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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Frieden«, oder so ähnlich. Doch Armando hatte keine Kinder. Machte das Armando weniger ängstlich? Allein die Vorstellung, dass ein Streit eskalieren könnte - nun, war das nicht eine der Hauptgefahren, vor denen man seine Kinder beschützen wollte? (In dem Notizbuch, in dem Danny vor sich hin kritzelte, stach in auffällig vielen unvollendeten Sätzen die Formulierung »eine namenlose Furcht« heraus.)
    Als Junge und als junger Mann hatte Danny immer gedacht, dass sein Dad und Ketchum hauptsächlich deswegen so unterschiedlich seien, weil sein Dad Koch und weil Ketchum Flößer war - ein Holzfäller, robuster als seine Nagelstiefel, ein hitzköpfiger Holzarbeiter, der keiner Schlägerei aus dem Weg ging.
    Doch Ketchum und seine Kinder hatten keinen Kontakt mehr; er hatte sie bereits verloren. Ketchum war nicht zwangsläufig mutiger oder kühner als der Koch. Ketchum war kein Vater - nicht mehr; für ihn stand weniger auf dem Spiel. Erst jetzt begriff Danny, dass sein Dad ihn immer nach Kräften beschützt hatte. Dominic hatte als Vater beschlossen, Twisted River zu verlassen. Und der Koch und sein Sohn bemühten sich, den kleinen Joe zu beschützen. Ihre gemeinsame Angst um den Jungen hatte Danny und seinen Dad enger zusammengeschweißt.
    Auch in Iowa City hatte er sich seinem Vater nahe gefühlt, dachte der Schriftsteller (während ihres
asiatischen
Intermezzos, wie Danny ihren zweiten Aufenthalt in Iowa für sich nannte). Die damalige Freundin seines Dads, seine längste Beziehung in jenen Jahren in Iowa City, hatte als Krankenschwester in der Notaufnahme des Mercy Hospital gearbeitet und war Chinesin. Yi-Yiing war in Dannys Alter - Anfang dreißig, fast zwanzig Jahre jünger als der Koch - und hatte in Hongkong eine Tochter in Joes Alter. Ihr Mann hatte sie nach der Geburt der Tochter verlassen - er hatte unbedingt einen Sohn haben wollen -, und Yi-Yiing hatte das Kind ihren Eltern anvertraut und sich im Mittleren Westen ein neues Leben aufgebaut. Der Krankenschwesterberuf war eine gute Wahl gewesen, genau wie Iowa City. Die Arzte im Mercy Hospital hatten Yi-Yiing für unentbehrlich erklärt. Sie hatte die Green Card, die Arbeitserlaubnis, erhalten und war auf dem besten Wege, auch die US-Staatsbürgerschaft zu bekommen.
    Natürlich wurde Yi-Yiing gelegentlich ein »Schlitzauge« an den Kopf geworfen - von Patienten mit Vorurteilen in der Notaufnahme oder aus einem vorbeibrausenden Auto heraus; das war das gängigste Schimpfwort. Doch es machte ihr nichts aus, für die Kriegsbraut eines Vietnamveteranen gehalten zu werden. Sie hatte ganz andere Sorgen und eine äußerst schwierige Aufgabe vor sich - nämlich ihre Tochter und ihre Eltern in die usa zu holen -, und sie nahm eine bürokratische Hürde nach der anderen. Yi-Yiing hatte ihre Gründe, dieses Ziel unbeirrt zu verfolgen. (Man hatte ihr gesagt, es wäre leichter, ihre Familie in die Vereinigten Staaten zu holen, wenn der Vietnamkrieg erst einmal vorbei sei; das sei »nur eine Frage der Zeit«, wie ihr von zuständiger Stelle versichert worden war.)
    Zu Tony Angel hatte Yi-Yiing gesagt, dies sei für sie nicht der geeignete Zeitpunkt, »eine romantische Beziehung« einzugehen. Das war vermutlich Musik in seines Vaters Ohren, dachte Danny damals. Wenn man Yi-Yiings heroisches Vorhaben bedachte, so war der Koch für sie ein beruhigender und anspruchsloser Partner. Da ein so großer Teil seines Lebens untergegangen und in der Vergangenheit verschwunden war, war auch Tony Angel nicht gerade auf der Suche nach einer »romantischen Beziehung«. Dass Tonys Enkel im gleichen Alter wie Yi-Yiings Tochter war, weckte bei der Krankenschwester außerdem mütterliche Gefühle für den kleinen Joe.
    Danny und sein Dad mussten immer auch an Joe denken, wenn sie neue Frauen in ihr Leben ließen. Danny hatte Yi-Yiing gemocht - was zu einem großen Teil auch daran lag, wie rührend sie sich um Joe kümmerte -, heikel allerdings war, dass Yi-Yiing in Dannys Alter war und er sich zu ihr hingezogen fühlte.
    In diesen drei Jahren hatten Danny und sein Dad nacheinander drei verschiedene Häuser in der Court Street in Iowa City gemietet - alles Häuser von Professoren, die gerade ihr Sabbatical nahmen. Die Court Street war eine baumbestandene, von großen zweistöckigen Häusern gesäumte Straße, eine Art Dozentenghetto. Außerdem war die Longfellow-Grundschule, in der Joe die zweite, dritte und vierte Klasse besuchte, von dort aus gefahrlos zu Fuß zu erreichen. Die Court

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