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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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McKittridge.« Ich erklärte ihr, was mir Louise Wingfield über das
Apartment erzählt hatte.
    »Davon habe ich nie gehört. In meinem
Prozeß kam das nie zur Sprache. Ist Melissa Cardinal für meinen Fall von
Bedeutung?«
    »Ich weiß nicht genau. Aber ich möchte
mit ihr reden, wenn sie noch am Leben ist.« Ich nippte an meinem Kaffee, setzte
dann die Tasse ab und stützte die Arme auf den Tisch. »Lis, gestern habe ich
mich mit Leonard Eyestone unterhalten. Er behauptet, Ihr Mann habe ihm
anvertraut, daß er Sie um die Scheidung gebeten habe. Er habe Cordy heiraten
wollen.«
    Ihr Gesicht veränderte sich urplötzlich
— es fiel zusammen und wurde ganz faltig. Sie tastete blind nach ihrer Kaffeetasse
und warf einen Salzstreuer um, der auf einem Untersetzer zwischen uns stand.
Automatisch kehrte sie das Salz zusammen und warf es über die Schulter nach
hinten. »Ich hätte Ihnen das wohl erzählen sollen.«
    »Warum haben Sie es nicht getan?«
    »Ich habe so lange gelebt mit meinen...
Erinnern Sie sich, was ich Ihnen über meine Tagträume sagte? «
    Ich nickte.
    »Ich stellte mir vor, daß Vincent nie
vorgehabt hatte, mich zu verlassen. Wenn ich so tat, als liebte er mich noch
immer und Cordy wäre nur eine seiner unbedeutenden Affären, dann war das
Gefängnis leichter zu ertragen. Und wenn man sich so etwas nur lange und
intensiv genug einbildet, glaubt man es schließlich auch.«
    »Ich verstehe. Gab es sonst noch etwas,
das Sie sich vorgegaukelt haben?«
    Sie stand auf und ging zur Schiebetür.
Starrte schweigend in den Nebel.
    »Lis, gibt es noch etwas, das ich
wissen sollte?«
    Das Telefon klingelte. Lis zuckte
heftig zusammen und klammerte sich an den Vorhang neben der Tür. So panisch,
wie sie reagierte, konnte das nicht der erste Anruf heute morgen sein.
    Ich sagte: »Ich gehe dran«, und ging
hinüber zur Küchenbar. Ich senkte meine Stimme, bemühte mich, sie älter klingen
zu lassen und sagte »Hallo?« in die Sprechmuschel.
    Mit einem Klicken wurde die Verbindung
unterbrochen.
    Ich legte den Hörer zurück. Lis sah mir
zu und hielt sich immer noch am Vorhang fest. Ihr Gesicht hatte die Farbe von
ausgebleichtem Pergament. Mit Anstrengung ließ sie los und schleppte sich zu
ihrem Stuhl.
    »Wie oft kommen diese anonymen Anrufe?«
fragte ich.
    »Ach... mehrmals täglich. In den
letzten vierundzwanzig Stunden wenigstens ein dutzendmal. Und dann ist da...
Judys Adoptivvater.«
    »Er hat wieder versucht, Sie unter
Druck zu setzen?«
    »Zweimal. Joseph Stameroff ist noch
genauso hartnäckig wie damals, als er bei der Bezirksstaatsanwaltschaft war.
Irgendwie hat er sich in den Kopf gesetzt, daß er Judy und mich einfach zwingen
kann aufzugeben. Es ist soweit gekommen, daß ich zwischen seinen und den
anderen Anrufen keinen Schlaf mehr finden kann. Ich schaffe es nicht einmal, in
den nächsten Laden zu gehen oder meinen Spaziergang zu machen.«
    »Um Himmels willen, warum ziehen Sie
nicht den Telefonstecker heraus? Warum sorgt Judy nicht dafür, daß Sie eine
andere Nummer kriegen?«
    »Judy ist weg, seit Sonntag abend. Ich
kann den Hörer nicht einmal danebenlegen. Sie könnte ja anrufen.«
    Als Jack erwähnt hatte, daß sie
weggefahren sei, war mir durch den Kopf gegangen, zu welch ungünstigem
Zeitpunkt sie Lis allein gelassen hatte. »Wo ist sie?«
    »In New York. Hat etwas mit dem Stück
zu tun, das sie hier auf die Bühne bringen will.« Lis mußte meine Mißbilligung
bemerkt haben, denn sie setzte schnell hinzu: »Sie wollte gar nicht fliegen.
Ich habe darauf bestanden. Ich habe in ihrem Leben schon zuviel kaputtgemacht. Nun
nicht auch noch ihre Karriere.«
    Ich spürte Ärger in mir aufsteigen.
»Hören Sie auf, die Märtyrerin zu spielen. Sie haben Judy gar nichts
angetan. Das Geschehene ist Ihnen beiden angetan worden, und dabei haben Sie
ganz offensichtlich den schlechteren Teil erwischt. Judy hat recht gut für sich
selber gesorgt, und deswegen sollten Sie aufhören zu glauben, die Vergangenheit
habe sie irgendwie zum Krüppel gemacht.«
    Lis schwieg und sah auf den Tisch
hinunter.
    Munter fügte ich hinzu: »Sie brauchen
etwas zu essen im Haus. Soll ich für Sie ins Lebensmittelgeschäft gehen?«
    »...Nein. Die Frau von nebenan hat mir
das schon angeboten. Mrs. Skillman. Ich sollte ihr Angebot annehmen.«
    »Gut. Sie sollten Ihre Nachbarn
kennenlernen. Dann fühlen Sie sich nicht so allein. Ich fahre jetzt zu All
Souls und rede mit Jack. Wahrscheinlich kommt er später her und kümmert sich

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