Letzte Ausfahrt Oxford
angebunden gewesen war.
»Emma, schön, dass du dich meldest. Tut mir Leid, dass ich dich dieser Tage so schnell abhängen musste.«
»War dein Freund da? Andrew, so heißt er doch, oder?«
»Genau genommen war es Liam, der zu Besuch war.«
»Na, egal. Ich wollte dich eigentlich nur bitten, meinen Schreibkurs zu übernehmen.«
Kate schaffte es gerade noch, ihren Kommentar über Spätzchen-Gedichte hinunterzuschlucken. »Na ja …«, zögerte sie. Das gab Emma Gelegenheit, sie zu unterbrechen.
»Es ist absolut nicht das, was du befürchtest. Die Gruppe ist ziemlich bunt gemischt, ungefähr sechzehn Leute völlig unterschiedlichen Alters, sowohl Männer als auch Frauen. Wir gehen genau nach Lehrplan vor. Du könntest problemlos übernehmen. Ich habe meine Notizen für das ganze Semester vorbereitet. Der Kurs findet nur ein Mal pro Woche statt.«
»Tut mir Leid, Emma, aber ich habe gerade für ein paar Wochen einen Job in der Bibliothek übernommen. In sechs Wochen ist das Manuskript für mein nächstes Buch fällig. Ich glaube kaum, dass ich mir im Augenblick noch mehr aufhalsen kann.«
»Könntest du nicht vielleicht noch einmal darüber nachdenken, Kate?«
Emma konnte den flehentlichen Klang ihrer Stimme nicht unterdrücken, und Kate fühlte sich gar nicht wohl dabei, ihr schon wieder eine Absage zu erteilen. »Ach, da ist gerade jemand vorn an der Tür«, flunkerte sie. »Ich muss Schluss machen.« Und mit einem unguten Gefühl der Erleichterung legte sie auf.
»Verstehst du etwas von Beziehungskisten?«, fragte Kate. Sie hatte keine Ahnung, warum sie ausgerechnet ihre Freundin Camilla fragte, die nur ein einziges Mal (und das mit verheerenden Folgen) mit einem Mann zu tun gehabt hatte. Vielleicht tat sie es nur, um die Zeit zwischen dem Essen und den letzten Arbeitsstunden des Abends auszufüllen. Vielleicht auch, weil Camilla ihre älteste Freundin war. Jedenfalls hatte sie sich einen kleinen Drink genehmigt und Camillas Nummer gewählt.
»Ich glaube kaum, dass ich diese Frage beantworten will«, gab Camilla zurück. »Ich nehme außerdem an, dass sie sowieso rein rhetorisch ist und dass du eigentlich über Liam reden möchtest. Oder über Andrew. Vielleicht auch über beide. Oder gibt es einen Neuen?«
»Liam und ich scheinen nicht genügend Gelegenheit zu haben, um so etwas wie eine vernünftige Beziehung zu entwickeln. Wir haben kaum jemals Zeit füreinander. Wenn es dann doch mal klappt, dann schaffen wir es gerade eben, die Dinge zu bereden, die wir in den letzten Tagen oder Wochen seit unserem letzten Treffen erlebt haben. Zu mehr Nähe kommen wir dann schon gar nicht mehr.«
»Hattest du vor, mit ihm zusammenzuleben?«
»Nein.« Kate konnte sich nicht vorstellen, überhaupt mit jemandem zusammenzuleben. Schnell fuhr sie fort: »Aber eigentlich wollte ich mit dir über Andrew reden. Er hat eine neue Freundin.«
»Und jetzt bist du eifersüchtig.«
»Ganz bestimmt nicht.«
»Ja und?«
»Ich treffe ihn ganz gern, aber schon lange bevor er wieder verschwindet, wünsche ich mir, er wäre fort. Verstehst du, was ich meine?«
»Eher nicht. Dabei solltest gerade du dich vernünftig ausdrücken können. Aber heute Abend würde ich dir glatt eine Vier minus verpassen.«
»Ich könnte es nicht ertragen, Andrew die ganze Zeit um mich zu haben. Selbst ein Teil des Tages wäre mir schon zu viel. Deshalb finde ich es ganz vernünftig, dass er sich eine andere Freundin gesucht hat. Aber warum muss es ausgerechnet eine so junge und dumme sein?«
»Hast du jemals Andrews Exfrau kennen gelernt?«
»Noch nicht einmal gesprochen hat er von ihr.«
»Sie war ein oder zwei Jahre älter als er und ziemlich herrschsüchtig. Seit er ihr entkommen ist, läuft er vor intelligenten, tatkräftigen Frauen davon. Wie heißt seine neue Flamme?«
»Isabel. Izzy.«
»Nun, mir scheint, mit dieser Isabel hat er endlich gefunden, was er sucht. An deiner Stelle würde ich mich auf meine Arbeit konzentrieren und zusehen, dass ich Liam besser kennen lerne. Wovor lauft ihr beiden davon?«
»Vor gar nichts. Und wie kommst du mit Carey zurecht?« Carey war Camillas verheerende Beziehung.
»Ich beabsichtige, meinen Blick nach vorn zu richten und weiter zu experimentieren. Wer weiß, was hinter der nächsten Ecke auf mich wartet?«
Als Kate auflegte, fühlte sie sich noch immer unzufrieden. Ihr war, als ob das Leben um sie herum weiterginge, sie selbst aber zurückbliebe und vergeblich versuchte, nach den wichtigen
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