Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi
der Postenköche.
»Natürlich wird das eng«, blaffte Kieffer zurück. »Das nennt man Kochen.«
Auf der Bühne spielte inzwischen eine Kieffer unbekannte Rockband eine Coverversion von »Pour some sugar on me«. Die vier Köche legten bereits letzte Hand an ihre Gerichte. Grønberg hatte versucht, für seine Soße noch etwas Balsamicoessig zu bekommen, doch sein Assistent war von der Sahnekanone auf halbem Weg niedergemäht worden und in den Kochtopf gestürzt. Der Däne rührte verzweifelt mit einem Schneebesen in seiner Soße und redete dabei ununterbrochen mit sich selbst. Schörglhuber hingegen sah sehr entspannt aus, als er seinen Teller unter die Cloche stellte.
»Soll ich?«, fragte der kurze Koch.
»Nein«, antwortete Kieffer. »Der braucht unsere Hilfe nicht.«
Als Nächster lieferte Jensen seine Schweinekoteletts ab. Kieffer gab ein Zeichen und der Koch verschwand hinter der Klappe. Kurz darauf kam er mit Jensens dampfendem Teller zurück. Kieffer schnitt das Fleisch an. Es war so zäh, dass er mit dem Messer kaum durchkam. Er probierte die Soße. Vielleicht hätte ein sehr hungriger Gast mit kräftigen Kiefern das Kotelett noch irgendwie herunterwürgen können. Aber die viel zu saure, glibberige Tunke, die Jensen darübergegossen hatte, gab dem Gericht den Rest.
»Austauschen«, befahl er.
Er verzichtete darauf, Verniers Ossobuco zu probieren, weil sie es ohnehin nicht mehr rechtzeitig hätten nachkochen können. Stattdessen ließ der Luxemburger sich Grønbergs Fetaforelle bringen. Sorgfältig darauf achtend, das kulinarische Kunstwerk auf dem Teller nicht zu zerstören, schnitt er ein winziges Stückchen ab und probierte. Die Sache schmeckte erstaunlich gut. Etwas gewöhnungsbedürftig, sicherlich. Aber angesichts der schlechten Ausgangslage war die Leistung des Dänen beachtlich. Kieffer probierte nun die Forelle, die seine Küche zubereitet hatte.
»Stell Grønbergs Teller zurück in die Cloche. Und das hier kannst du wegschmeißen.«
Der kleine Mann verschwand wieder hinter der Klappe. Kieffer merkte, wie die Anspannung von ihm abfiel. In wenigen Minuten würde es endlich vorbei sein. Während seine Konzentration nachließ, fühlte er, wie der verdrängte Zorn zurückkehrte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er brauchte dringend eine Zigarette.
In der Studioküche wurde nun die große Cloche gelüftet, die Kamera zeigte in einer Draufsicht alle Gerichte. Die mit Messern und Gabeln bewaffneten Jurymitglieder waren inzwischen auf die Bühne gekommen und probierten. »Toll, diese Rehkeule«, sagte einer der Juroren. »Und diese Koteletts erst. Die sind ja so was von butterzart!«
Nach einigen weiteren Mmmhs und Ahhhs kam es zur Abstimmung. Die Juroren erklärten Jensen zum Gewinner. Der Hamburger reckte eine Faust gen Decke, den kleinen Finger und den Zeigefinger abgespreizt. Die pompöse Orchestermusik setzte wieder ein, und Esteban breitete die Arme aus: »Bravo, Arne! Bravo Maestros! Was für ein wunderbares Kochquartett wir heute Abend hier erleben durften. Señoras y Señores, Applaus bitte!«
Das Publikum klatschte, und der Pampaprinz zwinkerte in die Kamera. »Der einzige Koch hier, der heute Abend noch gar nichts gekocht hat, das ist Esteban, sí? No va, das geht natürlich nicht, und deshalb, amigos«, er drehte sich in Richtung der vier Köche, »habe ich euch ein Gericht aus meiner Heimat mitgebracht. Muy simple und muy bien! Doch zuerst wollen wir noch ….«
Kieffer beschloss, dass es an der Zeit war, sich eine Ducal zu gönnen. Er wollte die Küche bereits verlassen, als er bemerkte, wie Eduardo in einem großen Suppentopf rührte, der mit einer grünlichen Flüssigkeit gefüllt war.
»Was ist das?«, fragte der Luxemburger
»Das ist die argentinische Spezialität, die den Sterneköchen gleich serviert wird. Locro de habas. Eine Suppe aus Favabohnen.«
Kieffer roch an der Suppe. Er legte eine Hand auf Eduardos Schulter und lächelte den Koch an. »Vielen Dank für deine Hilfe, Eduardo. Aber du kannst jetzt Feierabend machen.«
»Aber die Locro …«
»… mach dir keine Sorgen, mit Bohnensuppe kenne ich mich bestens aus. Das erledige ich selbst.«
Dann stellte Kieffer fünf Suppenteller auf ein Tablett und komplimentierte seinen Souschef sowie die anderen aus der Küche. »Geht ruhig schon was trinken, Jungs. Ich komme gleich nach.«
Als die Köche die Küche verlassen hatten, probierte der Luxemburger die Bohnensuppe und brummte: »Die ist ja viel zu
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