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Letzte Rache: Thriller (German Edition)

Letzte Rache: Thriller (German Edition)

Titel: Letzte Rache: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Craig
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seiner politischen Ziehväter klingelten. Osgoods einst unordentliche Haartracht war kurz geschnitten, gebleicht – um das Grau zu verbergen – und mit Gel stachelig gemacht worden. Er trug eine Bräune zur Schau, die an Orange grenzte, und Carlyle hatte den Eindruck, obwohl das im Fernsehen schwer festzustellen war, dass er sich bei einem Schönheitschirurgen die Fältchen um die Augen hatte entfernen und die Lippen voller machen lassen. »Seine Midlife-Crisis wird immer schlimmer«, höhnte er.
    Als Polizeichef hatte Osgood keinen großen Einfluss auf Carlyles Berufsleben genommen, aber sein Verhalten im Anschluss daran hatte für manche Überraschung gesorgt. Kaum zwei Monate nachdem er gefeuert worden war, verließ er Frau und Kinder, verkündete, dass er bisexuell sei, und zog mit einem fünfundzwanzigjährigen Turniertänzer zusammen, der aus Bergamo nach London gekommen war. Mittlerweile hatte der »pinkfarbene Polizist« eine wöchentliche Kolumne in einer Sonntagszeitung und ergriff jede Gelegenheit, im Fernsehen oder im Rundfunk aufzutreten, um Christian Holyrod, den Bürgermeister, der ihn gefeuert hatte, oder seine früheren Kollegen und seinen Nachfolger Sir Chester Forsyth-Walker zu kritisieren, einen selbst ernannten »Copper alter Schule«.
    Carlyle kannte niemanden im Yard, der nicht der Meinung war, Osgood hätte einfach sein Geld, einen Pensionstopf von drei Millionen Pfund, nehmen, mit fest geschlossenem Mund in den Sonnenuntergang reiten und seine neu entdeckte Sexualität für sich behalten sollen. Wie kann jemand fünfzig Jahre alt werden und plötzlich entscheiden, dass er schwul ist? Ausnahmsweise stellte Carlyle fest, dass er mit der Mehrheitsmeinung der Polizisten in allen Londoner Polizeistationen im Einklang stand, die da lautete, dass Osgood sich nicht beklagen dürfe, falls ihn jemand in eine dunkle Seitengasse zerrte und nach Strich und Faden verdrosch, weil er so ein erbärmlicher, von sich selbst besessener Vollidiot war.
    »Sie haben seinen Freund in einem Hotel in der Nähe untergebracht«, erwiderte Helen. »Er ist ziemlich süß.«
    Carlyle runzelte die Stirn. »Luke Osgood? Süß?«
    »Nein!« Helen kicherte. »Der Freund. Er heißt Gianluca.« Sie zog die Augenbrauen theatralisch hoch. »Ganz der italienische Stecher.«
    Carlyle beschloss, auf die vorgebliche Begeisterung seiner Frau für den stattlichen Gianluca nicht weiter einzugehen, und hielt sein Augenmerk auf Osgood gerichtet, der inzwischen mit seinem wurmigen Snack beinahe fertig war. »Aber warum gibt er sich mit diesem ganzen Mist ab?«, fragte er. »Das Geld kann nicht der Grund sein.«
    »Ich glaube, er hat Geschmack daran gefunden.«
    Carlyle runzelte wieder die Stirn. »Woran? An Würmern?«
    »Nein.« Helen gab ihm einen festen Stoß mit dem Fuß. »Daran, Promi zu sein. Endlich darf sich sein Ego ausleben. Er hat seine frivole Seite von der Leine gelassen, nachdem er sein Leben lang im System untergetaucht war.«
    »Ich verstehe«, sagte Carlyle. Er griff nach ihrem Fuß, aber sie zog ihn zurück. »Sei nur froh, dass ich es schaffe, im System untergetaucht zu bleiben. Wenn ich meinem Ego freien Lauf ließe, hätten wir bald kein Brot mehr auf dem Tisch.«
    »Falls du so viel Geld verdienen würdest wie Sir Luke«, sagte Helen und grinste, »hast du meine Erlaubnis, so viele Käfer zu essen, wie du willst. Du kannst dir sogar einen italienischen Freund nehmen.«
    Carlyle warf ihr einen amüsierten Blick zu.
    »War nur ein Witz. Aber bei alldem ist eine Menge Geld für Lucky Luke drin. Offensichtlich kriegt er hundertzwanzigtausend dafür, bei dieser Show mitzumachen. Mit all seiner anderen Arbeit verdient er mittlerweile irgendwas in der Größenordnung von einer Dreiviertelmillion pro Jahr.«
    »Herr im Himmel.« Carlyle stieß einen langen, leisen Pfiff aus. Siebenhundertfünfzigtausend wäre das Dreifache von dem, was Osgood als Chef von Scotland Yard verdient hatte. Was für eine Welt, dachte er; was für eine verdammt bescheuerte Welt. Man konnte zweihundertfünfzigtausend Pfund im Jahr verdienen, verantwortlich für fünfzigtausend Menschen und ein Budget von dreieinhalb Milliarden sein, ganz zu schweigen davon, dass man sich mit Politikern und ihrem ganzen Scheiß herumschlagen musste – oder tatsächlich der Sicherheit von rund sieben Millionen Londoner. Andererseits konnte man sein Geld verdreifachen, wenn man herumsaß und Blödsinn erzählte und Würmer aß. Er musste zugeben, dass es wirklich

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