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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Parmesan«, sagte Loretta. »Das wird euch gefallen.« Sie machte eine Kunstpause. »Ein Hähnchen-Paillard, aber ohne Kapern.«
    »O Gott«, meinte Greg. »Der Witz an der Sauce Grenobloise sind die Kapern.«
    »Gib dem Schwachkopf einfach die Rotweinreduktion mit Rosmarin - das schmeckt zum Hähnchen genauso gut wie zum Rinderschmorbraten«, sagte Tony Angel.
    »Davon wird das Hähnchen
lila,
Tony«, wandte sein Sous-Chef ein.
    »Du bist ein echter Purist, Greg«, sagte der Koch. »Na schön, dann gib dem Schwachkopf das Paillard mit etwas Olivenöl und Zitrone.«
    »Danny will sich überraschen lassen«, teilte Celeste Tony mit und beobachtete ihn genau. Sie hatte den Koch auch schon im Schlaf weinen hören.
    »Na, das wird ein Spaß«, sagte der Koch. (Endlich ein Lächeln, wenn auch ein kleines, dachte Celeste.)
    May war eine gesprächige Beifahrerin. Während Dot fuhr - wobei ihr Kopf nickte, aber meist nicht im Takt des Gedudels, das gerade im Radio lief -, las May die Aufschriften der Straßenschilder laut vor, wie es Kinder tun, die gerade erst lesen gelernt haben.
    »Bellows Falls«, hatte May verkündet, als sie die entsprechende Abfahrt auf der I-91 passierten - vor einer guten Viertelstunde. »Wer möchte schon in Bellows Falls wohnen?«
    »Warste mal da?«, fragte Dot ihre alte Freundin.
    »Nö. Klingt nur scheußlich«, sagte May.
    »Sieht langsam nach Abendessenszeit aus, oder?«
    »Ich könnte ein Häppchen vertragen«, gestand May.
    »Und zwar?«
    »Och, bloß 'n halben Bären oder 'ne ganze Kuh, schätze ich«, sagte May gackernd. Dot gackerte mit.
    »Sogar 'ne
halbe
Kuh würde jetzt prima schmecken«, verkündete Dot ernster.
    »Putney«, las May vor, als sie an dem Abfahrtschild vorbeikamen.
    »Was für 'n Name ist das denn? Indianisch klingt das nicht«, sagte Dot.
    »Nö. Nicht indianisch«, stimmte May zu. Sie näherten sich den drei Ausfahrten nach Brattleboro. »Wie wär's mit 'ner Pizza?«, sagte Dot.
    »brett-el-barro«, las May mit fast perfekter Aussprache vor.
    »Eindeutig kein Indianername!«, stellte Dot fest, und die beiden alten Schachteln gackerten wieder.
    »In Brattleboro gibt's bestimmt 'ne Pizzeria, meinste nicht auch?«, fragte May ihre Freundin.
    »Sehen wir nach«, sagte Dot. Sie nahm die zweite Ausfahrt, die sie zur Main Street brachte.
    »The Book Cellar«, las May laut vor, während sie langsam an dem Buchladen zu ihrer Rechten vorbeifuhren.
    Als sie zur nächsten Ampel kamen und zu der Stelle, wo der Hügel steil anstieg, sahen sie das Kinoschild des Latchis Theatre. Dort liefen zwei Filme aus dem Vorjahr - ein Sylvester-Stallone-Doppelprogramm,
Rocky in - Das Auge des Tigers
und
Rambo.
    »Die Filme hab ich gesehen«, verkündete Dot stolz.
    »Du hast sie
mit mir zusammen
gesehen«, erinnerte May sie.
    Die beiden waren von dem Kinoschild am Latchis abgelenkt, und Dot saß am Steuer; Dot konnte nicht gleichzeitig fahren und beide Straßenseiten im Auge behalten. Wäre May nicht gewesen, ihre hungrige Beifahrerin und zwanghafte Schilderleserin, hätten sie das Avellino vielleicht komplett verpasst. Das Wort
Avellino
war eine harte Nuss für May; sie verhaspelte sich, brachte aber die Worte »italienische Küche« heraus.
    »Wo?«, fragte Dot. Sie waren schon daran vorbeigefahren.
    »Dahinten. Park irgendwo«, wies May ihre Freundin an. »Da stand >italienisch<, das weiß ich genau.«
    Ehe Dot sich wieder richtig aufs Fahren konzentrieren konnte, hielten sie schon auf dem Parkplatz des Supermarkts. »Jetzt müssen wir den Weg zurücklatschen«, sagte sie zu May.
    Dot
latschte
nur ungern. Sie hatte einen schmerzhaften Ballenzeh, weshalb sie hinkte - was May wiederum an Cookies Hinken erinnerte, so dass die alten Zimtzicken in letzter Zeit oft an ihn denken mussten. (Auch mochte ihr Gespräch über
indianische
Namen im Auto sie an die längst vergangene Zeit in Twisted River erinnert haben.)
    »Für 'ne Pizza oder zwei würd ich meilenweit und noch weiter laufen«, sagte May zu ihrer Freundin.
    »Jedenfalls für eine von
Cookies
Pizzas«, sagte Dot, womit sie beim Thema waren.
    »Oh, waren die
leckerl«,
rief May. Die beiden waren auf der falschen Straßenseite bis zum Latchis gewatschelt und fast überfahren worden, als sie gedankenlos die Main Street überquerten. (Vielleicht war Milan fußgängerfreundlicher als Brattleboro.) Dot und May zeigten dem Fahrer, der sie beinahe überrollt hätte, den Stinkefinger.
    »Was wollte Cookie noch mal in den Pizzateig tun?«, fragte

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