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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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hin. »Antonio Molinari«, sagte der Chefkoch und schüttelte bekümmert Dominics Hand.
    »Dominic Baciagalupo«, erwiderte der Koch. »Ich war der Koch in dem Holzfällercamp. Das ist mein Sohn Daniel.«
    »Giuse Polcari«, sagte der alte Mann mit gesenktem Blick zu dem Jungen. »Keiner nennt mich Giuseppe. Einfach nur Joe ist auch in Ordnung.« Polcari zeigte auf den Pizzabäcker. »Das ist mein Sohn Paul.«
    »Ihr könnt mich Dan oder Danny nennen«, sagte der Junge. »Nur mein Dad nennt mich Daniel.«
    Tony Molinari war zur Tür des Restaurants gegangen und musterte die Passanten auf der Hanover Street. »Da kommt sie«, sagte er. »Ich sehe Carmella!« Die beiden Köche flohen in ihre Küche und ließen die verstörten Baciagalupos mit dem alten Polcari zurück.
    »Ihr müsst es ihr sagen - ich kanne nichte machen«, sagte Giuse (oder einfach nur Joe). »Ich mache euch miteinander bekannt«, fuhr der Oberkellner fort und schob Dominic näher in Richtung Restauranttür; Danny hielt die Hand seines Dads. »Ihr Mann ist auch ertrunken - die beiden, das war eine große Liebe!«, erzählte ihnen der alte Polcari. »Aber er ware Fischer, die ertrinken
oft.«
    »Hat Carmella noch andere Kinder?«, fragte Dominic. Jetzt konnten alle drei sie sehen - eine üppige Frau mit schönem Gesicht und pechschwarzem Haar. Sie war noch keine vierzig, vielleicht in Ketchums Alter oder etwas älter. Große Brüste, breite Hüffen, breites Lächeln - nur das Lächeln war breiter als das von Indianer-Jane, wie dem jungen Dan auffiel.
    »Angelù war ihr Ein und Alles«, antwortete Giuse. Danny ließ die Hand seines Dads los, weil der alte Polcari ihm etwas zusteckte. Es war Angels Portemonnaie, das sich feucht und kalt anfühlte; die Fahrkarte ragte schräg heraus. Danny klappte gerade das Portemonnaie auf und schob das Ticket wieder an seinen Platz, als Carmella Del Popolo zur Tür hereinkam.
    »Hey, Joe - bin ich spät dran?«, fragte sie den alten Mann vergnügt.
    »Du doch nicht, Carmella, du biste immer pünktlich!« Vielleicht war das einer jener Augenblicke, die Daniel Baciagalupo zum Schriftsteller werden ließen - seine erste und zwangsläufig unbeholfene
Vorahnung.
Plötzlich sah der Junge die Zukunft seines Vaters vor sich und, wenngleich weniger deutlich, seine eigene. Zugegeben, Carmella war ein wenig älter und gewiss fülliger als die Frau auf dem Foto in Angels Portemonnaie, doch niemand würde behaupten, dass sie nicht mehr schön war. Mit zwölf mochte Danny noch zu jung sein, um Mädchen zu beachten - oder die Mädchen waren zu jung, um seine Aufmerksamkeit zu erregen -, doch für
Frauen
interessierte sich der Junge bereits. (Für Indianer-Jane bestimmt - für Sixpack-Pam auf jeden Fall.)
    Carmella Del Popolo erinnerte Danny stark an Jane. Ihr olivbrauner Teint war Janes rötlichbrauner Haut nicht unähnlich; auch sie hatte eine leicht flache Nase, hohe Wangenknochen und dunkelbraune Augen - wie bei Jane waren Carmellas Augen fast so schwarz wie ihre Haare. Und würde in Carmellas Herz nicht bald, genau wie bei Jane,
Schwermut
einziehen? Auch Jane hatte einen Sohn verloren, und Carmella hatte - wie Dominic Baciagalupo - bereits einen geliebten Ehepartner verloren.
    Nicht dass Danny in diesem Augenblick das leiseste Anzeichen bemerkte, dass sein Dad sich zu Carmella hingezogen fühlte oder sie sich zu ihm, dennoch wusste der Junge eins ganz genau: Angels Mutter war die nächste Frau, mit der sein Vater eine Beziehung eingehen würde - solange sie im North End vor Constable Carl sicher waren.
    »Du musst dich setzen, Carmella«, sagte Polcari, während er sich in Richtung Küche zurückzog, wo sich die anderen bereits versteckten. »Das hier sind dieser Koch und seine Sohn aus dem Norden - du
weißt
doch, Angelus Kumpels.«
    Die Frau, die ohnehin schon guter Laune war, strahlte noch mehr. »Sie sind
Dominica«,
rief sie und nahm den Kopf des Kochs in ihre Hände. Als sie sich rasch zu Danny umdrehte, war Giuse Polcari schon zu den anderen Feiglingen verschwunden. »Und du musst
Danny
sein!«, sagte Carmella begeistert. Sie umarmte ihn fest - nicht so fest, wie ihn Jane manchmal umarmt hatte, aber fest genug, dass der Junge wieder an Jane denken musste.
    Jetzt erst wurde Dominic klar, warum in Angels Portemonnaie so wenig Geld gewesen war und warum sie unter den wenigen Hinterlassenschaften des toten Jungen fast nichts gefunden hatten. Angel hatte sein Gehalt seiner Mutter geschickt. Der Junge hatte Indianer-Jane

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