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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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für Börsengeschäfte interessierte – Aktien besaß er nicht, den Großteil seines Geldes hatte der Koch in Rotwein investiert. Aber Luxemburg war einer der wichtigsten Finanzplätze der Welt. Vor allem bei Investmentfonds war das Großherzogtum führend. Es wimmelte dort folglich von Vermögensverwaltern, Investmentbankern und anderen Finanzexperten. Der eine oder andere von ihnen aß regelmäßig in Kieffers Restaurant. Der Koch zündete sich eine Zigarette an. »Ja. Ich habe bereits eine Idee, wen ich fragen könnte.«
    »Einen deiner Kunden? Kenne ich den?« Pekka Vatanen war Stammgast im »Deux Eglises«, er gehörte praktisch zum Inventar; fast jeden Abend saß er an seinem Platz an der Bar, trank Riesling und erzählte Kieffer den neuesten Tratsch aus EU-Kreisen. Oder er beschrieb in großer Ausführlichkeit die Vorzüge vielversprechender Bewerberinnen für einen immer wieder neu zu vergebenden Posten: den der nächsten Miss Vatanen.
    »Kann sein, Pekka. An dem Tisch vor der Bar sitzen doch manchmal diese Engländer. Darunter ist einer, der besonders knallbunte Hemden trägt, erinnerst du dich? Die mit den irren Manschettenknöpfen.«
    »Mein Gott, ja. Daumengroße Bienen aus Gold, verziert mit Edelsteinen, jede vermutlich so teuer wie ein Monatsgehalt. Und was macht der Typ?«
    »Er heißt Charles Sykes und ist Fondsmanager bei einer deutschen Bank. Der müsste sich doch mit Rohstoffhandel auskennen. Und vielleicht auch mit dieser Schweizer Firma und ihrer Fondsgesellschaft.« Kieffer blies Rauch aus. »Sag mal, Pekka, diese Melivias sitzen nicht zufällig in der Rütligass?«
    »Nein, der Firmensitz befindet sich in Weggis, das ist bei Luzern. Jaggiwald liegt im Berner Oberland. Viel scheint dort allerdings nicht zu sein. Auf der Karte sehe ich an der Stelle nur ein bisschen Wald, wie der Name ja schon andeutet.«
    »Findet dein Computer denn unter der Adresse irgendeine Firma?«
    Wieder klackerte es. »Saatana!«, rief Vatanen.
    »Bitte kein Finnisch, Pekka. Was ist los?«
    »Laut Google Maps befindet sich dort eine Einrichtung des Schweizer Militärs«, antwortete der Finne.
    »Eine Kaserne?«
    »Keine Ahnung, Xavier. Erkennen lässt sich auf der Karte nichts. Da ist nur so eine Stecknadel und daneben steht »Schweizer Armee / Armasuisse.«
    »Okay. Vielen Dank für deine Hilfe, Pekka. Und falls du später auch mal nach diesem Aron Kats stöbern könntest …«
    »… na klar. Kommst du heute noch zurück nach Luxemburg? Dann könnte ich dir meine Ergebnisse später bei einem Glas Riesling präsentieren. Vielleicht auch bei zweien.«
    »Leider nein, Pekka. Ich fahre jetzt erst einmal nach Jaggiwald.«
    »Du spinnst doch. Was wirst du da tun?«
    »Das, was Aron Kats mir aufgetragen hat: ›Sage dem Wächter meinen Namen und den der Göttin‹.«
    »Er hat es nicht dir aufgetragen, Xavier. Die Nachricht war für jemand anderen bestimmt.«
    »Ja, aber für wen?«
    »Vielleicht für Valérie«, schlug Pekka vor. »Schließlich ist der Schlüsselbund ja bei ihr gelandet. Und vielleicht war das kein Zufall.«
    »Val ist jetzt erst einmal raus aus der Sache.« Kieffer war fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass dies auch so blieb. Aber irgendwo da draußen las in diesem Moment jemand die gestohlene Keycard aus. Ihm blieb also nicht viel Zeit. »Ich muss jetzt los. Wer weiß, wann der nächste Zug geht.«
    Sie verabschiedeten sich, dann legte Kieffer auf. Er schaute auf die Uhr. Wenn er sofort in ein Taxi stieg, konnte er es bis zur Gare de Lyon schaffen, bevor der Nachmittagsstau die Pariser Innenstadt in Frankreichs größten Parkplatz verwandelte. Er lief bis zu dem Stand am Boulevard Montparnasse, den er eigentlich gemeinsam mit Valérie hatte ansteuern wollen und stieg in einen Wagen. An der Gare de Lyon angekommen, kaufte er sich ein Ticket für den nächsten Zug nach Bern.
    Weil ihm vor der Abfahrt noch eine halbe Stunde Zeit blieb, beschloss Kieffer, sich anständig zu verproviantieren. Es war inzwischen fast halb zwei, und die Eier Benedict waren nur noch eine vage Erinnerung. Ohne eine weitere Stärkung würde er die Reise kaum überstehen. Die diversen Bistro- und Burgerketten im Bahnhof ignorierend verließ Kieffer das Gebäude und lief in Richtung des Boulevard Diderot. Dort, so meinte er sich zu erinnern, gab es einen alteingesessenen Feinkostladen. Er hatte Glück; das Geschäft sah noch exakt so aus wie vor fünfzehn Jahren, auch die Auslage schien praktisch unverändert. Behängt mit

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