaupt nicht, dass du zur Kirche gehst, geschweige denn, dass du dich für Theologie interessierst, oder dich vielleicht sogar als Experte auf dem Gebiet bezeichnest.«
»Das hat doch nun wirklich nichts miteinander zu tun.« Er stürzte ein halbes Glas Wein hinunter und blinzelte sie durch seine dicken Brillengläser an.
»Weiß Isabel davon? Darf ein Theologe überhaupt mit einem so jungen, flatterhaften Ding ausgehen?«
»Halt dich da raus, Kate. Ich frage dich doch auch nicht nach der ziemlich teuer aussehenden Einkaufstüte, die du unter deinem Stuhl verstaut hast. Die übrigens gerade eine dicke Ladung Sägespäne abbekommen hat. Du wirst Schwierigkeiten haben, deine neue Klamotte wieder sauber zu bekommen.« Kate griff hastig nach der Tüte und schüttelte sie. »Um aber wieder auf unser Thema zurückzukommen: Ich glaube, du musst nach einer Büchersammlung Ausschau halten, bei der es sich weder um Lehrbücher handelt noch um so seltene und wertvolle Exemplare, dass sie über das System dem Zugriff Außenstehender entzogen wird.«
»Ich wusste gar nicht, dass das geht«, wunderte sich Kate. Einen Moment lang verzichtete sie darauf, Andrew weiter zu necken.
»Das machen bis jetzt auch nur vier Bibliotheken. Eigentlich widerspricht es dem Sinn des gemeinsamen Katalogs. Es bedeutet, dass du die Exemplare nur sehen kannst, wenn du dich vom betreffenden Institut aus einloggst. Vermutlich kannst du diese Sammlungen ebenfalls außer Acht lassen. Für uns von Interesse sind wahrscheinlich nur solche Einträge, die jeder von jedem Terminal aus einsehen kann.«
»Ich weiß nicht, ob unsere Unterhaltung überhaupt sinnvoll ist, Andrew. Ich fürchte, du weißt auch nicht mehr als ich. Vielleicht sogar weniger, wenn ich an meinen heutigen Crashkurs im Katalogisieren denke.«
»Da magst du Recht haben. Trotzdem glaube ich, es wäre vielleicht eine ganz gute Idee, wenn du mir in Zukunft über deine täglichen Aktivitäten Bericht erstattest. Schreib einfach auf, wen du getroffen und was du erfahren hast, einfach alles, was für unsere Nachforschungen von Interesse sein könnte.«
»Ich glaube kaum, dass ich nach der Arbeit dazu noch Lust habe.«
»Denk doch einmal daran, wie nützlich es wäre, wenn du deine Gedanken jeden Tag zu Papier bringen würdest. Oder, in deinem Fall, auf den Computer. Notizen sind von unschätzbarem Wert, wenn du dich in ein paar Tagen an irgendein zufälliges Zusammentreffen erinnern willst.«
»Ich schätze, das macht Sinn. Einverstanden, Andrew. Aber als Belohnung steht mir unbedingt eine ordentliche Portion Schokoladenkuchen zu.«
»Ganz schön unverschämt.« Trotzdem machte Andrew einer vorüberhuschenden Kellnerin ein Zeichen und bestellte.
Als Kate nach Hause kam, war die Sonne gerade erst untergegangen. Klein Krötengesicht saß draußen auf dem Bürgersteig in seinem Spielzeugauto. Der Lärmpegel, den er mit seinen stampfenden Füßen und seinem Krötenmäulchen produzierte, war geradezu unglaublich.
Kate erlöste sich von ihrem Frust, indem sie dem Vorderreifen ihres teuren Autos einen Tritt versetzte.
Als sie die Haustür öffnete, klingelte das Telefon. Schon wieder Emma. Kate zog die Leitung straff, so weit es ging, und ließ sich in einen Sessel fallen. Sie hatte das Gefühl, bei Emma einiges gutmachen zu müssen, weil sie beim letzten Mal so kurz
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