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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Harry Altwasser
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auf das letzte Fünkchen Leben. Nur im letzten Lebensmoment versteifte sich die kantige und raue Haut nicht, nur in diesem einzigen Moment richteten sich die Stacheln nicht auf. Nur im letzten Sterben blieb die abgezogene Haut geschmeidig und konnte so den enormen Marktwert erreichen. Rösch musste dem fast toten Tier zärtlich die Haut nehmen, um die einzigartige Farbe auf der Hautinnenseite zu bewahren. Dies war sein großes Geheimnis, das er niemandem verriet.
    Sollte er es eines Tages jemandem verraten? Wenn er von Bord gehen sollte? Vielleicht dem jungen Ismael? Aber wie lange gab es die Welt der Hochseefischer noch? Für den jungen Ismael noch lange genug?
    Wenn die Kräfte des Fisches fast abgestorben waren, wenn der Tod sich aber noch nicht gräulich über die Haut gelegte hatte, dann war jener letzte Lebensmoment gekommen.
    Robert Rösch hatte es vor drei Jahren nur zufällig herausbekommen. Damals hatte er die Schnitte über die Augen der Seefledermaus zu früh gesetzt und so dieses fundamentale Ergebnis erzielt. Kein Zittern der Haut, kein Aufbäumen der Rückenmuskeln, sie durfte sich nicht mehr wehren, auch nicht mit dem Tod. Robert Rösch nickte vor sich hin: Die Kurznasenseefledermaus musste sich, quasi in Todestrance, bei sterbendem Leib häuten lassen.
    Freiwillig.
    Robert Rösch schloss nun selbst die Augen und strich mit den bloßen Fingern über die raue Haut, umkurvte die Knorpel mit den Stacheln, strich über den Kopf, betastete die Augenlider, unter denen es nicht mehr zuckte. Doch! Doch noch einmal! Was für ein starkes Tier! Rösch bekam Achtung vor dem Tier, Respekt. So einen langen Todeskampf hatte er auch noch nicht erlebt. Sollte er das Tier wieder in die Freiheit entlassen? Seine Kollegen würden ihn lynchen! Sie hatten die Anzahl der Tiere gesehen. Es mussten also am Ende auch acht Häute sein. Sie wollten alle ihren Anteil am unverhofften Zuverdienst.
    Nichts zu machen!
    Was für ein Glück er doch hatte, diese schmalen Mutterhände zu haben. Er sah kurz zu den anderen Männern, die mit ihren breiten und steifen Vaterhänden im Akkord arbeiten mussten, schwer arbeiten mussten. Rösch sah sich um, niemand beobachtete ihn. Er nickte dem Tier zu und nahm das kurze Schlitzmesser in die Hand, das Haudegen extra noch einmal nachgeschliffen hatte.
    Zwei kurze Schnitte setzte Rösch oberhalb der Augen des Tieres und sah lächelnd, wie es nur ein einziges Mal mit dem Schwanz schlug. Perfekt. Ja! Er nahm dem Tier mit der Haut die Seele.
    Langsam umkreiste er die Augen mit der Spitze des Messers, zog dann den Schnitt einmal um den Kopf herum und legte das Werkzeug wieder weg.
    Mit beiden Zeigefingern drang er von vorne seitlich zwischen Haut und Fleisch ein. Er dehnte die Haut, die Stacheln standen starr in der Luft. Das Gift tropfte aus ihnen heraus. Geduldig dehnte Rösch die Haut immer mehr, umkreiste den Körper des Fisches dabei mehrmals, und war er dem Tier zuerst nur mit den Fingerkuppen unter die Haut gekommen, so befanden sich die Finger alsbald mit der gesamten Länge im Fisch. Rösch dehnte weiter, er war schon am Schwanzansatz angekommen.
    Er spürte das mechanische Zucken des Fleisches und sah das Gift von der Haut rinnen. Schließlich hatte er den Leib von der Haut getrennt. Er absolvierte noch eine Prüfrunde, fand aber keinen Widerstand mehr.
    Spezialist Robert Rösch öffnete die Augen wieder und zog die Finger heraus.
    Fast kein Blut war an seinen Händen. Er hob das Tier am Schwanz hoch, spritzte den Arbeitstisch und den Tierleib mit einem dünnen Wasserstrahl ab, wobei das Fischgift herunterrann, und begann, den Kadaver mit kurzen Handbewegungen vom Schwanz her aus der Haut zu stoßen.
    Wenig später fiel der schwere Kopf mit dem kompletten Leib auf die Tischfläche. Rösch hielt die kostbare Haut in Brusthöhe vor sich und musterte sein Werk. Nirgends eine Einkerbung oder ein Einstich. Sie war unbeschädigt und vollkommen leer.
    Er hob sie ein wenig höher, stülpte sie am Rand um und staunte wieder einmal über die purpurne Farbe der Hautinnenseite. ›Schöner als jeder Papstmantel‹, dachte er und roch den Amberduft, der ihn betörte.
    Was für ein Geschenk der Natur! Jahrtausendelang verborgen und nur zufällig gefunden. Robert Rösch überlief eine Gänsehaut, ehe er die Hülle an eine Klammer über sich hängte und drei Mal kurz durch die Halle pfiff.
    Augenblicklich sahen sich alle Männer nach ihm um, johlten begeistert und schlugen freudig auf die Metallränder

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