Letzte Reise
Zimmer mitbringt, kann man auch nicht zeigen. Ich fragte danach, sollen sie doch von mir denken, was sie wollen.
Die Papiere würden eingehend studiert, sagte Stephens, von verschiedenen Experten. Sie seien nicht verfügbar. Ich dachte, sie wollten mich vielleicht vor blutigen Augenzeugenberichten des Mordes bewahren und enthielten mir die Tagebücher Clerkes und der Offiziere deshalb lieber vor. Aber James' Tagebuch? Was konnte denn darin Schlimmes stehen? Ich sprach das an, und Sandwich pflichtete mir bei. Es stehe gar nichts darin. Der gesamte Aufenthalt auf Hawaii sei von James nicht beschrieben worden. Seine Aufzeichnungen endeten am 17. Januar. Ich war fassungslos.
Unterdessen erzählten sie weiter, im Wechselgesang. Abreise am 4. Februar. Schweres Wetter. Gegenwind. Dennoch weitergefahren. Dann zersplittert der Fockmast der Resolution in einem Sturm. Am elften waren sie wieder zurück. Mast an Land gebracht, Zimmerei eingerichtet, Handel in Schweinen und Kokosnüssen wiederaufgenommen. Diesmal Geplänkel mit der Bevölkerung, es wurde gestohlen, und von der Verehrung, der die Expedition beim ersten Besuch teilhaftig geworden war, keine Rede mehr. Die Männer wurden gezwungen, auf Diebe zu schießen, weil diese sich am Chronometer zu vergreifen drohten. Die Atmosphäre war grimmig.
James war immer äußerst zurückhaltend mit Feuerwaffen. Wenn er überhaupt schießen ließ, dann mit Schrot. Bei schwerwiegenden Diebstählen hatte er eine andere Strategie: Er nahm den Stammesfürsten oder Hohepriester als Geisel und wartete dann in der großen Kajüte ruhig mit ihm ab, bis ein Kanu längsseits kam, um die gestohlenen Güter zurückzubringen. Das funktionierte immer.
Jetzt erzähle ich Dir, was passiert ist, Frances. Am dreizehnten Februar gab es Streit, es wurde Werkzeug gestohlen, und die Matrosen, die die Wassertonnen füllten, bekamen Steine an den Kopf. Der örtliche Häuptling konnte für Ruhe sorgen. Am nächsten Morgen freilich war ein Beiboot der Discovery gestohlen. James ließ sich mit einigen Marinesoldaten an Land rudern. Er begab sich in das Dorf, um den Häuptling als Geisel zu nehmen. Der schickte sich auch an mitzugehen, denn er kannte James und mochte ihn. Seine beiden kleinen Söhne nahm, er mit. Da hörten sie Schüsse auf der anderen Seite der Bucht, es entstand Verwirrung, Unruhe, Protest. Plötzlich war James von schreienden Insulanern umringt und beschloß, zum Boot zurückzulaufen. Jemand griff einen der Marinesoldaten an, ein anderer bedrohte James mit einem Dolch. Es wurde geschossen. James gab den Befehl, an Bord zurückzukehren, und winkte das Boot heran; der Leutnant im Boot mißverstand das und begann, vom Strand wegzurudern. Die Meute drängte näher, aber James lief langsam und zielstrebig in die Brandung hinein. Da schlug ihm irgendeiner mit einem Knüppel auf den Hinterkopf – an dieser Stelle entschuldigte sich Sandwich, so schmerzlich, so schlimm, sagte er, und seine Stimme wurde dünn und stockte –, James fiel, bekam einen Dolchstoß, richtete sich noch auf, das Gesicht dem, Boot zugewandt, und wurde dann unter Wasser gedrückt, ein Knäuel Eingeborener stürzte sich mit Messen und Steinen auf ihn. Das Boot fuhr weg. Vier Marinesoldaten und James blieben am Strand zurück. Es war erst kurz nach acht, der Tag hatte noch gar nicht richtig begonnen, der ganze Vorfall hatte nicht einmal eine Stunde gedauert.
Nach diesen Worten wurde es still in dem Amtszimmer. Sandwich schneuzte sich die Nase, und Stephens blickte zu Boden. Ich hatte das Gefühl, als blickte ich auf mich selbst herab, als schwebte ich die ganze Zeit irgendwo in einer Ecke des Raums und sähe eine Frau in schwarzem Kleid aufrecht den beiden Herren gegenübersitzen. Ich hatte nicht das Empfinden, daß ich das war.
Gierke habe keine Rache nehmen wollen, was hätte es für einen Sinn gehabt, wo das Unglück schon geschehen war. Die Treue zu James verpflichtete ihn, so schnell wie möglich nach Norden zufahren, um den Auftrag zu Ende zu führen. Sandwich beschleunigte sein Erzähltempo, sie dachten sicher, die Unterredung habe nun lange genug gedauert, aber ich war mit meinen Gedanken noch am Strand von Hawaii und fragte nach der Bestattung.
Stephens ergriff das Wort. Gierke habe tagelang über die Herausgabe der Gefallenen verhandelt. Der gebrochene Mast sei schleunigst an Bord gebracht worden, die Männer hätten auf dem übervollen Vordeck an der Reparatur weitergearbeitet. Bestattung, sagte ich. Er
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