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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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von der Geschlechtskrankheit etwas wissen dürfe, niemand. Doktor Krämer hat zwar bei seinem Leben geschworen, keiner Seele etwas zu sagen, jedoch war ja Koch nicht dafür bekannt, Vertrauen zu Leuten zu haben. Was haben wir noch? Wir haben Martin Sommer, der gestanden hat, den Häftling Krämer zur Postenkette gebracht und dieser den Befehl gegeben zu haben, Doktor Krämer zu erschießen. Damit dieser Mord vertuscht werden konnte, wurde auch der gerade zufällig anwesende Häftling Peix mit erschossen, weil so der Anschein besser gewahrt werden konnte, diese Insassen seien angeblich auf der Flucht erschossen worden. Sommer hat die Morde eingeräumt und geltend gemacht, dass dies auf Befehl von Standartenführer Karl Koch geschah, weil Koch dem Sommer vorgegaukelt hat, er habe einen Befehl vom Reichsführer SS, in dem stehe, ihm, Koch, sei unbedingte Treue entgegenzubringen. Alles, was Koch wolle, müsse gemacht werden. Jedoch konnte der Angeklagte Koch so einen schriftlichen Befehl nicht vorweisen, auch ergaben unsere Untersuchungen in Berlin, dass so ein Befehl die Räume der Reichsführung SS niemals verlassen hat. Im offiziellen Protokoll des Konzentrationslagers ist der Eintrag zu finden, die Männer seien auf der Flucht erschossen worden, Martin Sommer jedoch erklärte, dass diese Floskel immer dann gebraucht wurde, wenn unliebsame Zeugen eliminiert werden sollten. Und wurden!“
    „Na, das ist doch alles nur Hörensagen!“, sagte der Verteidiger Piepenbrock: „Sie mit Ihren Vorverurteilungen! Sie sind ja ein ganz und gar Unverbesserlicher! Ja, Sie sind ein Unglaubwürdiger! Zerfressen vom Ehrgeiz und vom Neid sind Sie! Sie sind gedemütigt durch jahrelangen, anhaltenden Misserfolg! Ihnen ist doch jedes Mittel recht, jedes Mittel, um hier eine gute Figur zu zeigen! Sogar töten würden Sie doch!“
    „Piepenbrock, machen Sie sich doch nicht lächerlich“, hielt Staatsanwalt Breithaupt dagegen: „Wenn Beleidigung Ihre einzige Strategie ist, dann bedauere ich Sie schon jetzt! Haben Sie keine anderen Verteidigungsmaßnahmen? Ach so, das geht ja auch gar nicht! Weil nämlich alles wahr ist, was Schmelz sagt, wahr und nachprüfbar! Sie tun mir leid, Herr Verteidiger, ganz und gar leid.“
    „Auf Ihr Mitgefühl verzichte ich sehr gerne“, sagte Piepenbrock und nahm befriedigt zur Kenntnis, dass einige Prozessbeobachter lachten, allen voran der Gruppenführer Schmitt Klevenow.
    Sofort griff Chefrichter Ende ein, schwang den Hammer und forderte mit unerbittlicher Härte: „Ruhe! Sofortige Ruhe! – Zeuge, fahren Sie fort! Weiter!“
    „Ausführlich dokumentiert sind auch die Mordfälle Freudmann, May und Köhler. Die Dokumentationen liegen dem Gericht vor und müssen hier wohl nur kurz skizziert werden. Begangen wurden diese Morde vom Chefarzt des Lagers Buchenwald, Waldemar Hoven, während wir gegen Koch ermittelten. Aus der Zelle heraus gab Koch Hoven eine Todesliste, die dieser sorgfältig abgearbeitet hat. Die Morde wurden mit einer Mixtur aus Aufputsch- und Schlafmittel begangen, wie eine Obduktion der Gerichtsmedizin der Universität Jena bestätigte. Das Gutachten von Professor Doktor Doktor Timm liegt Ihnen vor. Vergleichsermittlungen mit genau denselben Aufputsch- und Schlafmitteln, die im Giftschrank des Arztes sichergestellt wurden, zeigten genau dieselben Symptome, die auch bei der Leiche von SS Hauptscharführer Köhler sowie beim Erbrochenen der Häftlinge Freudmann und May festgestellt wurden. Somit ist bewiesen, dass alleine Hoven als Täter in Frage kommt. Der Beweis gelang uns mit dem ‚Prinzip der Ausschließlichkeit‘, das absolut zuverlässig ist und in der Kriminaltechnik eine hohe Beweiskraft genießt, wie wir ja alle wissen, die wir Spezialisten sind.“
    „Dieses ‚Prinzip der Ausschließlichkeit‘, wenn ich …“, sagte Verteidiger Piepenbrock.
    „Unterbrechen Sie doch nicht ständig!“, warf Breithaupt ein, der schnell über die dünne Stelle im dicken Packeis wollte, bevor sein Hauptbelastungszeuge noch einbrach: „Herr Richter! Mein Zeuge braucht bei dieser wichtigen Aussage unbedingt Ruhe!“
    „Soll er haben! Wenn er nur endlich mal fertig werden würde“, sagte Chefrichter Ende, hob den Hammer, ein Reflex, der ihm stets beim Wort ‚Ruhe‘ überkam, hielt aber mitten in der Bewegung inne, legte den Hammer auf den Tisch zurück und sagte: „Also weiter, Schmelz! Wir kennen die Akten ja doch alle! Was müssen wir noch wissen?“
    „Dass auch Hoven auf Befehl von

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