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Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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anscheinend nur wenig von seinem Gespräch mitgekommen. Gasperlmaier hatte große Angst vor einem der urplötzlichen und gefährlichen Wende­manöver, mit denen ihn die Frau Doktor schon gelegentlich erschreckt hatte, wenn es eilig war. Also versuchte er möglichst unaufgeregt zu klingen, als er ihr mitteilte, dass der Lukas Pauli auf den Posten gekommen sei und man ihn deshalb nicht extra aufsuchen müsse. „Da muss ja was Außergewöhnliches vorgefallen sein, wenn er sich selbst zu uns bemüht!“ Das abrupte Wendemanöver blieb Gasperlmaier nicht erspart, schon bei „Außergewöhnliches“ quietschten die Reifen, als die Frau Doktor den Streifenwagen in eine Einfahrt zwang, um dort zu wenden. Gasperlmaier blieb nichts anderes übrig, als sich festzuhalten und auf die 75 PS des Streifenwagens zu vertrauen. Die Frau Doktor ließ den Motor laut aufheulen und schimpfte, wieder einmal, wie ein Rohrspatz über die mangelhafte Beschleunigung des in die Jahre gekommenen Opel.
    Als sie am Posten ankamen, hielt ihnen der Lukas Pauli schon den Drohbrief entgegen. „Eine Sauerei ist das!“, schimpfte er. „Ich hab nämlich mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun! Ich weiß ja selber nicht, warum die Voglreiterin damals verschwunden ist!“ „Langsam!“, mahnte die Frau Doktor, zog sich einen Stuhl zum Schreibtisch des Friedrich, streifte einen Handschuh über und nahm das Dokument mit spitzen Fingern an sich. „Das hätten Sie gleich sichern sollen, Herr Kahlß, wegen der Spuren!“ Ein wenig Vorwurf klang in der Stimme der Frau Doktor mit. Der Friedrich aber zuckte nur mit den Schultern. „Dem Pauli seine Pfoten haben sowieso schon Abdrücke hinterlassen“, meinte er nur, während die Frau Doktor den Bogen gleich in eine Klarsichthülle steckte und vor sich auf den Schreibtisch legte.
    „Du mußt es zugeben!“, stand da, sogar mit einem großen, ausgeschnittenen Ausrufezeichen. „Oder wilst du auch sterben?“ „Da sind Rechtschreibfehler drinnen!“, bemerkte Gasperlmaier und war ein wenig stolz auf sich, dass sie ihm gleich aufgefallen waren. „Das ‚mußt‘ müsste man jetzt mit zwei ‚s‘ schreiben. Und ‚willst‘ mit Doppel-l.“ „Inwiefern hilft uns das weiter?“, maulte die Frau Doktor aber. „Jetzt wissen wir, dass der Brief nicht von einem Deutschlehrer geschrieben wurde. Damit kommen wir nicht weit.“ Gasperlmaier lehnte sich, leicht beleidigt, auf seinem Stuhl ein wenig zurück und verschränkte die Hände. Er musste ja nichts sagen. Aber bei einer Ermittlung waren schließlich alle Einzelheiten wesentlich. Auch wenn man sie zunächst nicht einordnen konnte.
    „Was macht’s ihr jetzt? Ihr müsst’s was machen!“, brauste der Pauli auf, der sich von seinem Sessel erhoben hatte und unruhig auf und ab ging. „Da schlachtet einer einfach alle Altausseer über siebzig ab, und ihr macht’s nichts!“ „Herr Lukas, setzen Sie sich wieder hin!“, rief ihn die Frau Doktor zur Ordnung. „Wir machen alles, was möglich ist. Auch wenn es für Sie vielleicht nicht jeden Moment sichtbar ist. Ermittlungen, auch wenn sie intensiv und genau vorgenommen werden, müssen den Betroffenen nicht unbedingt auffallen.“ Der Pauli schien das einzusehen, denn er setzte sich wieder hin. Genau wie im Brief an den Manzenreiter stand unten, aus kleineren Buchstaben ausgeschnitten, der Treffpunkt: „Mittwoch, 10 Uhr, Burg Pflindsberg“.
    „Erstens“, fragte die Frau Doktor, „Wie haben Sie den Brief erhalten?“ „Mit der Post natürlich“, antwortete, sichtlich genervt, der Pauli, „was glauben Sie denn?“ „Ich glaube gar nichts“, antwortete die Frau Doktor in einem Ton, als ob sie ein weinerliches Kind beruhigen wollte, „ich frage nur zur Sicherheit. Drohbriefe sind auch schon auf viele andere Arten zugestellt worden.“ „Zum Beispiel mit einem Messer an die Tür geheftet“, warf der Friedrich ein. „Hab ich zumindest einmal in einem Krimi gesehen.“ Die Frau Doktor bedachte ihn mit einem nicht gerade freundlichen Blick. Gasperlmaier hatte eine ähnliche Idee gehabt, nur war es bei ihm eine Axt gewesen. Er war froh, dass er den Mund gehalten hatte.
    „Zweitens“, fuhr sie fort, „wäre es am gescheitesten, wenn Sie uns gleich erzählen, was damals vorgefallen ist. Dann hätten wir es vielleicht leichter und könnten uns den Täter, oder zumindest einen Verdächtigen, heute schnappen. Aber wenn Sie weiterhin mauern …“ Der Pauli griff sich mit beiden Händen an den Kopf.

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