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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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wirklich
paranoid.«
    »Dazu haben wir auch allen Grund, wenn
man bedenkt, gegen wen wir ermitteln.« Sie hängte ein, und ich stand mit
offenem Mund und reichlich irritiert da.
    Für einen Augenblick dachte ich daran,
sie zurückzurufen. Schließlich tat ich ihr einen Gefallen, und als
Gegenleistung für meine Bemühungen hatte ich eine schlaflose Nacht hinter mir
und einen Haufen Abfall vor der Tür. Aber dann dachte ich nach. Bei Mord hat
die Polizei einigen Spielraum im Umgang mit Privatdetektiven. Ich wollte
vermeiden, daß Adah mir überhaupt verbot, weiter zu ermitteln. Also zog ich
mir, statt meinem Ärger über sie Luft zu machen, ein Paar alte Jeans und ein
T-Shirt an und ging nach draußen, um mich dem Mist vor der Tür zu widmen.
Während ich den Weg freischaufelte und abspritzte, kamen ein paarmal Nachbarn
vorbei. Die einen wollten wissen, was passiert war, die anderen taten ihren
Unwillen ob meiner Wasserverschwendung kund. Als ich fertig war, gönnte ich mir
eine ausgedehnte heiße Dusche — und verschwendete noch einmal Wasser, aber
diesmal hinter verschlossener Tür.
     
    Nach dem, was ich gerade hinter mir
hatte, machte mir der Gestank der Mülltonnen an der James Alley nichts mehr
aus, und als ich bei Melissa Cardinal klingelte, war ich nicht in der Stimmung,
mir noch irgendwelchen Unsinn gefallen zu lassen, von wem auch immer. Melissa
lugte durch den Haustürspalt, erkannte mich und wollte gleich wieder zumachen.
Aber ich lehnte mich mit der Schulter gegen die Tür und drängte mich ins
Treppenhaus. Ihr fiel das Kinn ein wenig herunter, und in ihren Augen stand
nackte Angst, als sie einen Schritt zurücktrat.
    Sanft, aber bestimmt griff ich ihren
Arm und führte sie zur Treppe. »Wir müssen miteinander reden, Melissa.«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt...«
    »Ich weiß, was Sie mir gesagt haben,
aber sehen Sie sich doch an: Sie haben solche Angst, daß Sie sogar bis zur
Haustür kommen, statt mich per Türöffner hereinzulassen. Außerdem bin ich es
nicht, vor der Sie sich fürchten, oder?«
    Zuerst wollte sie die Stufen nicht
hinaufgehen, dann aber gab sie nach und stützte sich mit ihrem Gewicht auf
meinen Arm.
    »Kommen Sie«, sagte ich. »Vielleicht
kann ich Ihnen helfen.«
    »Mir kann niemand helfen.« Aber sie
griff nach dem Geländer und stieg mühsam die Stufen hinauf.
    In der Wohnung angekommen, zog sie sich
in ihren Sessel zurück und sah sich besorgt nach der Katze um. Ich entdeckte
sie unter der Vitrine, nahm sie hoch und setzte sie ihr in den Schoß. Diese
Geste beruhigte sie. Sie kraulte das Tier und holte sich Trost aus seinem
weichen Fell.
    »Und jetzt«, sagte ich, während ich
mich auf dem Sofa niederließ, »besprechen wir, warum Sie Angst haben, über
Cordy McKittridge zu sprechen. Zunächst aber, wer war der Mann, den Sie im ›Haven‹
getroffen haben?«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt, irgendein
Mann.«
    »Hat dieser Mann auch einen Namen?«
    »Den weiß ich nicht. Er hat mir nur
einen Drink an der Bar spendiert, das ist alles.«
    »Kommen Sie, Melissa — Sie haben mir
doch gesagt, daß Sie tagsüber nie ausgehen. Sie waren nicht im ›Haven‹, nur
weil Sie plötzlich so nötig einen Drink brauchten. Und dieser bestimmte Mann
war nicht nur eine Zufallsbekanntschaft.«
    »Das ist also Ihre Meinung — ich bin so
häßlich, daß mir nicht einmal jemand einen Drink anbietet?«
    »Melissa, der Mann kannte sie. Er hat
Sie beim Namen genannt. Dadurch ist Frank Fabrizio doch überhaupt nur auf Sie
aufmerksam geworden. Und Sie haben sich mit ihm gestritten. Auch das ist Frank
aufgefallen.«
    »Frank ist ein alter Mann. Vielleicht
läßt sein Gehör nach. Bestimmt ist er senil.«
    »Das ist er nicht, und sein Gehör ist
ausgezeichnet. Melissa, warum haben Sie den Mann nicht zu sich in Ihre Wohnung
kommen lassen?«
    Ein Sonnenstrahl fiel auf ihre Augen,
und ihr Blick zuckte unruhig hin und her.
    »Weil Sie Angst vor ihm hatten, stimmt’s?«
sagte ich.
    Schweigen.
    Ich versuchte es andersherum. »Melissa,
was Sie über Cordys Ermordung wissen, ist jetzt gefährlich für Sie geworden.«
    »Ich weiß überhaupt nichts über
den Mord! Ich war an dem Tag nicht einmal in der Stadt. Ich hatte an dem Morgen
einen Flug nach Rom.«
    »Aber Sie kannten Cordy — sehr gut
sogar.«
    »Mit all den Mädchen habe ich nur
zusammengewohnt, weil so die Miete billiger wurde.«
    »Sie meinen damit, daß Cordy die
Mädchen zusammenbrachte. Sie beide waren schon vorher befreundet, dann sind
eben noch ein

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