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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Harry Altwasser
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Verletzten und – alles Weitere behalte ich mir vor! – Ich bin der Dritte Offizier des Fischtrawlers Saudade . – Wir haben siebenundsechzig verschiedene Nationalitäten an Bord! Ergeben Sie sich, so lange Sie es noch können! – Die Welt ist gegen Sie!«
    Die sieben Piraten kamen langsam die Treppe herunter. Sie hielten Maschinengewehre im Anschlag, und dem Zahlmeister wurde es jetzt doch mulmig. Er begriff, dass die Kidnapper die Versorgungslast aufgebrochen haben mussten. Sie hielten Schnapsflaschen in den Händen: der zwölf Jahre alte Whisky des Kapitäns, der Gin zum Mixen, Väterchens Wodka, all die Flaschen hatten sie aufgeschraubt und kamen lachend und johlend mit ihnen herunter.
    Nur eine einzige Gestalt blieb oben am Schott. Kroatischer Riese hatte sie fixiert. Zu ihr wollte er. An ihr musste er vorbei. Er achtete gar nicht auf die Betrunkenen und kroch so unauffällig wie möglich zum Ende der Treppe, auf deren unterstem Absatz die Hijacker stehen geblieben waren. Kroatischer Riese robbte über Leichname, schlängelte sich durch Fischberge, er wusste aus seiner Zeit als Balkankrieger, er dürfe die Feinde niemals direkt ansehen. Er müsse immer an ihnen vorbeisehen, so werde niemand auf ihn aufmerksam.
    Er gelangte tatsächlich bis zur untersten Stufe der Treppe, wo er sich hinlegte. Er stellte sich tot. All seine Muskeln waren angespannt. Er horchte und witterte seine Chance.
    Der Dritte kniete immer noch inmitten seiner vielen toten Kollegen. Neben ihm hockten der indische Zahlmeister, Knirschender und Robert Rösch.
    Robert reichte dem jungen Offizier ein weißes Tuch, das vor ihm gelegen hatte. Der Dritte nahm es und schwenkte es, während die betrunkenen Piraten in den Bunker sprangen, über Kroatischen Riesen hinweg, und zur Gruppe der Überlebenden kamen. Sie umkreisten die Fischer und lachten immer noch.
    Sie zogen den Kreis immer enger und begannen damit, auf die umliegenden Toten zu schießen. Kurze Feuerstöße, aus der Hüfte heraus, ohne zu zielen. Sie tranken aus den Flaschen, und plötzlich stürzte Knirschender nach vorne, riss drei von ihnen mit sich und begrub sie unter sich. Er hatte ein Gewehr in der Hand, ballerte schreiend auf die liegenden Piraten und merkte erst spät die vielen Kugeln, die ihm in den Leib gedrungen waren. Fluchend fiel er auf die Knie und sackte zur Seite weg.
    Niemand achtete derweil auf Kroatischen Riesen , der schon auf dem zweiten Treppenabsatz war. Nur noch zwölf Stufen. Er sah schon die Stiefelsohlen der Gestalt, die schweigend im Schott stand und auf den Zehen hin und her wippte.
    Robert ließ sich bei den ersten Schüssen sofort fallen. Ein Brennen im Oberschenkel, und während er sich auf den Bauch drehte, sah er den Inder und den Dritten sterben. Robert Rösch schloss die Augen und hoffte, übergangen zu werden. Er hielt den Atem an, sah durch einen Spalt, wie die Afrikaner Leiche um Leiche durchsuchten. Sie nahmen Bargeld, Ketten und zogen die vielen Eheringe von den Fingern.
    Zwischendurch ballerten sie zur Decke, als plötzlich ein Rumpeln zu hören war. Robert sah, wie das Schott zuschlug und betete, während Kroatischer Riese im Längsgang c vier mit dem Piraten kämpfte. Er hatte ihm die Waffe aus der Hand geschlagen und johlte auf, als er merkte, dass er einen weiblichen Piraten vor sich hatte.
    »Mein Name ist ›Rache‹!«, brüllte er und schlug nach der wendigen Frau. Sie wich Mal um Mal seinen Schlägen aus, aber er hatte sie in die Enge getrieben. Sie konnte ihm nicht entwischen. Er brüllte wild, fing sie ab, als sie mit den Füßen voran auf ihn zusprang.
    Die Maske fiel ihr ab. Er sah ein asiatisches Gesicht und brüllte: »Mein Name ist ›Rache‹!«
    »Und mein Name ist Wung Lee! Ich bin die Schlange von Afrika !«, sagte die Frau eiskalt, und Kroatischer Riese stutzte kurz, als er hörte: »Und wer mein Gesicht gesehen hat, der stirbt!«
    Von innen wurde gegen das Frischwasserbunkerschott gehämmert. Wenig später waren weitere Piraten im Längsgang c vier. Mit einer Handbewegung hielt Wung Lee sie zurück. Sie sagte: »Der ist für mich!«
    Sie kämpften lange. Es war ein erbitterter Kampf. Der stark geschwächte Mann von ›verbrauchtem Schrot und Korn‹ bekam die durchtrainierte und flinke Frau von ›frischem Mut und Können‹ nicht unter Kontrolle. Aber auch sie gewann nicht die Oberhand.
    Es war mehr als ein Kampf zweier Menschen. Es war ein Kampf zweier Zeiten. Die afrikanischen Piraten warteten schweigend ab, auch sie

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