Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
Vom Netzwerk:
entfuhr es Kieffer. »Was soll man daraus bitte kochen?«
    Vernier, die als Zweite an der Reihe war, hatte deutlich mehr Glück. Sie bekam eine Kalbshaxe am Knochen, dazu Tomaten, Auberginen, Karotten und Polenta. Das Endergebnis würde, so vermutete Kieffer, einem ossobuco alla milanese ähneln, die Berlinerin schaffte das vermutlich im Schlaf. Schörglhuber erhielt Wildfleisch und Pilze, Jensen Rinderkoteletts mit Pflaumen und Quitten. Alle lächelten zufrieden. Nur Grønberg sah so aus, als ob er gleich wieder in Tränen ausbräche.
    Kieffer instruierte Eduardo, Grønbergs Kirsch-Tintenfisch-Forelle nachzukochen. Eine nicht ganz einfache Aufgabe – denn anders als bei den drei anderen Köchen hatten sie keinen Schimmer, auf welches kulinarische Endergebnis der Däne mit seinen missratenen Zutaten zusteuerte. Kieffer hörte, wie Vernier Esteban gerade Auskunft über ihr Gericht gab: »Isch werde eine Art Ossobüco machen, aber provenzalisch. Du weißt, meine Maman, sie kommt aus Aix-en-Provence …«
    »Cariño, dann brauchst du aber noch Knoblauch, sí?«
    Vernier lächelte. »Mein wunderbarer Partner wird gleisch züm Kühlschrank gehen.«
    Ihr Assistent, ein korpulenter Mann Ende dreißig, nickte stumm und lief in Richtung des gigantischen Kühlschranks, der am anderen Ende der Halle stand. Der einzige Weg dorthin führte über jene schmale Brücke, die den überdimensionierten Kochtopf überspannte. Als der Mann an ihrem Fuß angekommen war, ertönte Estebans Stimme: »Dieter aus Hamburg holt unserer schönen Tanja keine duftenden roten Rosen – sondern Knoblauch. Ist das nicht romantisch?«
    Das Publikum johlte vergnügt.
    »Aber da hat er die Rechnung ohne Sepp Schörglhubers rechte Hand gemacht – Thomas aus Augsburg!«
    Die Kamera schwenkte nun auf einen verbissen dreinblickenden jungen Mann, der hinter der Sahnetülle stand und umgehend begann, den Knoblauchkurier mit Fontänen weißen Schaums zu beschießen. Doch Dieter aus Hamburg schaffte es, wenn auch strauchelnd und taumelnd, über die schmale Brücke und kämpfte sich bis zum Kühlschrank vor. Triumphierend hielt er eine Knoblauchknolle in die Kamera. Das Publikum skandierte »Die-ter, Die-ter«.
    Inzwischen war zu erahnen, was Grønberg vorhatte: Offenbar wollte er die Forelle mit dem Schafskäse überbacken und dazu eine Soße aus Kirschpüree und Tintenfischstückchen reichen. Kieffer gab Eduardo entsprechende Anweisungen. Esteban hatte sich inzwischen wieder zu seinen vier Starköchen gesellt und linste mit übertrieben gespielter Neugier in deren Töpfe und Pfannen.
    »Oh, das wird famoso! Delicioso! Ich bin so gespannt, amigos! Wie sieht’s aus, Arne?«
    Jensen zeigte auf seine entbeinten Koteletts, die in einer Pfanne vor sich hin brutzelten. »Gleich mach’ ich da noch ’n büschen Salbei dran. Das gibt ’ne ganz besondere Aromatik.«
    »Ünd die Knochen?«, mischte sich Vernier ein. »Isch denke, da könnte man einen formidablen Fong draus ziehen.«
    Jensen griff nach den Knochen und warf sie in den Mülleimer hinter sich. Vernier schaute irritiert und wollte etwas sagen, aber Esteban schnitt ihr das Wort ab. »Hier kommt dein Held, Tanja.«
    Dieter trat ins Bild und hielt ihr die Knoblauchknolle hin. Sie nahm sie und hauchte ihm einen Kuss auf die sahneverschmierte Wange. Das Publikum applaudierte.
    Kieffer betrachtete die verschiedenen Monitore. Noch konnte man nicht mit Sicherheit sagen, welche der Gerichte etwas taugten. Aber dem Augenschein nach zu urteilen, musste man sich weder um Vernier noch um Schörglhuber Sorgen machen. Sogar Jensen schien ihm außerhalb der Gefahrenzone. Wie Grønbergs Gericht geriet, war hingegen völlig offen. In der Totale eines Screens sah Kieffer Josef Schörglhuber hinter den anderen Köchen vorbeilaufen und seine Rehkeule aus dem Ofen holen. Beifällig warf er auf dem Rückweg einen Blick auf Jensens Pfanne und sagte laut und vernehmlich: »Mei, des werd a ganz a schwoaze Sach’, wennst mi frogst.«
    Der Bayer hatte leider recht. Während sich Jensen um die Aromatik gekümmert und mit einem Wiegemesser Kräuter auf einem Brett zerkleinert hatte, waren die Koteletts unter der Aufsicht seiner Assistentin verblieben, was sich nun als Fehler erwies. Mit abwesendem Blick stand die Frau vor der rauchenden Pfanne.
    »Jensens Koteletts sind hin!«, rief Kieffer nach hinten. »Nachkochen! Ohne Knochen, in der Pfanne gebraten, dazu Pflaumen-Quitten-Ingwer-Soße.«
    »Das wird aber eng«, antwortete einer

Weitere Kostenlose Bücher