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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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anderes Kennzeichen angebracht, damit deine Komplizen Bescheid wussten.« (Das Mädchen hatte Recht: Wir benutzten einen unauffälligen Aufkleber mit der Aufschrift Eiserner Schuh . ) »Außerdem ist mir eingefallen, dass du nicht besonders viel über Bücher weißt – jedenfalls längst nicht so viel wie beispielsweise Robin. Das heißt, du brauchst jemanden, der dir sagt, welche Bücher du stehlen musst, damit das Risiko deines Verbrechens sich auszahlt.«
    »Das Wort Verbrechen’ höre ich aber gar nicht gern«, sagte ich, um ihr zu bedeuten, wie vulgär und gefühllos ihr Vorwurf klang, aber sie beachtete meinen freundlichen Einwand nicht.
    »Nicht? Nun, Diebstahl ist nun einmal ein Verbrechen, und daran gibt es nichts zu deuteln. Ich habe also noch einmal meine Freundin in Santa Luisa angerufen. Sie teilte mir mit, wann der Beauftragte der Sammlung Eiserner Schuh aus England das nächste Mal mit einem Bücherpaket erwartet wurde. Alles passte jetzt zusammen, aber ich wollte ganz auf Nummer Sicher gehen. Daher habe ich mich einfach bei meiner Freundin Sharon eingeladen. Ich brauchte nur den Flug zu zahlen, den ich mit meinem Studentenausweis auch noch billiger bekam. Am Tag der Ankunft des Beauftragten fuhr Sharon mich zum Flughafen, und ich sah dich ankommen. Vermutlich hast du mich gar nicht wahrgenommen, aber ich habe dich sofort erkannt.«
    »Das heißt also, du hältst mich bei diesem komplizierten Diebstahl für überführt?«
    »Ja. Aber wir können etwas dagegen tun.«
    »Was denn?« Aber ich wusste bereits, dass Jenna keinen vernünftigen Vorschlag machen würde.
    »Wir gehen zum Direktor und sagen ihm, was du getan hast«, sagte sie. Einfach so.
    Ich betrachtete die Schuppen auf den Schultern ihres schwarzen Sweatshirts. Das Mädchen musste verschwinden.
    »Gib mir Zeit, darüber nachzudenken«, sagte ich. »Ich muss mich wenigstens vorbereiten, Jenna. Mir über einiges klar werden, weißt du.«
    Sie schien das, was ich meinte, besser zu verstehen als ich selbst, denn sie nickte und lächelte. »Und du musst auch mit deinen Kollegen sprechen. Überzeuge sie, die Sache aufzugeben«, sagte sie. »Ich gebe dir Zeit bis Montagmorgen. Wenn du magst, begleite ich dich zum Direktor.«
    Mir blieben also fünf Tage, um einen Plan auszuarbeiten. Das Risiko, die anderen einzuweihen, konnte ich nicht eingehen. Sie würden die Dinge möglicherweise nicht so sehen wie ich. Jenna musste verschwinden. Und zwar für immer. Diskret und ohne kompromittierende Beweise. Ausfahrt Oxford eben.
6. KAPITEL
    D as Kennedy House mit dem Zentrum für Nordamerikanische Studien stand ein wenig nördlich des Rhodes-Hauses auf leicht erhöhtem Terrain und überragte es um mindestens dreißig Fuß. Es sah über die baumbestandenen Straßen des nördlichen Oxford hinweg und konnte sich seinem niedrigeren Anbau überlegen fühlen. Es war zu einer Zeit architektonischen Selbstvertrauens auf der grünen Wiese errichtet worden. Seine Kuppel wölbte sich hoch über die Baumkronen, und seine kupferfarben getönten Glasfenster spiegelten das Sonnenlicht derart dreist und grell, dass finanziell weniger wohl gestellte Einrichtungen gerne darüber spöttelten.
    Sehr nett, dachte Kate. Wenigstens kann ich hier bei anständigem Tageslicht und sauberer Luft arbeiten. Vielleicht bekomme ich ja sogar einen Schreibtisch und einen Stuhl in der richtigen Höhe und muss dieses Mal nicht mit Rückenschmerzen büßen.
    »Ich habe einen Termin beim Direktor«, erklärte sie am Empfang. Selbst die Türsteher schienen hier jünger und hilfsbereiter zu sein als weiter südlich.
    »Wenn Sie uns Ihr Autokennzeichen mitteilen, können Sie während Ihrer Arbeitszeit unseren Parkplatz benutzen«, schlug einer von ihnen vor. Dann telefonierte er sehr dezent und leise, und schon wenige Minuten später erschien ein großer, schlanker Mann.
    »Chris Johnston«, stellte er sich vor. Er sprach mit einem weichen Akzent, der sich nicht eindeutig auf Englisch oder Amerikanisch festlegen ließ.
    Sein Kopf saß ein wenig nach vorn geneigt auf einem dünnen Hals, und als er sich umdrehte, um zu seinem Büro vorauszugehen, sah Kate, dass sein Profil aus zwei fast schnurgeraden Linien bestand, die sich in einem 130-Grad-Winkel an der Nasenspitze trafen. Es erinnerte sie an einen Vogel – eine sehr junge Ente vielleicht, deren Schnabel noch nicht ganz ausgewachsen war.
    »Setzen Sie sich, Miss Ivory«, forderte er sie auf.
    »Nennen Sie mich doch bitte Kate.«
    »Gern. So ist es

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