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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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um
Sie. In der Zwischenzeit...« Ich ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen —
über den tonlos flimmernden Fernseher, die zerknüllte Zeitung, die bedrohliche
Gegenwart des Telefons auf der Küchenbar. »In der Zwischenzeit versuchen Sie,
Ihre Probleme aus Ihrem Kopf zu verbannen«, schloß ich lahm.
    Sie nickte und stand auf, um mich
hinauszubegleiten.
    Ich wartete, bis ich hörte, wie hinter
mir der Riegel zugeschoben und die Kette vorgelegt wurde. Dann ging ich die
Eingangsstufen hinunter.
     
    Jack sah genauso abgespannt aus wie
Lis. Er saß hinter seinem Schreibtisch, der mit Papieren übersät war. Ich hätte
schwören können, daß er seit Sonntag hier nichts mehr angerührt hatte.
    Ich lehnte mich gegen den Türrahmen,
bis er Notiz von mir nahm. »Dachte, du hättest heute einen Termin am Gericht«,
meinte ich.
    Er zuckte matt mit den Schultern. »Der
Richter ist krank.«
    »Ein Glück für dich.«
    »Wieso?«
    »Du bist im Moment viel zu sehr mit
anderem beschäftigt, um deinen Mandanten wirklich gut vertreten zu können. Und
ich bürde dir ungern noch mehr auf, aber...« Ich erzählte ihm von meinem Besuch
bei Lis.
    »O Gott«, sagte er. Von oben aus Raes
Dachzimmer kam ein krachendes Geräusch. Er sah zur Decke.
    »Geht das schon den ganzen Morgen so?«
    »Ja. Es macht mich verrückt. Der Kerl
hat versprochen, er ist bis Mittag fertig. Hast du Lis gesagt, daß ich bei ihr
vorbeischaue?«
    »Wahrscheinlich, habe ich gesagt;«
    »Gut. Ich werde sie anrufen.«
    »Was ist los? Willst du sie nicht
sehen?«
    »Eigentlich nicht.« Er zögerte. »Shar,
Judy gegenüber will ich es nicht erwähnen, aber ich habe bei Lis ein ungutes
Gefühl.«
    »Du glaubst also, sie hat Cordy
McKittridge getötet.«
    »Nein, das nicht. Aber wie jeder gute
Strafverteidiger habe ich einen Riecher für etwas, das nicht stimmt. Und ich
weiß, bei der Frau stimmt etwas nicht. Es gibt vieles, was sie uns nicht
erzählt. Ich weiß nicht... Vielleicht hat der alte Joe Stameroff recht.
Vielleicht sollte sie tatsächlich nicht dort wohnen.«
    Er wirkte so ungewohnt konfus und
verzweifelt, daß ich mein Mitgefühl von Lis auf ihn übertrug. »Hör mal, laß die
Sache eine Weile ruhen. Mit Lis geht es schon weiter. Eine Nachbarin kauft
heute für sie ein, und vielleicht bleibt sie dann noch eine Weile bei ihr. Ich
kann mir nicht vorstellen, daß jemand, der so viele Jahre im Gefängnis überlebt
hat, Judys Heimkehr heute abend nicht überlebt.«
    Jack sah gequält drein. »Na gut,
vielleicht rufe ich sie an. Ist das wenigste, was ich tun kann. Kommst du
voran?«
    »Mal ja, mal nein.« Ich trat in den
Flur zurück. »Und wenn es weitergehen soll, lege ich besser gleich los.«
    Wie sich zeigen sollte, war ich schon
einen Schritt weitergekommen. Auf meinem Schreibtisch lag eine Nachricht von
Miss Cook von der TWA aus Kansas City. Melissa Cardinais Unterlagen seien
leicht zugänglich gewesen, weil die Fluggesellschaft ihr für die Folgen eines
Unfalls im Jahr 1961 eine Rente zahle. Sie wohnte in der James Alley, einer
Querstraße der Jackson Street in Chinatown.
     
    Die James Alley hatte nichts von dem
pittoresken Drum und Dran, das man sich vorstellt, wenn man Chinatown hört. Sie
war nur ein paar schmutzige Häuser lang. An ihren engen Gehsteigen parkten die
Autos in beiden Richtungen, und an den Hintertüren von Läden und Gaststätten
sammelten sich die Mülltonnen. Ein Geruch von Bratfett, asiatischen Gewürzen
und Abfall hing in der Luft. Die Fahrbahn war mit Abfall und Hundekot übersät.
An den Fenstern über den Läden hingen schmutzige Gardinen. Der Zugang zu Melissa
Cardinais Haus war flankiert von zwei stinkenden Müllcontainern. Die
Glasscheibe der Haustür war vergittert.
    Ich klingelte bei ihr, und nach einer
Weile summte der Öffner. Die Tür führte in ein steiles, dunkles Treppenhaus, in
dem es nach Katzen roch. Ich blickte nach oben, entdeckte niemanden und machte
mich an den Aufstieg. Vom ersten Podest sah ich noch einmal hoch und machte in
der Dunkelheit die Umrisse einer massigen Gestalt aus. »Miss Cardinal?«
    »Heute ganz förmlich, wie?« sagte eine
Altfrauenstimme.
    »Wie bitte?«
    »Ach.« Sie klang verwirrt. »Ich
erwartete... Wer sind Sie?«
    »Sharon McCone von der
Anwaltskooperative All Souls.« Ich stieg den letzten Treppenabschnitt hinauf.
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Ihnen ein paar Fragen zu einem Fall
stellen, an dem ich gerade arbeite.« Im Treppenhaus war es so dunkel, daß ich
sie immer noch nicht

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