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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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von beiden Schmierereien
Farbproben genommen und Fotos gemacht. Die Farbe war die gleiche. Ich weiß
nicht, ob Sie das wissen, aber Graffiti haben ganz bestimmte Charakteristika
wie eine Handschrift. Nicht so verläßliche natürlich, aber unser Experte meint,
beide könnten von derselben Person stammen.«
    Ich dachte darüber nach, als Adah wieder
auftauchte. »Die Skillman sagt, sie war den ganzen Tag weg und ist erst kurz
vor sechs nach Hause gekommen. Im Haus auf der anderen Seite ist niemand da.
Soll ich mir den restlichen Block vornehmen?«
    Wallace schüttelte den Kopf und stand
auf. »Das mache ich. Wie wäre es, wenn ihr beide euch einen Lunch holt und
Sharon Ihnen sagt, was in ihrem Protokoll steht? Dann kann sie Sie ins
Präsidium fahren und es unterschreiben.«
    Ich hatte zwar noch ein paar Fragen an
ihn in petto, aber er ging zur Eingangstür und sagte zu Adah: »Und erzählen Sie
ihr, was wir beide vorhin besprochen haben, ja?«
    »He«, rief ich ihm nach.
    Er ging weiter.
    »Kommen Sie«, sagte Adah. »Gehen wir,
bevor er es sich anders überlegt und ich um meinen Lunch komme.«
     
     
     

15
     
    Adah wußte eine gute Adresse zum
Mittagessen in einem kleinen Einkaufszentrum an der Cortland Avenue. Also
stiegen wir aus meinem Wagen und gingen zu Fuß dorthin. Eingebettet zwischen
Lebensmittel- und Schnapsläden, Kneipen und kleinen Geschäften lag ein
wackeliger roter, von Bougainvillea überwucherter Bungalow. ›Twylla’s Creole‹
stand auf einem handgemalten Schild.
    »Es ist mir bis heute nie aufgefallen«,
sagte ich.
    Sie lächelte. »Viele Leute laufen daran
vorbei. Dabei war es schon immer hier. Twylla Hopper, die es betreibt, stammt
aus der gleichen Gegend wie meine Familie.« Sie ging über die ausgetretenen
Stufen voraus in einen dunklen Gang, in dem der Duft kräftiger Gewürze hing.
»Twylla kam zur gleichen Zeit wie mein Vater aus New Orleans hierher. Er hat
hier im Zweiten Weltkrieg in den Werften gearbeitet. Sie hat für die
heimwehkranken Freunde gekocht. Jetzt ist sie längst so etwas wie eine
Institution.«
    Links und rechts zwei Gasträume:
pinkfarbene Wände, bröckelnder Putz, eng zusammengerückte Stühle und Tische auf
wackeligen Beinen, abgewetzte geblümte Wachstuchdecken. Fast alle Tische waren
besetzt. Adah strebte auf einen Fenstertisch zu, auf dem ein einsames
Gänseblümchen in einem Marmeladenglas stand. Das Besteck paßte nicht
zueinander, das Geschirr auch nicht. Die Servietten waren ausgebleichte,
sorgfältig gestopfte Lappen.
    »Twylla macht nicht viel Aufhebens um
das Drumherum«, sagte Adah, als ich mich setzte, »aber ich garantiere Ihnen
eine verdammt gute Jambalaya.«
    »Ich verlasse mich auf Ihre
Empfehlung.«
    »Dann nehmen wir beide eine.« Sie
streckte einem jungen Mann, der am Nebentisch stand, zwei Finger entgegen, und
er nickte. »Twyllas Enkel«, erklärte sie. »Er kennt mein Leibgericht.«
    »Dann wohnen Sie also in Bernal Heights?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin hier
aufgewachsen, ein paar Blocks von der Powhattan Avenue entfernt. Jetzt habe ich
ein Apartment in Marina. Ich brauchte ein bißchen Abstand zu meinen Leuten. Sie
wissen ja, wie das ist.«
    »Ja, sicher.« Ich hatte mich für
Berkeley entschieden und nicht für ein College in Südkalifornien. Dann war ich
in San Francisco geblieben, auch um etwas Abstand zu meiner emotional allzu
vereinnahmenden Familie zu halten.
    »Meine Familie war zum Beispiel absolut
nicht begeistert, als ich Cop werden wollte«, ergänzte Adah. »Polizeiarbeit ist
bei den Leuten auf dem Red Hill nicht besonders angesehen.«
    »Red Hill?«
    »Haben Sie nie diesen Namen für Bernal
Heights gehört?«
    »Nein.«
    »Komisch, ich dachte, deswegen hätten
sich diese sozial engagierten Liberalen, für die Sie arbeiten, dort angesiedelt.
Es geht das Gerücht, Sie hätten sich direkt in ein ehemaliges kommunistisches
Nest gesetzt.«
    »Soll das ein Scherz sein? Wann war
denn das?«
    »Das fing in den zwanziger Jahren an.
Inzwischen mag der Kommunismus fast überall ziemlich tot sein, aber dort gibt
es bis heute noch ein paar altkommunistische Zellen.«
    »Wissen Sie das ganz bestimmt?«
    »Also, ich kenne zwar keine
eingetragenen Mitglieder, aber... sehen Sie sich zum Beispiel meine Leute an.
Dad ist ein alter Kämpfer für die Arbeiterbewegung, und Mom gehört zu einer
marxistischen Studiengruppe, die sich seit Jahrzehnten jeden Mittwoch trifft.
Diese Ehe entstand aus den berühmten Gegensätzen, die sich

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