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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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keine Fragen zu seiner Person oder seinem Konto beantworten, sondern soll Ihnen lediglich die Daten aushändigen. Und Sie darauf hinweisen, dass das hiesige Konto danach vollständig gelöscht wird.«
    Sie warteten schweigend. Dann betraten zwei Wachleute den Raum. Einer händigte Heyl eine flache schwarze Ledertasche aus, in etwa so groß wie ein Blatt Papier. Der Mann schob sie zu Kieffer hinüber und stand dann auf. »Das war es auch schon. Wir werden Sie jetzt kurz alleine lassen, damit Sie die Daten prüfen können. Wenn Sie fertig sind, wählen Sie einfach die Null, dann begleite ich Sie hinaus.«
    »Sehr freundlich, aber das ist nicht nötig«, erwiderte Kieffer. »Ich würde gerne sofort aufbrechen.«
    »Wie Sie wünschen.« Heyl geleitete ihn zum Ausgang, wo der Taxifahrer wartete. Kieffer bat den Mann, zurück zum Bahnhof zu fahren. Sein Rücken schmerzte von der langen Herfahrt, trotzdem würde er versuchen, noch einen späten Zug nach Hause zu erwischen. Während sie zurück nach Bern fuhren, öffnete Kieffer das lederne Etui. Darin befand sich ein Tabletcomputer. Das Display war schwarz. Kieffer hatte noch nie solch ein Gerät in der Hand gehabt, weswegen es etwas dauerte, bis er den On-Schalter fand. Der Bildschirm flammte auf, mehrere Symbole erschienen. Kieffer ließ seine Finger über das Display gleiten und drückte auf einige der Icons. Es schien sich größtenteils um Börsensoftware zu handeln, auf dem Tablet erschienen Kursnotierungen und Charts. Diese waren nicht statisch, sondern schienen in Bewegung zu sein, hektisch blinkte es in Rot oder Grün, wenn sich ein Preis änderte. Offenbar war das Tablet mit dem Internet verbunden.
    Um was für Vermögenswerte es sich handelte, war auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Das Programm zeigte nur Börsentickersymbole wie »GLRD« oder »WSRT« an. Das einzige ihm bekannte Wort auf dem Display lautete »Matif«. So hieß die Pariser Rohstoffbörse. Nach einigem Hin- und Herprobieren gelang es ihm, wieder auf den Startbildschirm zurückzugelangen. Insgesamt gab es drei Börsenkurs-Programme, von Bloomberg, Reuters sowie Dow Jones. Außerdem fand er ein Computerspiel mit dem Titel »Furious Foxes« sowie eine weitere App namens SRW. Als Kieffer diese öffnete, erschien auf dem Bildschirm die Zeile »Soft Red Winter V. 3.1«. Nach wenigen Sekunden öffnete sich ein Programm, das im Wesentlichen aus einer Kursgrafik sowie mehreren darunter liegenden Reglern bestand, die man mit dem Finger auf dem Touchscreen hin- und herschieben konnte. Tat man dies, veränderte sich der Chart.
    Was hatte das alles zu bedeuten? Er beschloss, gleich morgen früh seinen britischen Banker-Stammgast anzurufen und ihn um Hilfe zu bitten. Am Berner Hauptbahnhof kaufte er sich Zeitungen sowie etwas zu essen und bestieg einen Nachtzug, der über Straßburg und Metz nach Luxemburg fuhr. Nachdem er in seinem Pullman-Sessel Platz genommen hatte, schlug er eines der Journale auf und blätterte lustlos darin. Er fand eine längere Geschichte im Sportteil, die ihn interessierte, doch vor der Lektüre wollte er sich kurz ausruhen. Kieffer lehnte sich zurück und schloss für einen kleinen Moment die Augen. Als er wieder zu sich kam, waren sie bereits hinter Straßburg.

16
    Kieffer hatte Sykes eigentlich mit einem Gratisessen ins »Deux Eglises« locken wollen. Nicht, dass man den Banker mit so etwas bestechen konnte; den Bordeaux mit großen Namen und noch größeren Preisen nach zu urteilen, die der Brite bei seinen Besuchen stets bestellte, konnte sich Sykes jedes Essen leisten, das er wollte. Der Koch hatte dem Fondsmanager jedoch angeboten, ihm ein persönliches Wunschmenü zu kochen. Kieffer war zu allem bereit gewesen, er hätte sogar Steak Ale Pie mit Yorkshire-Pudding-Kruste, zerkochtes Lamm oder andere Sonderbarkeiten der britischen Küche zubereitet. Aber der Banker hatte nicht angebissen.
    »Das Quartalsende naht«, hatte er am Telefon erklärt. »Der Albtraum jedes Fondsmanagers, nur noch vier Tage, um die Renditen hübsch zu machen.« Sykes hatte Kieffer deshalb gebeten, bei ihm vorbeizuschauen, und so fuhr der Koch vor seiner Abendschicht auf der Fouer auf den Kirchberg. Obwohl sich dieser nur wenige Kilometer von seinem Restaurant in der Unterstadt entfernt befand, kam er fast nie her. Es gab dort oben nichts, was ihn interessierte. Die nordöstlich der Stadt gelegene Anhöhe bestand im Wesentlichen aus einer langen, sechsspurigen Straße, die von der Rouder Bréck

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