Letzte Fischer
zurück: »Ansehen, prüfen. – Vielleicht haben sie mehr als nur den einen Fetzen da an Bord.«
Der Offizier nickte und sagte: »Ganz meine Meinung! – Gehen Sie mittschiffs auf die Backbordseite. Wir lassen sogleich einen Kutter ab.«
Robert nickte, stieg die Nocktreppe hinunter und hörte, wie durch die Lautsprecher die Kutterbesatzung aufs Oberdeck bestellt wurde. Wenig später saß er mit dem Zahlmeister und zwei Männern der Deckwache in dem kleinen Boot, das mit einem Kran heruntergelassen wurde. Es schlug hart auf die Oberfläche der stillen See auf, die Haken wurden ausgeklinkt, und der Motor wurde gestartet. Robert sah, wie der alte Mann das Segel der Piroge einholte und beidrehte.
Seefledermausspezialist Robert Rösch ging davon aus, er werde gleich eine Rote Seefledermaus sehen. Diese Art sei vom japanischen Ibaraki bis nach Korea und Indien bekannt. Sie werde bis zu dreißig Zentimeter lang, und die Haut werde bei einer Berührung am Bauch und am unteren Teil des Kopfes körnig. Entdeckt worden sei sie erst am vierundzwanzigsten April neunzehnhundertneunundneunzig, aber seitdem breite sie sich rasend schnell aus. Früher habe sie die tiefsten Stellen der Tiefsee bewohnt, aber irgendetwas treibe sie jetzt ins seichte Wasser. Ihr Fleisch sei ungenießbar und interessiere auch keinen anderen Fisch. Wie alle Arten der Seefledermaus gehöre auch sie zu den bizarrsten Meeresfischen. Sie war phylogenetisch mit den Fühlerfischen verwandt. Gut entwickelte Brustflossen, die sich funktionell zum Liegen auf einem Substrat hin entwickelt hatten. Der Körper war von oben gesehen dorsoventral stark abgeplattet und fast rund in seiner dreieckigen Form.
Wenn es ein Krötenfisch war, dann sei der Körper schmaler und die Haut rauer. Der Bauch sei breiter, und vor den Augen befinde sich ein Hautfortsatz, der dem Krötenfisch als Köder diene. Dieser Fisch bleibe immer am Boden und bewege sich kaum. Er lasse seinen Köder in der Strömung baumeln, und wenn ein kleinerer Fisch vorbeischwimme und aufmerksam werde, dann öffne der Krötenfisch lediglich das Maul, in das die Strömung den getäuschten Jäger unaufhaltsam hineintreibe. Der kleinere Fisch werde verspeist, und sogleich schließe der Krötenfisch das Maul wieder, um lethargisch auf neue Nahrung zu warten.
Dieser Köder war der große Unterschied zur Roten Seefledermaus, die sich nur ein wenig von der Kurznasenseefledermaus unterschied, deren Haut in Frankreich mit Gold aufgewogen wurde.
Beide Arten hatten große Brustflossen und eine Vielzahl von Stacheln auf der Rückseite. In diesen Stacheln befand sich ein Gift, das für den Menschen noch zehnmal tödlicher war als das von Schlangen. Alle Seefledermausarten lebten in sandigem Gebiet, oft bis zur Hälfte vergraben, so dass sich nur die obere Haut mit den Stacheln außerhalb des Sandes befand. Die Haut war das Jagdgerät dieser nachtaktiven Tiere, und diese Haut war es auch, derentwegen die Kurznasenseefledermaus gejagt wurde; erneut spähte Robert durch den Seestecher: Der Junge hatte das Tier noch immer in der Hand. Er hatte sich aber ein Tuch um die Finger gewickelt! Robert hielt das für ein gutes Zeichen.
Er winkte den fremden Fischern zu, die seinen Gruß stumm und neugierig erwiderten. Der Kutter wurde langsamer, und schließlich lagen die beiden Boote im Päckchen. Robert kletterte aufs andere Boot und reichte erst einmal dem alten Mann die Hand, der sie erstaunt nahm, ohne sie zu drücken, ehe Robert nach vorne zum Jungen ging, der den Fisch vor sich auf die Planken gelegt hatte.
›Eigentlich zu groß‹, ging es Robert durch den Kopf: ›Aber was heißt das schon!‹
Er drehte den träge zappelnden Fisch auf den Rücken und rieb ein wenig an der unteren Haut. Dann drehte er ihn wieder um und nickte. Kein Zweifel! Es war tatsächlich eine Kurznasenseefledermaus! Fast dreißig Zentimeter lang. Die Haut war in tadellosem Zustand, doch was das Wichtigste war: Der Fisch lebte noch!
Er war also nicht mit einem Schleppnetz hochgeholt worden, er war mit einer Grundangel langsam und mechanisch an die Wasseroberfläche gebracht worden, so dass er sich dem veränderten Druck anpassen konnte und nicht ertrunken war. Sie hatten also Zeit! Seefledermausspezialist Rösch nickte dem Zahlmeister zu. Im Stillen schätzte er den Wert dieser einen Haut auf zweihundertvierzigtausend US-Dollar.
Er bekam Atemnot, als der Junge ein Tuch von einem Eimer zurückschlug und ihm den Eimer zuschob. Sieben weitere
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