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Letzte Gruesse

Titel: Letzte Gruesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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legte er einen Dollar auf den Tisch fürs Personal, das mußte man schon machen. Und dann ging er nach unten.
     
    Dry toast with butter. Er strich sich Orangenmarmelade auf das Brot. Das Ei war leider hart und der Kaffee plürrig, das war nun einmal nicht zu ändern. Zu Hause würde man es wieder anders halten, da gab es dann ja auch das gute Steinofenbrot aus Kreuzthal.
    Er nahm sich das Gästebuch vor, das man ihm hingelegt hatte. Im Zuge der«Deutschen Wochen»war Scharrenhejm vor ein paar Tagen hiergewesen, er hatte nur seinen Namen eingetragen, schlicht und einfach, so wie es eines Tages wohl auch auf seinem Grabstein stehen würde. Ellen Butt-Prömse hatte unter ihren Namen gesetzt:«Peace! Es war wunderschön!»
    Ja, peace in doppeltem Sinne: mit sich selbst und mit der Welt im Einklang sein …
     
    Alexander schrieb in das Gästebuch, daß er hier wieder zu sich gekommen wär nach der langen Reise, und daß er das dem gastlichen«Yodler»-Haus danke und seiner netten Mannschaft, das schrieb er darunter.
     
    Dann stand er frohgemut an der Rezeption. Die Reisetaschen links und rechts bei Fuß, den Karton mit den Fotos unter dem Arm.
    Er verabschiedete sich freundlich von dem gesamten Personal - war man nicht schon etwas vertraut miteinander geworden? -, und er dankte in jede Richtung, daß man ihn in Ruhe gelassen hat, so ein wunderbares Hotel! Der Service und das Essen! Nun gelte es, Abschied zu nehmen. In Deutschland sage man in einem solchen Fall«Auf Wiedersehen». Good-bye also! Und vielen Dank.
     
    Wieso«Good-bye»?, fragte die Angestellte, die einen strengen Dutt im Nacken trug, hinter dem Tresen sortierte sie Belege, und sie hielt ihm die Zimmerrechnung hin, daß er sie noch bezahlen muß. Was denkt er denn? Das Zimmer plus«tax»und Bedienung und diverse Portionen Kakao extra. Die Minibar! Das Verpackungsmaterial nicht zu vergessen. Und das Klebeband? Sowtschick fragte: Wieso? - Zahlte das Zimmer denn nicht das Institut in New York? Die hatten doch bisher immer alles bezahlt?
    «I am a novellist, and I am invited …»
    Davon wüßten sie nichts, sagte das Fräulein. Im Computer des«Yodlers»fand sich jedenfalls kein entsprechender Vermerk.
    Das deutsch-amerikanische Institut hatte die Begleichung der Hotelrechnung offensichtlich auf sich beruhen lassen. Es lag nicht das Geringste vor.
    Jetzt dort anzurufen und die Sache klarzustellen war sinnlos, in New York pennten zu dieser Stunde gewiß noch alle, da schloß jetzt höchstens der Pförtner die Türen auf.«Deutsche Wochen»? Das würde heute mal wieder ein heißer Tag werden. Das gesamte Kölner Symphonieorchester wurde erwartet, mit Pauken und Trompeten!
     
    Auch in München würde keiner zu erreichen sein. An Alexander Sowtschick, den Autor aus Deutschland, Verfasser mehrerer Romane, die allesamt Aufsehen erregt hatten, dachte dort in dieser Stunde niemand. Den Keyserling-Ring verliehen bekommen, als ihn noch keiner hatte. Und Träger des so renommierten Hebbel-Preises. Daß dieser Mann jetzt auf sich allein gestellt im fremden Land deutsche Kultur repräsentierte, das war den Leuten dort nicht bewußt.
    Ein etwas schwieriger Typ dieser Sowtschick … es war die Frage, ob man sich den Mann noch ein weiteres Mal aufladen sollte. Ein rotes Fragezeichen stand ohnedies schon auf der Akte, weil es bereits bei der ersten Reise, vor Jahren, aus nichtigem Anlaß zu heftigen Szenen gekommen war.
     
    Alexander wechselte die Brille und kramte zitternd die Reisepapiere hervor. Einen Augenblick, das würde man gleich haben! - Als er sich über seine Taschen bückte, fiel ihm sein frisch gewaschenes Haar locker über das Gesicht … Es half gar nichts, daß er sagte, das wär ja allerhand, und nie!, nie wieder werde er nach Amerika kommen, das könnten sie sich gesagt sein lassen. Aus und vorbei! Schluß!
    Er verlangte den Chef zu sprechen und schob sich zu dem strengen Mädchen hinter den Tresen und sah ihr über die Schulter, was das hier für eine Wirtschaft ist! Aber der Rechner arbeitete nach einem verwirrenden System, aus den Zahlenkolonnen in verschiedenen Farben wurde er nicht klug. Außerdem flatterten über den Text virtuelle Schmetterlinge, und aus einem kleinen Lautsprecher zwitscherten Vögel.
     
    Es war nicht zu leugnen: In seinen Papieren war von einer Übernahme der Hotelkosten keine Rede. Also wieder einmal nicht aufgepaßt! Na warte, New York, er würde den Leuten dort schon noch Bescheid geben!
    Und in Sassenholz dann einen

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