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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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mehr als irgendeine Überschrift. Doch das auffällige Gegacker der beiden alten Frauen ließ Danny von seinem Notizbuch aufschauen, worauf Dot und May rasch wegsahen. Sie hatten ihn angeglotzt - so viel stand für Danny fest. Er hätte schwören können, dass er das eigentümlich hämische Lachen dieser dicken Frauen schon einmal gehört hatte. Aber wo und wann?
    Offenbar war es zu lange her, als dass Danny sich daran erinnern konnte, zumal ihn frischere, unauslöschliche Details nicht losließen, der rasende blaue Mustang und das wehrlose Baby auf der Straße. Danny war weit entfernt von jenem Zwölfjährigen in der Kochhausküche, für den Dots und Mays Gegacker so alltäglich gewesen war wie Punkt, Komma und Strich. Der Schriftsteller widmete seine ungeteilte Aufmerksamkeit wieder dem Notizbuch; seine Phantasie kreiste um Iowa City, doch er war jener Zeit in Twisted River näher, als er ahnte.
     
    In ihrem ersten Jahr in der Court Street gewöhnten sich Danny, sein Dad und Joe allmählich an Yi-Yiing und ihre leuchtenden Pyjamas. Yi-Yiing hatte ihren Dienst im Krankenhaus so eingeteilt, dass sie meist zu Hause war, wenn Joe aus der Schule kam. Das war noch vor Joes Fahrradphase, und zu jener Zeit hatte Danny nur flüchtige Liebschaften, höchst selten einmal blieb eine Frau über Nacht. Der Koch brach immer nachmittags ins Mao's auf - wenn er nicht gerade mit Xiao Dee Cheng auf dem Weg nach New York oder von dort zurück war.
    An den Abenden, an denen Tony Angel unterwegs war, blieb Yi-Yiing nicht in der Court Street. Ihre Wohnung in der Nähe des Mercy Hospital hatte sie behalten, vielleicht hatte sie schon immer gespürt, dass Danny sich zu ihr hingezogen fühlte, und wollte ihn nicht ermutigen. Ihre ganze Zuneigung galt dem Koch und dem kleinen Joe.
Sie
hatte Danny als Erste darauf angesprochen, dass Joe neuerdings mit dem Rad zur Schule fuhr. Mittlerweile waren sie alle in das zweite Haus in der Court Street umgezogen; dort waren sie der Muscatine Avenue mit ihrem Berufsverkehr zwar näher, doch von der Court Street aus gelangte man auf kleinen Seitenstraßen bis zur Longfellow-Grundschule. Dennoch sollte Danny, so Yi-Yiing, Joe ermahnen, nur ja immer auf dem Gehsteig zu bleiben - und beim Überqueren der Straße solle der Junge sein Rad unbedingt schieben, sagte sie.
    »Hier werden andauernd Kinder angefahren, die mit dem Rad unterwegs sind«, sagte Yi-Yiing zu Danny. Er versuchte, nicht zu beachten, welchen Pyjama sie gerade anhatte, und sich stattdessen lieber auf die Worte der erfahrenen Krankenschwester zu konzentrieren. »In der Notaufnahme kriege ich ständig welche zu sehen - erst gestern Nacht wieder ein Junge«, sagte sie.
    »War er nachts mit dem Fahrrad unterwegs?«, fragte Danny nach.
    »Als er auf der Dodge Street angefahren wurde, war es noch hell, er musste aber die ganze Nacht in der Notfallstation bleiben«, sagte Yi-Yiing.
    »Wird er wieder gesund?«, fragte Danny.
    Yi-Yiing schüttelte den Kopf; sie machte sich gerade einen Tee, und zwischen ihren Lippen klemmte wie eine Zigarette ein Streifen Toast. Joe war krank aus der Schule nach Hause gekommen, und Danny hatte sich am Küchentisch installiert und geschrieben. »Sieh zu, dass Joe mit dem Rad auf dem Gehsteig bleibt«, sagte Yi-Yiing, »und wenn er in die Innenstadt will - oder ins Schwimmbad, in den Zoo oder in den Stadtpark -, dann sorg um Himmels willen dafür, dass er zu Fuß geht oder den Bus nimmt.«
    »In Ordnung«, sagte Danny. Yi-Yiing setzte sich zu ihm an den Tisch, mit dem Tee und dem Rest von ihrem Toast.
    »Wieso bist du zu Hause?«, fragte sie. »Ich bin doch heute da! Du kannst ruhig in dein Büro gehen und dort schreiben. Ich bin
Krankenschwester,
Danny, bei mir ist Joe in guten Händen.«
    »In Ordnung«, wiederholte Danny. Konnte Joe eigentlich noch sicherer aufgehoben sein?, fragte sich der Schriftsteller. Schließlich kümmerte sich eine Krankenschwester um ihn, von den
zwei
japanischen Babysitterinnen ganz zu schweigen.
    Abends arbeiteten der Koch und seine Krankenschwester meist; dann blieb entweder Danny zu Hause, oder eine der japanischen Zwillingsschwestern passte auf Joe auf. Die Eltern von Sao und Kaori stammten aus Yokohama, doch die Zwillinge waren in San Francisco geboren und aufgewachsen. Eines Abends hatte der Koch sie aus dem Mao's mit nach Hause gebracht; er hatte Danny geweckt, um ihm die Zwillinge vorzustellen, dann hatte er Sao und Kaori in Joes Zimmer geführt, damit sie einen Blick auf den

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