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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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machte auch Auberginen mit Parmesan - der nicht eben kleinen Kolonie von Frankokanadiern in Berlin war dieses Gemüse vertraut. Und Dom bereitete Lammkeule mit Zitrone, Knoblauch und Olivenöl zu; das Olivenöl kam aus einem Laden in Boston, den Nunzi kannte, und Dominic rieb mit dem Öl Brathähnchen ein oder begoss den Truthahn damit, den er wie das Hähnchen mit Maisbrot, Wurst und Salbei füllte. Er briet Steaks unter dem Bratrost, oder er grillte sie und servierte dazu weiße Bohnen oder Röstkartoffeln. Allerdings mochte er Kartoffeln nicht besonders, und Reis verabscheute er sowieso. Zu den meisten Hauptgerichten reichte er Pasta, die er sehr schlicht zubereitete - mit Olivenöl und Knoblauch, manchmal auch mit Erbsen oder Spargel. Möhren kochte er in Olivenöl mit schwarzen sizilianischen Oliven und noch mehr Knoblauch. Und obwohl Dominic schwarze Bohnen nicht ausstehen konnte, standen sie auf seinem Speiseplan; es gab Holzfäller und Sägewerker, vor allem zahnlose Senioren, die kaum etwas anderes aßen. (»Die Baked-Beans-und Erbsensuppe-Bande«, wie Nunzi sie despektierlich nannte.)
    Gelegentlich trieb Annunziata Fenchel auf, den sie und Dom in süßer Tomatensauce mit Sardinen kochten; die Sardinen stammten aus einem anderen Laden, den Nunzi in Boston kannte, und Mutter und Sohn zerdrückten sie mit einer Gabel und vermengten sie mit Knoblauch und Olivenöl zu einer Paste, die sie mit Nudeln servierten, mit Brotkrümeln bestreut und im Ofen überbacken. Seinen Pizzateig stellte Dominic selbst her. Jeden Freitagabend machte er vegetarische Pizza - statt Fisch, auf dessen Frische sich hier im Norden weder der junge Koch noch seine Mutter verlassen mochten. In bauklotzgroßen Eisblöcken eingefrorene Garnelen kamen unaufgetaut in Zügen von der Küste, daher traute Dominic den Garnelen. Und auf den Pizzas konnte er wieder seine geliebte Marinarasauce verwenden. Ricotta- und Romanokäse, Parmesan und Provolone kamen allesamt aus Boston, genau wie die schwarzen sizilianischen Oliven. Der Koch, der sein Handwerk noch lernte, hackte jede Menge Petersilie und streute sie auf alles, sogar auf die unvermeidliche Erbsensuppe. (Petersilie sei »reines Chlorophyll«, hatte ihm seine Mutter beigebracht; sie neutralisiere Knoblauch und sorge für frischen Atem.)
    Dominic beließ es bei einfachen Nachspeisen, die - zu Nunzis Verdruss - nichts auch nur entfernt Sizilianisches an sich hatten: Apfelkuchen, Blueberry Cobbler (eine Art Blaubeerauflauf) und Johnnycake, auf einem Blech gebackenes Maisbrot. Im Coos County bekam man immer Apfel und Blaubeeren, und Dominic hatte ein Händchen für Teig.
    Sein Frühstück war sogar noch schlichter - Eier mit Schinkenspeck, Pfannkuchen und Arme Ritter, Maismuffins, Blaubeermuffins und Scones. Damals machte er Bananenbrot nur, wenn die Bananen braun geworden waren; gute Bananen zu nehmen sei Verschwendung, hatte ihm seine Mutter eingeschärft.
    Im Androscoggin Valley, irgendwo zwischen Berlin und Milan, gab es eine Putenfarm, und der Koch machte Putenhaschee mit Paprika, Zwiebeln und ganz wenig Kartoffeln. »Corned Beef eignet sich nicht für Haschee - es muss irisches Rindfleisch sein!«, hatte Annunziata ihn instruiert.
    Onkel Umberto, das trunksüchtige Arschloch, das sich noch vor Kriegsende zu Tode saufen würde, aß nie ein von seinem Eigentlich-doch-nicht-Neffen zubereitetes Gericht. Der erfahrene Holzarbeiter ertrug es kaum, Vorarbeiter einer immer größer werdenden Schar von Arbeitenden im Sägewerk zu sein, und die Frauen ertrugen Umberto schon gar nicht, was dessen Alkoholkonsum noch weiter in die Höhe trieb. (Nebenfigur hin oder her, Umberto würde noch lange durch Dominics Erinnerungen spuken, dort spielte der Eigentlich-doch-nicht-Onkel eine Hauptrolle. Wie hatte Dominics Vater mit Umberto befreundet sein können? Und konnte Umberto Nunzi nicht leiden, weil sie nicht mit ihm schlafen wollte? In Anbetracht der Verbannung seiner Mutter aus Boston und ihrer Situation in Berlin quälte Dominic oft der Gedanke, Umberto habe sich unberechtigte Hoffnungen gemacht, Nunzi problemlos verführen zu können.)
    Eines Winters, einige Jahre vor dem Ableben von Arschloch Umberto, bekam Annunziata Saetta die Grippe, die alle Schulkinder bereits hatten. Nunzi starb noch vor dem offiziellen Kriegseintritt der Vereinigten Staaten. Was sollten Rosie Calogero und der junge Dom nun machen? Sie waren 24 beziehungsweise 17; sie konnten nicht gut gemeinsam in demselben Haus wohnen, nicht nach

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