Letzte Fischer
Leibende ins Wasser eintaucht. Falls Frösche kommen, können sie so ruck, zuck abhauen. Die Eier werden dabei von unten in das Gewebe von Wasserpflanzen geradezu eingestochen. Wie ein Haken. Als Larve bleiben sie drei oder vier Jahre in ihrer Verpuppung, bis sie dann eines Frühlingstages herauskommen, sich aufwärmen, wobei die Flügel sich härten. Dann leben sie sorglos durch den Sommer hindurch und sterben im Herbst an der Kälte. Erfrieren ist ja kein qualvolles Sterben. Nur ein halbes Jahr haben Libellen Zeit, um Unmengen von Eiern abzulegen, aber damit sind sie vollauf beschäftigt.«
»Befruchtete Eier! Ein halbes Jahr lang Sex, stell dir das mal vor, Luise! – Und dann sterben!«
»Genau. – Diese frechen Libellen, die es schon seit über fünfzig Millionen Jahren gibt, verstehen zu leben! Oder länger, man weiß es nicht genau. Sie haben sich anpassen können, waren sie in der Urzeit doch auch noch groß. Bis zu einem Meter lang. – Libellen sind die Wale der Lüfte.«
»Los jetzt, aufs Krankenzimmer, bitte, ich kann nicht mehr. – Ich explodiere gleich! – Meine Flügel sind gehärtet! – Hart wie Stahl!«
»Du bist mir schon eine Libelle«, sagte Luise: »Auch ständig gefangen zwischen Neugierde und Scheu! Kein Insekt ist so neugierig wie der Helikopter der Natur – und dabei so scheu! – Mein Süßer, du bist eine Königslibelle!«
Sie küssten sich, ihre Hände strichen wild und schnell über die Körper, und gerade wollten sie sich erheben, als sie das Schott des Hauptraumes der Brücke zuschlagen hörten. Sie schraken zusammen, als der Kapitän einen Blick in den winzigen und schummrigen Raum warf. Er schüttelte den Kopf, ging dann zum Mikrophon, und während er eine Kursänderung befahl, wies er den Maschinenraum an, mit halber Kraft zu fahren.
»Und Sie, Doppelbläser , Sie klaren die Vorlast auf!«, sagte der Kapitän dann: »Allein, verstanden?«
»Verstanden, Sir . Vorlast aufklaren, Sir !« Tommy sprang auf, drückte sich an Luise vorbei, und während er die Hände in die Hosentaschen steckte, damit die Hose sich weit ausbeulte und nichts von seiner Unterleibsspannung sichtbar wurde, ging er zum Brückenhauptraum. Bedauernd warf er Luise einen Blick zu, die matt lächelte. Sie musste noch einen Moment sitzenbleiben, um sich ebenfalls zu entspannen. Sie hielt ihre Augen geschlossen, konzentrierte sich auf ein regelmäßiges Atmen, hörte Tommy gehen und schrak erneut zusammen, als der Kapitän in den kleinen Nebenraum kam und fragte: »Und wie geht’s Ihnen denn so, schöne Dame?«
»Wie soll es schon gehen?«, fragte Luise zurück und wurde misstrauisch, da der Kapitän sich genau dahin setzte, wo eben noch der Bootsjunge gesessen hatte.
Der alte, bärtige Kerl nickte, beugte sich nach vorne und stopfte sich eine Pfeife: »Die Wale lassen uns auf diesem Törn zappeln. Da kann man leicht auf dumme Ideen kommen. – Manch einer meint, Ihr hübscher Hintern wäre daran schuld, aber ich glaube das nicht.«
»Ich werde dann mal gehen«, sagte Luise, erhob sich, kam aber nicht an dem alten Mann vorbei. Er lehnte sich zurück, steckte sich das Ende der Pfeife zwischen die Lippen und musterte sie von unten. Sein Blick blieb an den Konturen ihrer Brüste hängen. Er lächelte versonnen, ehe er sagte, sie solle sich noch einen Augenblick setzen. Er müsse mit ihr reden. Von Mann zu Mann.
»Gut«, sagte Luise: »Was gibt es für Probleme? Eines mit der Mannschaft?«
Der Alte nickte: »Der Harpunier. Er macht Stimmung gegen Sie, gegen Sie als Frau. Ich glaube, er steht auf Sie! Es wäre gut, wenn er nie erfahren würde, dass Sie mit seinem Zimmernachbarn anbändeln. Er würde durch die Decke gehen, wenn er erführe, dass so ein Knirps von Bootsjunge ihn bei einer Dame wie Ihnen ausgestochen hat.«
»Verstehe«, sagte Luise: »Ich halte mich zurück.«
»Sie wissen ja, in der fanglosen Zeit bin ich der Kapitän, aber während des Fangs hat er alle Macht in der Hand. – Ich werde mich jedenfalls nicht mit ihm anlegen, nicht wegen eines Weibsstücks , Sie entschuldigen!«
Luise nickte wieder. Immer unangenehmer wurde ihr die Situation. Der schmierige Kapitän grinste beim Pfeiferauchen, dass ihr schwindlig wurde. Wieder erhob sie sich, und diesmal stieg sie kurzerhand über die Beine des Mannes hinweg. Sie hatte seine Hand am Gelenk gepackt, als er ihr gerade den Hintern tätscheln wollte. Sie drehte das Handgelenk leicht, ließ es sofort wieder los und sagte vom Hauptraum aus:
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