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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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senkte die
Stimme. »Was ich Ihnen gerade nannte, war Barts Vernunftserklärung. Aber wir
sind ja beide nicht auf den Kopf gefallen, oder? In Wirklichkeit scheint es
Bart nämlich im eigenen Sinne sicherer, wenn die Verbindung zu Ihnen
über mich läuft. Sollten die hohen Tiere im Polizeipräsidium uns beobachten und
sollte auffliegen, daß wir damit eine Privatdetektivin beauftragt haben, sich
um Dinge zu kümmern, die für uns wegen der in Sachen Stameroff verordneten
Samthandschuhe tabu sind, habe ich nicht viel zu verlieren. Bart dagegen hat
eine Hypothek abzuzahlen und hat zudem mehrere Kinder auf dem College. Ich kann
mein Apartment zu jedem Monatsende kündigen und habe noch einige andere Eisen
im Feuer.«
    »Wie fühlt man sich, wenn man so den
Kopf für andere hinhält?«
    »Gar nicht großartig, aber es geht,
wenn man noch kein so hohes Dienstalter hat. Außerdem bin ich risikofreudig.
Bart nicht.«
    Ich an Adah Joslyns Stelle hätte mich
trotzdem nicht auf so ein Risiko eingelassen — zumindest nicht ohne gewisse
Gegenleistungen. Und nachdem Adah, wie sie es ausdrückte, nicht auf den Kopf
gefallen war, hatte sie ihrem Kollegen bestimmt eine entsprechende
Gegenleistung entlockt. Ich hätte nur zu gern gewußt, was für eine.
    Außerdem kannte ich Bart Wallace gut
genug, um zu wissen, daß er eine Kollegin nicht bat, allein ein Risiko auf sich
zu nehmen — nicht ohne die feste Überzeugung, daß es die Sache wert und
überdies nötig war. Wieder ging mir die Frage durch den Kopf, was zwischen Bart
und dem Richter vorgefallen war und ob der Inspektor nicht ein allzu
persönliches Interesse an dieser Sache hatte.
     
    Nachdem ich das Protokoll, das für mich
am Gericht bereitlag, unterschrieben hatte, sagte ich zu Adah, ich würde den
Nachmittag wohl größtenteils in der Bibliothek verbringen. Dann aber machte ich
einen Umweg über die City Amusement Arcade. Buck versicherte mir, Tony Nueva
sei dort seit Freitag nachmittag nicht mehr aufgetaucht. Tony ging selten fort,
ohne bei Buck zu hinterlassen, wo man ihn erreichen könne und wann er zurück
sei. Also versuchte ich, es aus ihm herauszubekommen, aber angeblich wußte er
nichts. Er meinte, ich könne ja Linda Bautista, Tonys Kleine, fragen. Sie
arbeite einen Block weiter im Wig Wonderland.
    Das Schaufenster des Ladens bot eine
bemerkenswerte Perückenauswahl feil. Die Haarschöpfe thronten auf gesichts- und
körperlosen Köpfen. Einige glänzten schauderhaft synthetisch. Vor einer etwas
exquisiteren und natürlicher wirkenden Gruppe prangte ein Schild »Echt
asiatisches Haar, in Taiwan gewachsen«. Vor meinem inneren Auge sah ich eine
Ebene an der Küste des Südchinesischen Meeres, auf der Haar wuchs wie die
Artischocken auf den Feldern der Monterey-Halbinsel.
    Der einzige Mensch im Laden war die
Frau, die ich am Sonntag morgen mit Tony zusammen gesehen hatte. Sie trug eine
Kopfbedeckung aus blonden Synthetik-Löckchen. Mit einem Federwedel staubte sie
die auf dem Ladentisch aufgereihten Köpfe ab. Als sie die Türglocke hörte, sah
sie mich an und runzelte die Stirn, als überlege sie, wo sie mir schon einmal
begegnet sein könnte.
    Ich stellte mich vor und sagte, ich
hätte geschäftlich mit Tony zu tun. Ihr Gesicht verhärtete sich. »Wagen Sie
nicht, diesen Namen noch einmal vor mir auszusprechen!«
    »Ich dachte, sie wären mit Tony
befreundet.«
    »Ha!« Sie verschränkte die Arme, als
wolle sie so ihre angeschlagene Würde schützen. »Ganz bestimmt nicht mehr. Der
Schweinehund ist Freitag abend abgehauen, mit unserer eisernen Reserve. Mich
hat er auf der Miete sitzenlassen.«
    »Wissen Sie, wohin er ist?«
    »Zu seinen Verwandten.«
    »Wo?«
    »National City? Chula Vista? Eines von
diesen verdammten Kaffs zwischen San Diego und der Grenze.« Sie machte eine
abfällige Handbewegung. »Wissen Sie, was ich ihm gesagt habe? Gott sei Dank bin
ich dich los, habe ich gesagt. Tony verspricht nur immer und verspricht, aber
halten tut er nichts.«
    »Was hat er versprochen?«
    »Einen Ring. Die Hochzeitskapelle in
Reno. Zwei Nächte im Circus Circus. Wir wollten an den Slots spielen und
Blackjack und groß gewinnen. Alles Scheiße! Das einzige, was ich bekommen habe,
sind die leere Spardose und die unbezahlte Miete.«
    »Sie glauben nicht, daß er zurückkommt?«
    »Das sollte er besser nicht. Aber er
wird es auch nicht, nach der Tracht Prügel, die er bezogen hat. Er wird sich da
unten für immer verkriechen.«
    »Was für Prügel? Wann?«
    Linda

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