Letzte Haut - Roman
konnten, weil er sie immer rechtzeitig ermordete oder ermorden ließ und neue Leute einsetzte, die dann ebenfalls umgebracht wurden! Der ehemalige Buchenwaldkommandant versuchte damit zu verhindern, dass gegen ihn im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen ausgesagt werden konnte. Doch jegliches Maß verlor er, als er aus der Zelle heraus Männer beauftragte, selbst SS Leute, die von seinen Taten wussten, umzubringen! Hier wurde eine Natter genährt! Doch trotz dieser verabscheuungswürdigen Taten ist es uns gelungen, Zeugen zu finden, die all das bestätigen können und die diesen gemeingefährlichen Verbrecher auch …“
„Ich muss protestieren!“, schrie Piepenbrock scharf auf: „Keine Vorverurteilungen im Gerichtssaal!“
„Unterlassen Sie Ihre Meinungsäußerungen“, sagte Ende.
„Jawohl! – Wir haben Zeugen ausfindig gemacht, wir haben Beweise gefunden, die Karl Koch überführen, eindeutig überführen, ein Mörder zu sein! Und nicht nur ein Verbrecher, sondern der König aller Verbrecher zu sein, meine Herren, der König!“
„Sie sollen das doch unterlassen, Zeuge!“, sagte Ende.
„Jawohl! Ich unterlasse es!“, sagte Schmelz.
„Fahren wir mit der Beweisaufnahme fort. Schildern Sie, wie Sie diese ganzen Vermutungen schließlich beweisen konnten“, sagte Ende und lehnte sich zurück.
„Jawohl! Wir wussten, es würde unsere Kräfte überfordern, wollten wir Koch alle Morde beweisen. Wir konzentrierten uns auf fünf Mordfälle, die zu beweisen uns am aussichtsreichsten erschienen. In direkter Verbindung sind die Morde an den Insassen Freudmann, May in Buchenwald und Schmeicher in Lublin zu sehen. Sowie der Mord an SS Hauptscharführer Köhler. Mordversuche fanden in diesem Zusammenhang an Scharführer Blanck statt, den wir aber retten konnten, und der hier ebenfalls aussagen wird! Genau wie der Häftling Meiners, der ebenfalls gerettet werden konnte. Die anderen beiden Fälle betreffen die Häftlinge Krämer und Peix. Wir haben beweisen können, dass das ehemalige sozialdemokratische Reichstagsmitglied Doktor Krämer von Martin Sommer im Auftrag von Karl Koch umgebracht worden ist, weil Doktor Krämer dem Lagerkommandanten eine Syphilis hatte kurieren müssen, die dieser sich in Norwegen zugezogen hatte. Da niemand von dieser Geschlechtskrankheit wissen durfte, ließ Koch den Arzt töten. Diese Tat ist als Mord aus den allerniedrigsten Motiven einzustufen und zeigt diesen Mann da als eine Bestie, vor der die Menschheit geschützt werden muss“, sagte Doktor Schmelz und deutete mit ausgestrecktem Arm auf Karl Koch, der weiterhin nach unten sah und in keiner Weise reagierte.
Selbst Piepenbrock war in diesem Moment so sehr ohne Elan, dass er sich nicht zum Protest aufraffen konnte. Die Beweise waren erdrückend, er wusste es ja! Wie stellte sich Pohl das überhaupt vor, Koch hier noch herauszuholen? Piepenbrock war nahe daran, die Akten zu schließen und einfach zu gehen.
„Das ist alles ausführlich dokumentiert worden und liegt dem Gericht als Beweisstücke A, B sowie D bis K vor“, sagte Doktor Schmelz.
Verteidiger Piepenbrock nahm einen letzten Anlauf: „Lieber Schmelz, auch wenn Sie selbst zwar eine juristische Ausbildung genossen haben, deren Laufbahn sich allerdings sehr schnell erledigt hat, so bitte ich Sie im Interesse meiner Mandanten auf die Verkündung Ihrer Privatmeinung nun endgültig einmal zu verzichten. Ihr abruptes Karriereende hat doch eindeutig den Beweis erbracht, dass Ihnen noch Einiges fehlt, um ein guter Jurist zu sein, einiges vieles!“
„Beleidigen Sie meinen Zeugen nicht!“, sagte Breithaupt: „Das hilft Ihnen nun auch nichts mehr, gar nichts mehr. Die Beweislast ist erdrückend, das wissen Sie besser als ich.“
„Zeuge! Fahren Sie fort! Und straffen Sie Ihre Aussage ein wenig! Wir müssen heute noch zum Ende der Beweisaufnahme kommen, um morgen die Plädoyers zu hören und das Urteil verkünden zu können. Ich will Nikolaus mit meinen Kindern verbringen“, sagte der vorsitzende Richter Ende, doch Schmelz war es so gar nicht recht, seinen großen Auftritt wegen solcher Nebensächlichkeiten wie Familienfeste kürzen zu sollen.
Er nickte zwar, fuhr aber in aller Ausführlichkeit fort: „Mordfall Krämer, was haben wir da? Wir haben einen Gefangenen, der das Motiv, die Syphilis betreffend, bestätigt. Am Abend vor seinem Tod hat Krämer dem Häftling Meiners erzählt, dass er um sein Leben fürchte. Koch habe ihm zu verstehen gegeben, dass niemand
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