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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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verwendeten es auch beide.)
    Der Koch hatte eher unfreundlich auf das reagiert, was er Ketchums »Einmischung« in Daniels höhere Schulbildung nannte, worüber sich Dan mit seinem Vater prompt gestritten hatte. Unlogischerweise machte Dominic Mr. Leary, Dannys Englischlehrer in der siebten und achten Klasse auf der Mickey,
keine
Vorwürfe, dabei hatte dieser viel mehr als Ketchum damit zu tun, dass der Junge schließlich nach Exeter wechselte.
    Eigentlich hätte der Koch sich selbst die Schuld geben müssen, denn als Dominic erfuhr, dass Exeter (damals noch) eine reine Jungenschule war, ließ er sich plötzlich überreden, seinen geliebten Daniel im Herbst 1957 aufs Internat zu geben. Da war der Junge erst 15. Dominic würde seinen Sohn zwar schrecklich vermissen, doch nachts dafür ruhig schlafen können, da er wusste (oder, wie Ketchum sagen würde, »sich der Illusion hingab«), dass sein Junge vor Mädchen sicher war. Dominic ließ Daniel nach Exeter gehen, weil er seinen Sohn »so lange wie möglich« von Mädchen fernhalten wollte, wie er Ketchum schrieb.
    »Tja, das ist
dein
Problem, Cookie«, schrieb sein Freund zurück.
    Allerdings. Bei ihrer Ankunft im North End war es noch kein offensichtliches Problem gewesen - da war Dan erst zwölf und nahm von Mädchen anscheinend keine Notiz -, doch dem Koch fiel auf, dass die Mädchen bereits von seinem Sohn Notiz nahmen. Unter den Cousinen und Nicht-richtig-Cousinen aus dem Saetta- und dem Calogero-Clan würde es bald einige
zärtliche
Cousinen geben, wie sich der Koch leicht vorstellen konnte - ganz zu schweigen von all den anderen Mädchen, die der Junge kennenlernen würde, denn das North End war ein volkstümliches VierteL, in dem man irre viel Leute kennenlernte. Der Koch und sein Zwölfjähriger hatten noch nie zuvor an einem solchen Ort gewohnt.
    An jenem Aprilsonntag im Jahr 1954 hatten Vater und Sohn Schwierigkeiten gehabt, das North End überhaupt zu
finden,
und schon damals kam man dort leichter zu Fuß voran als mit dem Auto. (Den Pontiac Chieftain in diesem Viertel zu fahren und zu parken war eine Herausforderung gewesen - gewiss nicht so anstrengend wie der Transport von Indianer-Janes Leiche aus dem Kochhaus bis zu Constable Carls Küche, aber dennoch eine Herausforderung.) Als sie sich zu Fuß bis zur Hanover Street durchschlängelten - wobei sie im Vorbeigehen einen Blick auf die goldene Kuppel der Sumner Tunnel Authority erhaschten, die auf sie herabzustrahlen schien wie eine neue Sonne auf einen fremden Planeten -, sahen sie in der Nähe der Cross Street zuerst zwei andere Restaurants (das Europeo und Mamma Anna's), ehe sie das Vicino di Napoli fanden.
    Es war später Nachmittag - die Fahrt aus dem Norden New Hampshires hatte lange gedauert -, doch der Tag war warm und sonnig gewesen, verglichen mit dem kalten Morgenlicht am Dead-Woman-Damm, als sie Angels bläuliche Leiche bei Ketchum gelassen hatten.
    Hier wimmelte es auf den Gehsteigen von Familien; die Leute redeten richtig miteinander, einige schrien sogar. (Am Dead-Woman-Damm
und
in Twisted River hatten sie am Morgen ihrer Abreise nur die erschlagene indianische Tellerwäscherin, den ertrunkenen Jungen und Ketchum gesehen.) Seit sie den Pontiac abgestellt hatten und zu Fuß weitergegangen waren, war Danny zu aufgeregt gewesen, um zu sprechen. So etwas hatte er noch nie gesehen, außer im Kino. (In Twisted River gab es kein Kino. Gelegentlich hatte Indianer-Jane den Jungen mit nach Berlin genommen, damit er sich einen Film ansah. Der Koch hatte erklärt, ihn würden keine zehn Pferde wieder nach Berlin kriegen, »höchstens in Handschellen«.)
    Als sie an jenem Aprilsonntag in der Hanover Street vor dem Vicino di Napoli stehen blieben, warf Danny einen Blick auf seinen Vater. Der Koch sah aus, als hätte man ihn in Handschellen ins North End geschleift. Oder vielleicht hatte er ein mulmiges Gefühl, weil er hier stand und seinen Schatten auf diese Restauranttür warf. Lastete auf dem Überbringer von Hiobsbotschaften ein Fluch?, fragte sich Dominic. Was wird aus dem Unglücksboten? Widerfährt ihm eines Tages noch Schlimmeres?
    Der Junge spürte, wie sein Dad zögerte, doch ehe Vater oder Sohn die Restauranttür öffnen konnten, öffnete ein alter Mann sie von innen. »Komme reine, komme reine!«, forderte er sie auf. Dann packte er Danny am Handgelenk und zog ihn in den einladenden Duft der Gaststätte. Dominic folgte ihnen stumm. Der Koch sah auf den ersten Blick, dass der ältere Herr

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