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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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anziehen,
geschlossen in der antibürgerlichen Euphorie der Nachkriegszeit: er schwarz,
aus der Arbeiterklasse, ein zäher Pragmatiker; sie jüdische Intellektuelle mit
College-Abschluß und rebellischem Temperament. Bei der Art, wie sie ihre
ideologischen Differenzen austragen, ist es ein Wunder, daß sie bis heute
überlebt haben.«
    »Sie müssen interessante Menschen
sein.«
    »O ja, interessant sind sie wirklich.
Vor allem dann, wenn man nicht mit ihnen Zusammenleben muß.« Sie lächelte
liebevoll. »Und jetzt erzählen Sie mir von Ihren Ermittlungen im Fall
McKittridge und ihrem Zusammenhang mit dem Mordfall hier. Wie Bart schon sagte,
bin ich erst heute morgen aus dem Urlaub zurückgekommen und hatte noch keine
Zeit, die Protokolle zu lesen.«
    Zwei dampfende Schüsseln Jambalaya
wurden vor uns hingestellt. Ich nutzte die Unterbrechung dazu, ihre Bitte zu
ignorieren und eine Gegenfrage zu stellen. »Worüber, meinte Bart, sollten Sie
mit mir reden?«
    Sie runzelte die Stirn, und es gefiel
ihr offensichtlich gar nicht, daß ich ihr die Initiative in unserem Gespräch
abgenommen hatte. Nach einer Weile sagte sie: »Er hofft, daß Sie an dem alten
Fall dran bleiben.«
    »Warum? Glaubt er, es besteht ein
Zusammenhang mit dem gegenwärtigen?«
    »Das kann ich nicht sagen. Er behauptet
zwar nein, aber zugleich ist er doch sehr an dem McKittridge-Mord interessiert.
Ich nehme an, er hofft, daß Sie auf etwas stoßen, das Richter Stameroff
belastet.«
    »Im Fall McKittridge?«
    »Ich glaube, Bart weiß selbst nicht
genau, worauf er aus ist. Aber ich weiß sehr wohl, daß er Stameroff zu Fall
gebracht sehen möchte.«
    »Was ist denn zwischen den beiden vorgegangen?«
    Adah Joslyn zuckte mit den Schultern
und spielte mit dem Löffel.
    Auch wenn Wallace und Joslyn
inoffiziell zuließen, daß ich so weitermachte, wie ich ohnehin vorgehabt hatte,
war ich doch ein wenig mißtrauisch. »Wieso hat mir Bart das vorhin drüben im
Haus nicht selbst gesagt?«
    »Ach, Sie kennen ihn doch — er bittet
nicht gern jemanden um einen Gefallen.«
    »Hm.« Das klang überhaupt nicht nach
Bart. Wir hatten uns schon oft genug gegenseitig einen Gefallen getan. Adah
wich jetzt meinem Blick aus, was genausowenig zu ihr zu passen schien.
    »Okay«, sagte ich nach einer Weile,
»wenn Jack Stuart und Judy meinen, wir sollten die Sache weiterverfolgen, um
den Namen ihrer Mutter vor dem Historischen Tribunal reinwaschen zu lassen,
dann mache ich es. Und nur so ist überhaupt der Zeitaufwand zu rechtfertigen.
Von Ihnen brauche ich dazu auch etwas — die Originalakten Ihrer Abteilung zum
Fall McKittridge.«
    »Klar. Wahrscheinlich kommt man nicht
mehr so leicht an sie heran, aber ich sorge dafür, daß das Archiv sie schnell
herausrückt. Jetzt sagen Sie mir kurz, was in dem Protokoll steht, das Sie
unterschreiben sollen. Das spart mir Zeit.«
    Ich löffelte die hervorragende
Jambalaya in mich hinein und gab wieder, was ich Wallace über die Mordnacht
erzählt hatte. Adah dachte eine Zeitlang nach. »Das alles sieht danach aus, als
hätten Lis Benedicts Entlassung und Ihr Graben in der alten Mordgeschichte
jemanden ganz schön aus der Fassung gebracht«, sagte sie.
    »Zu dem Schluß bin ich auch gekommen.
Es liegt auf der Hand, daß Jack Stuart sich nicht mit einem Scheinprozeß
begnügen, sondern eine Wiederaufnahme betreiben wird, sollte ich mit neuen
Erkenntnissen aufkreuzen.«
    »Wie sehen die Dinge also Ihrer Meinung
nach aus?«
    Ich zuckte mit den Schultern und
schüttelte den Kopf. Was konnte ich ihr erzählen? Daß ich eine eigentümliche
psychologische Verbindung zu den Ereignissen am 22.Juni 1956 entwickelt hatte?
Daß ich wußte, was passiert war, und auch wieder nicht? Daß ich es genau
spürte, aber nicht auf den Begriff bringen konnte?
    Um ihrer Frage auszuweichen, sagte ich:
»Warum stört es mich noch immer, daß Bart sich damit nicht direkt an mich
wendet?«
    Sie sah auf ihre leere Schüssel. »Wie
gesagt, er bittet nicht gern um einen Gefallen. Zudem möchte er, daß Sie die
Angelegenheit ausschließlich mit mir behandeln.«
    »Wie das?«
    »Es ist sicherer so. Falls Sie jemand
beobachtet — und das ist wahrscheinlich der Fall, denken Sie nur an die
Schmierereien an Ihrem Haus —, wird man uns einfach für Freundinnen halten.«
    »Das funktioniert nicht, Adah. Wenn man
ein Auge auf mich hat, dann hat man auch die Polizei und ihre Ermittlungen im
Auge. Und man wird wissen, daß es Ihr Fall ist.«
    »Okay.« Sie sah sich um und

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