Letzte Gruesse
Haarpracht, der sich im übrigen Zeit ließ, der alle möglichen Umwege fuhr, um Alexander zu zeigen, wie gut man es gemacht hatte, ihn hier, in dieser wundervollen Gegend unterzubringen, wenn auch in einem zweitrangigen Hotel.
Noch drei Stunden bis zum Abflug, man hatte Zeit, mehr als genug...
Er strich wieder und wieder durch das Haupthaar, kraulte sich an der Gurgel, und er zeigte auch die Hände vor: auf jedem Fingerballen ein kleines schwarzes Pölsterchen.
Sowtschick sagte, daß es ihm so scheine, als ob sich die Wellen in seinem Haar auf reizvolle Weise gegenläufig im Bart wiederfänden, noch nie so gesehen wie bei ihm.
«So? Meinen Sie? - Es stimmt eigentlich. Sie haben recht. - Ihnen steht der Schnurrbart auch nicht schlecht. - Sind Sie verheiratet?»Ja, er sei verheiratet, sagte Alexander, und er erzählte von seiner Frau, daß sie Marianne heiße. Jetzt allein zu Haus, und er habe keine Ahnung, was sie jetzt dort anstellt! - Deren Haar beginne übrigens silberweiß zu werden, ein besonderes Stadium fraulicher Schönheit … Vierzig Jahre seien sie jetzt schon zusammen.
Da lachte der Fahrer, der seinerseits nicht verheiratet war, ein herzliches Männerlachen … Vierzig Jahre?
Es war noch reichlich Zeit, man konnte einen weiteren Umweg riskieren. Hier ganz in der Nähe befinde sich das Anwesen des Filmschauspielers Clunt Migush...«Sehen Sie, da oben das weiße Haus? Vierundvierzig Zimmer und drei Swimmingpools …»Jetzt war es mit Stacheldraht umgeben und verlassen. Es passiere hier in der Gegend immer wieder was, und wer wolle sich schon gern abgemurksen lassen? - Gleich daneben das Gästehaus der Universität, eine Stiftung von einem reichen Ölpapst.
Er lobte Alexanders Englisch.«Es klingt, als ob Sie Russe wären», sagte er.«Oder beleidige ich Sie damit?»- Ein gutes Englisch sei was wert.«Ihr Kollege hat zwei Stunden lang englisch gesprochen, der Herr Schätzing, und niemand hat auch nur ein einziges Wort verstanden!»
Die jungen Damen vom Journalistencollege hätten sich totgelacht.
Dem Schätzing sei es übrigens nicht gut gegangen, sein Bein, irgendwas mit seinem linken Bein …
Schön gemütlich fuhren sie durch die bequeme Landschaft dahin, und der Mann konnte einige Fragen loswerden, die ihn schon lange quälen mochten: Ob die Bundeswehr reaktionär wär, man höre so manches? Wohl eher nicht? Was? Nein? Eher lasch? -«Warum haben sie eigentlich den Stechschritt abgeschafft? »Im Fernsehen hätte er die Wachablösung gesehen, in Ostberlin, ganz schön stramme Burschen … Aber damit sei es ja nun wohl bald aus. Die DDR pfeife wohl aus dem letzten Loch...
Daß Alexander bei der Artillerie gewesen war, interessierte ihn.
Er habe zwei Jahre in Südkorea gelegen,«Auto Motor Parts supply». Ehrlich gesagt, die Kommunisten könne er nicht leiden. Er öffnete das Handschuhfach, suchte die Sonnenbrille, und bei der Gelegenheit ließ er Alexander ein paar Fotos sehen, auf denen er am Strand Handstand macht. Das war in Südkorea gewesen, und er würde da jederzeit wieder hinfahren. An der Demarkationslinie habe er auch mal kurz Dienst getan. Daß so etwas möglich ist, einfach ein Land mittendurch schneiden?
«Wir haben noch viel Zeit», sagte er, und sie schlichen in dem braun-bronzierten Wagen dahin. Seine goldene Armbanduhr zeigte auf ihren Zifferblättern nicht nur die Ortszeit an, sondern auch, wie spät es in Korea ist und in Wladiwostok. Außerdem die verschiedenen Mondphasen. Auf der Unterseite war eine Glasscheibe eingelassen, damit man das Werk sehen kann, wie es atmet. Alexander durfte die Uhr in die Hand nehmen und sich alles genau angucken. Das Armband war etwas speckig, das war nicht zu leugnen.
Noch zwei Stunden Zeit, war das nicht etwas knapp? Über seine beiden Reisetaschen hinweg verfolgte Alexander die Links- und Rechtsschwünge der Straße.
Und dann gab es einen Halt. Ein langer Zug überquerte die Straße, und das dauerte seine Zeit. Klipp-klapp, ein Waggon nach dem anderen.
Der Fahrer stieg aus, er mußte eben mal ins Gebüsch. Ob auch sein Penis Behaarungen aufwies?
Alexander nahm die Gelegenheit wahr und schob seine Taschen auf den Rücksitz. So war es wesentlich besser. Der Wind fuhr ihm von hinten in die Haare, und sie umstanden seinen Kopf wie eine Gloriole.
Die Lokomotiven zogen über hundert Waggons, es dauerte verdammt lange, bis sie endlich vorübergeklappert waren.
In Amerika fahre man ganz allgemein etwas
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