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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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im Wald ist.« Und in diesem hinteren Bereich der Bucht hielten sich auch die Eistaucher lieber auf, weil hier weniger Boote unterwegs waren; auch das hatte Ketchum noch an seinem ersten Tag herausgefunden. Er mochte den Ruf des Eistauchers. »Außerdem ist Hero ein übler Furzer - du willst doch wohl nicht, dass er deine Schlafhütten verpestet, Charlotte?«
    Schließlich fand Charlotte die Vorstellung nicht mehr schockierend, dass ihr Opa ein Wilderer gewesen war. Er war mittellos und alkoholkrank gestorben; Spielschulden und Whiskey hatten ihn zur Strecke gebracht. Jetzt endlich hatte die Falltür im Boden ihr Geheimnis gelüftet, was Ketchum ziemlich rasch dazu brachte, seine
Optimierungen
vorzuschlagen. Dem alten Flößer kam nie der Gedanke, dass Charlotte nicht einmal im Traum daran gedacht hatte, in den eisigen Wintermonaten auf ihrer geliebten Insel zu wohnen, wenn der meist aus ein und derselben Richtung wehende Wind fortwährend die Bäume durchbog, wenn sich auf der zugefrorenen Bucht die Schneemassen türmten und, abgesehen von dem einen oder anderen Eisangler und den Irren, die mit ihren Schneemobilen über den See rasten, weit und breit keine Menschenseele war.
    »Das Haupthaus ließe sich ohne großen Aufwand winterfest machen«, fing Ketchum an. »Nach Einbau der Spülklos sollte man unbedingt zwei Abwassersysteme installieren - ein offizielles und ein kleineres, von dem keiner etwas zu wissen braucht.
    Vergesst die kleineren Hütten im Winter; die zu heizen wäre zu teuer. Bleibt einfach im Haupthaus. Ein wenig Heizstrom reicht aus, um zu verhindern, dass das Klo und die Spüle und deine große Badewanne, Charlotte, zufrieren. Man muss nur die zu der kleinen Klärgrube führenden Rohre gegen Kälte isolieren. So kann man im Klo nachspülen und das Spülwasser aus der Küche ablaufen lassen - und sogar die Wanne leeren. Man kann nur kein Wasser aus dem See hochpumpen oder Wasser erhitzen - jedenfalls nicht in einem mit Propangas betriebenen Boiler. Man muss ein Loch ins Eis schlagen und das Wasser mit Eimern nach oben tragen; das Badewasser erhitzt man auf dem Gasherd, genau wie das Geschirrspülwasser. Natürlich schläft man im Haupthaus - und die meiste Wärme kommt von dem Holzofen. In deinem Schreibschuppen brauchst du ebenfalls einen Holzofen, Danny, mehr aber auch nicht. Der hintere Teil der Bucht, der dem Festland am nächsten liegt, friert zuerst zu; die Lebensmittel schafft man auf einem Schlitten heran, den man an ein Schneemobil hängt, und genauso bringt man den Müll wieder in die Stadt. Verdammt, man könnte auf Schneeschuhen vom Festland rüberlaufen«, sagte Ketchum. »Von der Hauptfahrrinne nach Pointe au Baril Station sollte man sich aber tunlichst fernhalten. Ich schätze, die Rinne friert nicht fest genug zu.«
    »Aber warum sollten wir im
Winter
hier rauskommen?«, fragte Danny den alten Waldarbeiter. Charlotte guckte Ketchum nur verständnislos an.
    »Warum kommen wir nicht diesen Winter hierher, Danny?«, fragte Ketchum den Schriftsteller. »Dann zeige ich dir, warum es dir hier gefallen könnte.«
    Ketchum meinte nicht Winter im engeren Sinn. Er meinte die Hirschsaison im November. Das erste Mal, dass sich Danny und Ketchum zur Hirschjagd in Pointe au Baril Station trafen, war das Eis noch nicht dick genug, dass sie die Bucht vom Festland nach Turner Island zu Fuß überqueren konnten; nicht einmal auf Schneeschuhen oder Langlaufskiern wäre das sicher gewesen, und Ketchums Schneemobil wäre unweigerlich gesunken. Neben dem Schneemobil und einer umfangreichen Schlechtwetterausrüstung hatte Ketchum die Gewehre dabei, aber Hero zu Hause gelassen - genauer gesagt bei Sixpack-Pam. Sixpack hatte selbst ebenfalls Hunde, die Hero »duldete«, wie Ketchum sagte. (Er sagte auch, die Hirschjagd sei für Hunde »unpassend«.)
    Dass sie in diesem Winter nicht auf Charlottes Insel konnten, war unwichtig. Der Bauhandwerker würde mit all den Umbauten erst im darauffolgenden Sommer fertig werden; Ketchums kluge Optimierungen für den Winter mussten also auch so lange warten. Der Handwerker, Andy Grant, war ein »Kerl von hier«, wie Ketchum das liebevoll nannte. Charlotte war sogar mit ihm aufgewachsen - sie waren Sandkastenfreunde. Andy hatte nicht nur vor ein paar Jahren für Charlottes Eltern das Haupthaus renoviert, sondern auch erst kürzlich nach Charlottes Vorgaben die beiden Schlafhütten umgebaut.
    Andy Grant erzählte Ketchum und Danny, wo es in der Gegend um Bayfield Hirsche

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