Letzte Rache: Thriller (German Edition)
tippte sich mit dem Finger an die Nase. »Das Netzwerk der Mütter liegt bei den Neuigkeiten immer ganz weit vorn.«
»Sehr beeindruckend.«
»Das ist nicht alles.«
»Nein?«
»Nein.« Helens Stirn umwölkte sich. »Die Spürhunde haben keine Bomben gefunden, aber sie haben acht Beutel mit Drogen aufgestöbert.«
»Was für Drogen?«
»Weiß ich nicht.«
»Vermutlich Dope.«
»Was ist mit diesem Skunk-Zeug?«, fragte Helen. »Ist das nicht die neue Supergefährdung der Teenager der Nation?«
»Nur wenn du zu den neurotischen Mittelschichteltern gehörst«, erwiderte Carlyle und gähnte, »die fröhlich jeden Abend eine Flasche Sauvignon Blanc köpfen, während sie ihren Kindern Vorträge halten, dass sie einen Joint nicht mal angucken sollten.«
Helen schaute ihn nachdenklich an. Normalerweise stand sie auf der liberaleren Seite ihrer Partnerschaft. Wenn es allerdings um Drogen ging, wurde ihr bei dem Laissez-faire-Fatalismus ihres Mannes mehr als ein bisschen unbehaglich zumute.
»Im Grunde«, fuhr Carlyle fort, der jetzt in Fahrt kam, »ist alles das gleiche Zeug. Entweder braucht man es, oder man missbraucht es. Manche Leute können damit umgehen; manche nicht. Ich frage morgen früh mal rum und sehe, was ich rausfinden kann.«
»Okay. Das wäre nicht schlecht. Einer der Beutel gehörte einem Mädchen in Alice’ Klasse.«
Das brachte ihn abrupt zum Stillstand. »Du machst Witze!«
Seine Frau warf ihm einen Blick zu, der zu erkennen gab, dass sie definitiv keine machte. »Ich glaube, sie gehört nicht zu Alice’ Freundinnen, aber wir sollten die Entwicklung trotzdem im Auge behalten.«
»Ja«, stimmte Carlyle zu, der schnell vom Theoretischen zum Pragmatischen überging, »das werden wir.« Er beugte sich hinüber und nahm Helen in den Arm. Eine Weile lagen sie bloß da und dachten beide an ihre Tochter und an die Gefahren, die vor ihnen lagen; beide wussten auch, dass es wirklich nichts gab, was sie im Moment dagegen unternehmen konnten. Man musste einfach abwarten, wie sich die Dinge entwickelten.
Schließlich nahm Helen den Gesprächsfaden wieder auf. »Wie war dein Tag?«
»Nun ja …« Carlyle seufzte. Er erzählte ihr die Geschichte von Agatha und Henry Mills oder zumindest so viel davon, wie er wusste.
»Wird der Fall morgen abgeschlossen sein?«, fragte sie.
»Das hoffe ich. Wir werden sehen, was Mr Mills morgen früh für sich ins Feld zu führen hat.« Henry Mills war über Nacht in der Station geblieben, wo er in einer Zelle schmoren sollte. Während Carlyle hinter seiner Tochter herspürte, hatte Joe am Nachmittag mit dem Mann gesprochen. Mills war bei seiner Geschichte geblieben, dass er fest geschlafen hatte, als jemand seinen Vorhandschmetterball mit einer Bratpfanne am Hinterkopf seiner Ehefrau trainiert habe. Verärgert hatte Carlyle der Anwältin klargemacht, dass sie am Morgen gegen ihn Anklage erheben würden. Mills’ Pass ivität war merkwürdig, aber die Menschen reagierten unterschiedlich auf Stress. Carlyle glaubte, dass er vielleicht einfach dichtmachte, versuchte, die Außenwelt auf Abstand zu halten. Er beschloss, einen Psychologen hinzuzuziehen, um zu sehen, was der von dem Mann hielt. Falls sonst nichts dabei herauskam, würde es ein deutliches Zeichen für Mills und seine Anwältin sein, dass sie an seinem Geisteszustand interessiert waren. Wenn die Anwältin nicht auf den Kopf gefallen war, würde sie begreifen, dass die Polizei ihrem Mandanten seine Geschichte nicht abkaufte, aber dass sie möglicherweise bereit wäre, eine Abmachung auf Grund verminderter Zurechnungsfähigkeit oder etwas Ähnlichem zu treffen.
In den Augen des Inspectors waren lange Freiheitsstrafen in Fällen häuslicher Gewalt sinnlos; schließlich war es nicht so, als stellten die Mörder eine Bedrohung der breiteren Öffentlichkeit dar, und ihr Gefängnisaufenthalt kostete ein Vermögen. Weitaus besser wäre, wenn Mills’ Anwältin ihn dazu brachte, eine Strafe von fünf Jahren zu akzeptieren, und sie konnten das ganze Ding jetzt unter Dach und Fach bringen. Auf diese Weise wäre er wahrscheinlich in weniger als drei Jahren draußen. Die Alternative sähe so aus, dass man die langwierige, verwickelte und ungeheuer kostspielige legale Prozedur durchmachen müsste. Falls er das täte, würde Mills vermutlich acht bis zehn Jahre bekommen. Es bestand die Chance, dass er entweder durch einen Verfahrensfehler oder durch ein Mitleidsvotum der Geschworenen davonkäme, aber wenn sie ihre Sache
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