Letzte Gruesse
ein Topfboden heraufkäme der«Schluß!»signalisierte. An einen umgedrehten Handschuh mußte er denken, das Innerste nach außen.
Aber dann ging es anderwärts los, und das war auch nicht von schlechten Eltern. Sowtschick fragte sich, wie denn ein derartiger Durchfall überhaupt möglich sei!
Zwischen den einzelnen Schüben schleppte er sich wieder und wieder auf sein nach Tabakqualm riechendes Blumenbett, voll Hoffnung, daß es nun vorbei sei. Er machte das TV an und lauschte gleichzeitig dem vielfachen Straßengeheule da draußen. Warum habe ich mich darauf eingelassen?, fragte er sich, nach Amerika zu fliegen? Warum bin ich nicht in Sassenholz geblieben? Und er dachte an seinen Schwimmgang und an das Kaktuszimmer, in dem die Amaryllis jetzt blühte, und an Marianne, wie sie ihm die Blüte hindreht mit ihren lieben, feinen Händen. Aber dann mußte er schon wieder aufstehen, nein, es war noch immer nicht Schluß.
Wenn ihm das in Japan passiert wäre, wo die Leute im Schneidersitz rohen Fisch zu sich nehmen, hätte ihn das nicht gewundert. Aber in Amerika? Da rechnet man doch nicht mit so was! Immerhin, das feurige Horn auf der Netzhaut war ihm nicht erschienen, trotz aller konvulsivischen Zuckungen, das war noch ein Trost.
«Warum habe ich mich auf dieses Abenteuer eingelassen?»fragte er laut, doch eine Antwort wurde ihm nicht zuteil.
7
Am nächsten Morgen rief er im Institut an, und er sprach es ins Telefon, schwächer als nötig, daß er hier festliege und es schwer bereut, nach Amerika gekommen zu sein. Wär er bloß zu Hause geblieben! Am Flughafen schon so impertinent, ihn zurückgezerrt, nur weil er über einen Kreidestrich getreten ist … dann dieses vergitterte Hotel, wie in einem Gefängnis fühle er sich, und nun noch durch und durch vergiftet von einem einfachen Hamburger? - Die deutsche Sekretärin meinte, das sei auch schon anderen passiert, und im übrigen gebe es das auch in Deutschland, daß man sich den Magen verdirbt, sie zum Beispiel könne Pflaumenmus nicht vertragen … Über was für einen Strich sei er denn da getreten? Das verstehe sie ja nun überhaupt nicht.
Alexander kleidete sich auf dem Bett sitzend an und bestellte ein Taxi. Bloß raus hier! Vielleicht würde sich der Körper wieder erholen, wenn er die Spelunke verließe?
Als er mit seinen Taschen nach unten fahren wollte, erwies es sich, daß er zu schwach dazu war. Auf dem Flur knickten ihm die Beine ein, und sein Geist verschleierte sich. Er kam erst wieder zu sich, als ihn eine junge Frau anlächelte mit ihren sehr regelmäßigen Zähnen und ihm ein Glas Wasser einflößte. Sie geleitete ihn ins Foyer, wo der Kassierer gänzlich ratlos war, denn Sowtschick wollte seine Rechnung mit Dollars bezahlen, schönen grünen Dollars, nagelneu, die er sich von der Dorfsparkasse von Sassenholz hatte besorgen lassen. Bargeld? Das war hier nicht üblich, hier wurde mit der Scheckkarte bezahlt, mit Bargeld konnten sie überhaupt nichts anfangen!
Die Dollars wurden zurückgewiesen und die Schecks der Sassenholzer Raiffeisenkasse ebenfalls, und zwar brüsk. Was sind denn das für Dinger? Da nahm man doch lieber die vertrauten grünen Scheine, wenn man sie auch gegen’s Licht halten mußte, einen nach dem anderen.
Im Taxi machte er dann den Fehler,«5th Street»zu sagen statt«5th Avenue». Der Fahrer, ein Grieche, wunderte sich schon, was dieser Herr mit der sonderbaren Mütze in der 5. Straße will, und er fuhr zögernd immer weiter hinunter in immer armseligere Gegenden, Häuserblocks, deren Fenster mit Brettern vernagelt waren. Zwischen den Trümmern zusammengebrochener Gebäude standen frierende Menschen an offenen Feuern. Die Schlaglöcher auf der Straße mit Stahlplatten zugedeckt. Hätte Sowtschick hier aussteigen sollen und den Menschen etwas vorlesen? Hetzjagd in Andante?
Ob er sicher sei, daß dies die richtige Adresse ist? 5th Street? Ein Institut? Nein, hier in dieser Straße gäb’s kein Institut. Endlich klärte sich die Sache auf, Street mit Avenue verwechseln, das kann ja passieren. Aber es darf nicht passieren! Die Folgen können erheblich sein! - Der Fahrer machte, daß er wegkam aus einer Gegend, in der Nacht für Nacht Leute abgeschlachtet wurden.
Alexander hätte dem Mann gern Bericht erstattet von der furchtbaren Nacht, die er hinter sich hatte, daß er als Quasihamburger einen Hamburger gegessen habe, aber er war zu schwach dazu. Er sehnte sich nach einem Bett, das war die ganze Wahrheit. Eine
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