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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Harry Altwasser
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irgendwie, oder? Luise! Ich muss jetzt mit meiner Tochter telefonieren. Behalte die vierzig Cent einfach! Ich komme Mittwoch wieder spielen«, hatte Mathilde gesagt, während sie die Tür aufgeschlossen hatte. Sie war schon auf der Straße, als Tina rief: »Ja, aber! Was ist mit den neuntausend und?«
    Die Ladentür schlug automatisch ins Schloss.
    ›Arme Mathilde‹, dachte Tina, während sie den Lottoschein in einen Umschlag steckte und ihn zu den Quittungen legte: ›Ich werde alle Zeitungen abbestellen!‹
    Dann ging sie ins Hinterzimmer und setzte sich an den alten Küchentisch, den sie von zu Hause mitgebracht hatte. Sie strich mit der flachen Hand über das abwaschbare Tischtuch und sah aus dem Fenster. Auf der neuen Straße, die gegenüber vom Gemeindezentrum von der alten Hauptstraße abging und diese mit der neuen Hauptstraße verband, bewegte sich nichts. Die Parktaschen gegenüber dem langen und schmalen Container auf einer kleinen Anhöhe waren leer. Tina sah auf die Blumen, die sie am Eingang gepflanzt hatte. Dann sah sie auf die Uhr. Wieder strich sie über die Plastiktischdecke und dachte erneut: ›Arme Mathilde.‹
    Sie erhob sich und setzte Wasser auf, als die Türglocke ging. Tina schaltete den Wasserkocher wieder ab und kam in den Laden, wo die sorgsam geschminkte Freundin eines Fußballspielers einen Ladenrundgang machte. Ihr Freund spiele bei ›Hansa Rostock‹, wusste Tina, und sei Stammspieler. Sie grüßte die junge Frau und wurde beim Anblick der blonden, glänzenden Haare neidisch.
    Fast alle Spieler des Fußballclubs wohnten im Ostseebad und kauften jeden zweiten Samstag die Brötchen bei ihr. Tina grüßte sie immer, als wären sie einfache Menschen, und sie merkte auch, dies gefalle den Millionären irgendwie. Die meisten stammten ja auch aus einfachen Verhältnissen, dagegen deren Frauen und Freundinnen! Tina seufzte leise und fragte: »Was kann ich für Sie tun?«
    »Gibt es denn gar keine Zeitungen?«
    »Heute leider nicht!«
    »Ich brauche aber meine ›Bild‹ zum Frühstück! Sonst bin ich gar kein richtiger Mensch!«
    »Das tut mir leid«, sagte Tina und sah verstohlen auf die Uhr: zehn Uhr zweiundfünfzig. Sie sagte: »Das passiert sehr selten mit den Zeitungen!«
    »Beschweren Sie sich doch! Also, ich würde mir das nicht gefallen lassen.«
    »Ach, jeder macht mal Fehler«, sagte Tina und nahm den kleinen Plastikkorb, den die Blondine ihr hinhielt: drei Diätjoghurts, zwei Apfelsinen und einen Piccolo.
    »Macht dann neun Euro achtundsechzig«, sagte Tina und nahm den Zehneuroschein, den die Frau ihr wortlos gegeben hatte.
    »Ist etwas mit Ihnen?«, fragte die Fußballerfreundin: »Sie sehen so geschockt aus?«
    »Nein, es ist nichts. Entschuldigen Sie bitte!«
    »Ach was! – Ist mit Ihrem Sohn etwas? – Also, wenn ich helfen kann? – Soll ich ihn irgendwohin fahren? Sie müssen wissen, ich habe mal Krankenschwester gelernt. Ich habe zwar nie in dem Beruf gearbeitet, aber ich kann mit Kranken doch recht gut umgehen!«
    »Mein Sohn ist nicht krank! – Was wollen Sie?«
    »Ja, sicher. Entschuldigen Sie! Offensichtlich bedrückt Sie etwas. Das sieht man Ihnen doch an, meine Liebe!«
    ›Ich bin nicht Ihre Liebe‹, wollte Tina zuerst aufbrausend erwidern, doch dann stützte sie die Arme auf die Verkaufstheke, und obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, nicht zu tratschen, sagte sie: »Ach, es ist so furchtbar! Sie kennen doch die Familie Rösch?«
    »Die auf der Klippe wohnt? In diesem eleganten Riesenhaus? Skandinavischer Baustil? – Aber ja! Was ist mit denen?«
    »Der Mann ist doch Hochseefischer . . .«
    »Da verdient man so viel?«
    »Das weiß ich doch nicht!«
    »Entschuldigen Sie! – Was ist mit dem Mann?«
    »Umgekommen! Auf See! Von Piraten ermordet! Wie man es sonst nur im Fernseher sieht!«
    »Oh, mein Gott, die Ärmste!«
    »Ich habe es eben erst erfahren. – Da fragt man sich doch, ob das alles einen Sinn hat, das ganze Abmühen!«
    ›Was heißt hier abmühen?‹, wollte die blonde Frau erst fragen, unterließ es dann aber und meinte, man dürfe die Fischerfrau jetzt nicht alleine lassen.
    »Meinen Sie?«
    »Aber ja! – Wenn Sie Mittagspause haben und wenn ich eine Kleinigkeit gefrühstückt habe, dann gehen wir sofort zu ihr! Aber sofort! – Wohnt die Ärmste nicht ganz alleine in diesem Riesenhaus? – Ich glaube, es hat zwei Balkone und eine Terrasse!«
    »Ja, sie wohnt zur Zeit allein.«
    Angefangen hatte es mit zwei mal zwei Klingelzeichen, die

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