Letzte Rache: Thriller (German Edition)
Haus für sich. Im Zimmer war es still, abgesehen vom Brummen des Verkehrs draußen, das vom gelegentlichen Aufheulen einer Polizeisirene unterbrochen wurde. Er hatte den Fernseher, in dem eine Wiederholung des Boxkampfs zwischen Evander Holyfield und Michael Dokes von 1989 lief, stumm gestellt, um sich auf einen Bericht im Evening Standard zu konzentrieren. Er handelte von der nicht sonderlich interessanten Geschichte zweier Drogenhändler, denen eine Gefängnisstrafe von bis zu siebenundzwanzig Jahren bevorstand, nachdem die Polizei zwei Reisetaschen mit fünfzig Kilogramm Heroin im Kofferraum ihres Wagens gefunden hatte. In dem Bericht wurde behauptet, die »Beute« sei »auf der Straße« fast fünf Millionen Pfund Sterling wert. Ich bin nicht sicher, an welche Straße du denkst, Freund, dachte Dom naserümpfend. Aus dem Stegreif schätzte er, dass jemand, der mit einer solchen Menge dreieinhalb Millionen umsetzte, in dieser angespannten Zeit nicht schlecht abgeschnitten hätte. Immer noch eine ordentliche Summe, aber deutlich unter den Höchstpreisen. Die sich verschärfende Rezession schnitt rigoros in alle möglichen Ermessensausgaben ein; sogar im Drogengeschäft, das sich länger als die meisten anderen besser als die meisten anderen gehalten hatte, spürte man inzwischen ernsthaft die Krise. Schmalhans war jetzt Küchenmeister, selbst wenn es darum ging, sich die Kante zu geben.
Er wandte sich wieder dem Zeitungsartikel zu. Die Dealer behaupteten, sie hätten Werbeprospekte abholen wollen, die sie bei einem Drucker in Auftrag gegeben hatten. Nach ihrer Version der Ereignisse waren die Broschüren zum vereinbarten Zeitpunkt noch nicht fertig gewesen. In der Zwischenzeit waren die Männer gebeten worden, stattdessen die Reisetaschen für ein Honorar von zweihundertfünfzig Pfund auszuliefern. Die Geschworenen hatten weniger als fünfzehn Minuten gebraucht, um dieKretins schuldig zu sprechen. Es war eine Überraschung gewesen, dass ihre Beratung so lange gedauert hatte. Die Polizei musste sich förmlich bepisst haben.
»Ihr Idioten!« Silver studierte die Polizeifotos des Duos, die den Artikel begleiteten, und schüttelte den Kopf. Den Erfolg der Polizei in diesem Fall betrachtete er mit gemischten Gefühlen. Die Drogen hatten einem Rivalen gehört, und wenn der Stoff von jemand anders aus dem Umlauf entfernt wurde, war das immer eine gute Nachricht. Ohne sich übermäßig arrogant zu finden, war Dominic davon überzeugt, dass die natürliche Auslese sich immer zu seinem Vorteil auswirken würde. Gleichzeitig bewies ihm dieser Vorfall jedoch, dass man sein Glück nicht herausfordern durfte. Enttäuschte Kunden würden trotzdem bedient werden wollen, und jede Marktlücke beförderte den allgemeinen Wettbewerb. Es gab eine Menge Leute, die mit Freuden Blut vergießen würden, um einen Anteil zu ergattern. Das nannte man Kapitalismus.
Dominic schlug die Zeitung zu, warf sie auf den Boden und dachte daran, dass die Zeit immer näher rückte, wo er ein für alle Mal Schluss machen sollte. Er schloss die Augen und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen und alles, was ihn ablenkte, daraus zu verbannen.
Er wusste, dies war eine große Prüfung.
Konnte er eine der grundlegenden Lebensregeln beherzigen?
Konnte er aussteigen, solange er noch vorn lag?
Zehn
Eine Dusche und ein Spiegelei-Sandwich schafften es, die Enttäuschungen des Tages ein wenig zu lindern. Alice hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen, um ihre Schularbeiten zu machen, und schien von den jüngsten Ereignissen völlig unbeeindruckt. Carlyle griff sich den Evening Standard und sank neben seine Frau aufs Sofa. »Was für ein Tag!«
Helen schrieb eine SMS zu Ende und legte ihr Handy auf den Wohnzimmertisch. »Na ja, wenigstens gab es keine Bombe. Offensichtlich haben zwei der älteren Mädchen die Drohung durchgegeben.«
Carlyle schaute sie nicht zum ersten Mal verständnislos an. »Wie bitte?«
»Sie sollten eine Klassenarbeit schreiben. Sie hatten keine Lust, die Arbeit zu schreiben, also …«
»Also haben sie gesagt, es gäbe eine Bombe in der verdammten Schule?«, platzte er heraus.
»Ja.« Helen grinste.
Er lachte gequält. »Nun ja, ich glaube, das nennt man: die Initiative ergreifen, gewissermaßen.«
»Aber betrüblich für sie ist«, fuhr Helen fort, »dass eines der Mädchen ihr Handy benutzt hat, um die Polizei zu benachrichtigen. Sie sind dermaßen aufgeflogen.«
»Herrgott. Woher weißt du das alles so schnell?«
Helen
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