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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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modern eingerichtete Kaffeebar. Nachdem sie zwei Espressi bestellt und auf einer Ledercouch Platz genommen hatten, schaute der Engländer auf seinen Blackberry. »Sie müssen entschuldigen, aber die Wall Street macht in einer halben Stunde auf. Die Indikatoren prophezeien ein ziemliches Gemetzel, deshalb muss ich zwischendurch immer mal wieder schauen.« Er legte das Telefon vor sich auf den Glastisch und faltete die Hände in seinem Schoß. Sie waren frisch manikürt und erinnerten Kieffer an bayerische Weißwürste. »Worum geht’s denn, Xavier?«
    »Um einen Mann namens Aron Kats. Er hat hier auf dem Kirchberg gearbeitet, für ein Unternehmen namens …«, Kieffer musste einen Moment überlegen, »Lityerses.«
    Sykes nickte. »Kenne ich. Na ja, kennen ist zu viel gesagt. Ich habe von denen gehört, und von diesem Kats, jeder in der Branche hat das wohl.«
    Kieffer griff in seine Innentasche, zögerte dann aber. In Luxemburg durfte man, anders als in Deutschland oder Frankreich, in einigen Cafés und Bars noch immer rauchen. Doch niemand in diesem Coffeeshop tat es. Dann erspähte er das Nichtraucherschild auf dem Tisch. Er ließ die Ducalpackung in die Tasche zurückgleiten. »Was ist an dem Mann denn so besonders?«
    »Lityerses hat eine Spitzenperformance. Die machen dreißig, vierzig Prozent mehr Rendite als der Markt, und zwar jedes Jahr. Und es gilt als ausgemacht, dass es das Verdienst von Kats ist. Mathematiker, Promotion in Princeton, Harvard oder so. Der Typ hat die Investmentstrategien für mehrere Hedgefonds entwickelt, die ganze Software für den Handel. Früher war er bei Silverstein in New York, glaube ich, und jetzt arbeitet er hier in Luxemburg, für Lityerses. Er ist ein verdammtes Genie, einer der bekanntesten Quants der Finanzbranche.«
    »Charles, was bitte ist ein Quant?«
    »Das kommt von dem Begriff ›quantitative Analyse‹. Als Quants bezeichnen wir jene Eierköpfe, die komplexe mathematische Modelle und Algorithmen für unseren Computerhandel entwickeln.«
    »Ich verstehe. Und was haben Algorithmen mit Wertpapiergeschäften zu tun?«
    Sykes hob eine seiner Pranken und winkte der Kellnerin. Kieffer sah die Meerjungfrau im Licht eines Deckenstrahlers grünlich aufblitzen. Er tippte auf Smaragdsplitter.
    »Kann ich bitte ein Stück von dem Mile High Chocolate Layer Cake bekommen? Mit Sahne? Danke.« Er wandte sich wieder Kieffer zu. »Okay, es läuft folgendermaßen. Langweilige alte Fonds, so wie der Aktienfonds, den ich betreue, kaufen Wertpapiere – in der Hoffnung, dass deren Kurse steigen. Unsere deutlich gierigeren und aggressiveren Brüder, die sogenannten Hedgefonds, tun das auch. Aber gleichzeitig wetten sie darauf, dass die Kurse anderer Wertpapiere fallen.«
    »Und auf was für Wertpapiere wettet so ein Hedgefonds?«
    »Aktien, Schatzbriefe, Rohöl, Rinderhälften, you name it. Und dann hoffen sie, dass sie mit der Summe all ihrer ausstehenden Wetten am Ende Geld verdienen.«
    »Und das funktioniert?«
    »Solange man mehr dieser Einzelwetten gewinnt als verliert, funktioniert es. Der Clou ist, dass sich die Wetten auf steigende und fallende Kurse gegenseitig aufheben. Das funktioniert im Prinzip wie beim Roulette im Spielkasino: Diese Typen setzen gleichzeitig auf Rot und Schwarz, auf Gerade und Ungerade. Und das sehr oft.«
    Kieffer nippte an seinem Kaffee. »Wieso sehr oft?«
    »Bleiben wir beim Roulette: Wenn man nur eine einzige Wette eingeht, muss man viel Geld setzen, damit ein ordentlicher Gewinn rauskommt. Hat man hingegen gleichzeitig Zigtausende Wetten laufen, ist es okay, immer nur ein paar Cent zu gewinnen. Es ist auch okay, zu verlieren, solange man insgesamt eine bessere Quote hat als die Spielbank. Wenn Sie also wissen, dass Rot an einem Tisch 0,0001 Prozent öfter fällt als Schwarz, können Sie das ausnutzen.«
    »Und diese Hedgefonds verwenden dafür Computerprogramme?«
    »Genau. Und wenn man im Hochfrequenzhandel aktiv ist, wie unsere Freunde von Lityerses, dann braucht man sogar besonders komplexe Software, mit extrem ausgefeilten mathematischen Gleichungen, also Algorithmen. Und für die ist Aron Kats in der Branche bekannt. Sagen jedenfalls die Leute, die ich kenne.«
    Die Kellnerin brachte ein sehr großes Kuchenstück. Kieffer versuchte die nachdrückliche Forderung seines Körpers nach einer Ducal zu ignorieren. »Sie haben mich schon wieder abgehängt, Charles. Was ist Hochfrequenzhandel?«
    »Die Idee dahinter ist, Wertpapiere nur ein paar

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