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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Koch handelte, wie die Aussage des Hauptscharführers Blanck sowie das Geständnis von Martin Sommer belegen. Freudmann und May mussten sterben, weil sie als Ein- und Verkäufer für Koch in Weimar aktiv waren. Hauptscharführer Köhler musste sterben, weil er als Mitarbeiter der Schreibstube zuständig für die Lebensmittellieferung war. Und als solcher hatte er natürlich einen genauen Überblick über die ganzen heimlichen Transaktionen des Standartenführers Koch. Doch darüber konnte sich auch Scharführer Blanck ein Bild machen, weil er ebenfalls in der Schreibstube tätig war, als Koch Kommandant in Buchenwald war. – Und, mein lieber Karl Koch, was Sie interessieren dürfte, Blanck hat überlebt und wird heute hier aussagen! Er wird alles sagen, alles!“, rief Schmelz, drehte sich zum Käfig um, in dem die Angeklagten hockten, und fixierte Karl Koch, der heftig zusammengezuckt war.
    Schmelz meinte, Koch werde kreidebleich, und dachte: Das ist nur der erste Streich! Du weißt ja gar nicht, was dich heute noch erwartet.
    „Soweit fertig?“, fragte Ende.
    Schmelz nickte.
    „Sehr schön, sehr schön! Schreiten wir nun zur Zeugenbefragung, und denken wir immer daran, dass uns nur zu interessieren hat, was unmittelbar die Angeklagten betrifft! Ich will daran noch einmal in aller Schärfe erinnern“, sagte Ende: „Zeuge Schmelz, wie konnte Ihrer Meinung nach Koch Sommer dazu bringen, all diese Morde auszuführen, und von wie vielen Morden reden wir hier?“
    „Koch las, wie gesagt, dem Hauptscharführer Sommer, dem ein psychologisches Gutachten, das als Anlage den Beweismitteln beiliegt, eine sehr niedrige Intelligenz bescheinigt, er las ihm also einen angeblichen Brief vom Reichsführer vor, den es in Wirklichkeit gar nicht ab. Der Standartenführer ließ den Hauptscharführer strammstehen und las ihm etwas Erfundenes vor. Koch hätte unumschränkte Verfügungsmacht, doch das war eine Lüge. Sommer jedoch glaubte den Befehl, zumal an seine soldatische Pflicht appelliert wurde, und es spielte sich dann so ein, dass Koch einfach telefonisch die Nummern der betreffenden Häftlinge durchgab, woraufhin sich Sommer diese Insassen herausnahm und sie zur Postenkette brachte, wo er Befehl gab, sie zu erschießen. Manchmal tötete er sie auch im Arrestbunker, nachdem er sie lange aufs Grausamste gequält hat. Er war ja der Chef des Arrestbunkers! Offiziell wurden diese Häftlinge dann alle auf der Flucht erschossen. Eine Überprüfung der Akten ergab, dass insgesamt knapp sechshundert Männer auf der Flucht erschossen wurden. Es ist also davon auszugehen, dass Sommer ein sechshundertfacher Mörder ist, und es ist auch davon auszugehen, dass Koch der Anstifter für diese sechshundert Morde ist.“
    Einen Raunen ging erneut durch den Saal, Ende jedoch ließ die Beobachter gewähren, von denen Schmelz glaubte, sie alle seien ebensolche Täter wie Koch und ihr Erstaunen sei lediglich gespielt.
    „Es war aber keinesfalls nur so, dass Häftlinge sterben mussten, die von der Korruption wussten. Viele wurden auch auf Bestreben der Roten Hexe von Buchenwald getötet, wie die Frau des Kommandanten, Ilse Koch, genannt wurde“, sagte Schmelz.
    „Wie ist das zu verstehen?“, fragte Breithaupt.
    „Das gehört hier nicht her!“, sagte Piepenbrock.
    „Beantworten Sie die Frage!“, sagte Ende: „Ich entscheide dann!“
    „Meistens lief es so ab, dass Ilse Koch leicht bekleidet durchs Lager ging oder ritt, wobei sie etwa eine durchsichtige Bluse trug oder keine Unterwäsche unter ihrem Rock. Wagte es dann einer der Häftlinge, ihr zum Beispiel auf den Busen zu sehen, rief sie, er solle sich ja nur recht satt sehen, es wäre das letzte Mal, dass er noch etwas sehen werde. Sie notierte sich die Nummer des Mannes und gab sie an ihren Ehemann mit den Worten weiter, ich zitiere: ‚Ich bin von so einem dreckigen Schwein entehrt worden!‘ Zitatende. Karl Koch telefonierte dann mit Sommer, gab ihm die Nummer durch, na ja, und den Rest kennen wir ja. Ein anderes Beispiel: Sie trug einen Rock, aber nichts drunter. Sie kam zu einem Graben, in dem französische Kriegsgefangene arbeiteten. Sie hob den Rock hoch und schrie, Zitat: ‚He, ihr Aasgeier! Schaut nur hoch, wenn euch euer Arsch fünfundzwanzig Stockschläge wert ist.‘ Zitatende. Ich denke, ich brauche so etwas nicht zu kommentieren“, sagte Schmelz.
    Er hatte langsam gesprochen und die ganze Zeit mit ausgestrecktem Arm auf Ilse Koch gezeigt, die regungslos blieb und tat,

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