Letzte Runde in Mac's Place
Boden. Im Fallen ließ sie ihre Reisetasche los, die unter den Wagen rutschte.
Noch halb auf ihr liegend, hob Haynes den Kopf und schaute zu dem Loch in der Tür, als eine zweite Kugel fünf Zentimeter links von der ersten in das Holz klatschte. Einen Sekundenbruchteil später kam wieder das Geräusch eines entzweibrechenden Stockes.
Ein dritter Schuß löschte die Lampe über der Tür des Motelzimmers. Es war, als müsse der Schütze beweisen, daß die beiden ersten Kugeln keine Fehlschüsse, sondern reines Können waren. Haynes zückte den von McCorkle geborgten Revolver aus der Manteltasche, kroch von Erika weg und robbte zur linken Seite des Autos, wo er um den Vorderreifen spähte - denjenigen, den sie gewechselt hatten.
Als Haynes am Vorderreifen vorbei zum Dach des U-förmigen Motels spähte, sah er eine dunkelblaue oder schwarze Limousine in die Nacht hinein verschwinden. Haynes erhob sich, steckte den Revolver in die Manteltasche und half Erika auf. Ihr Mund stand offen, während sie keuchend und in tiefen Zügen einatmete.
»Kriegst du keine Luft?«
Sie schüttelte den Kopf und keuchte weiter.
»Ich kann die Essenstüte holen, damit du hineinatmen kannst.«
Wieder schüttelte sie den Kopf, diesmal sogar noch energischer, und sagte immer noch keuchend: »Noch nie - hat -jemand - auf mich - geschossen.«
»Der Schütze ist fort«, sagte er.
»Bist du sicher?«
Haynes nickte. »Er hat nicht auf uns geschossen. Er hat auf die Tür und die Lampe geschossen. Beides hat er getroffen.«
»Oh, verdammt, soviel Angst hatte ich noch nie.«
»Das war beabsichtigt. Geht's dir besser?«
»Ich zittere immer noch.«
»Deine Atmung, meine ich.«
»Alles in Ordnung.«
»Dann fahren wir jetzt zu Mott.«
»Und wohin, zum Teufel, können wir danach?«
»Was hältst du von Baltimore?« sagte Haynes.
Nachdem sie Erikas Tasche unter dem Wagen hervorgezogen hatten, fuhren sie langsam zur Ausfahrt des Motels. Einige halb bekleidete Gäste spähten durch einen Spalt offene Türen, als wollten sie sich vergewissern, ob sie Schüsse oder Fehlzündungen gehört hatten. Der Motelbesitzer, der draußen in Hemdsärmeln vor Kälte zitterte, warf dem alten Cadillac einen desinteressierten Blick hinterher, bevor er sich wieder in die Wärme seines Büros zurückzog. Haynes nahm an, seine 100 Dollar Kaution würden nicht nur die Kosten für das Zimmer, sondern auch die Schäden an Tür und Lampe decken.
»Wie hat man uns so schnell gefunden?« fragte Erika, als Haynes auf die Wisconsin Avenue bog und nach Süden steuerte.
»Keine Ahnung.«
»Ich dachte, du warst mal Detective.«
»War ich auch.«
»Also, mal angenommen, jemand wie wir kommt zu jemand wie dir und sagt: >He, wir haben versucht, uns vor den Bösewichten zu verstecken, aber die haben uns gefunden und auf uns geschossen. Was sollen wir jetzt Ihrer Meinung nach tun?<«
»Bin ich immer noch Cop?«
»Du bist immer noch Cop.«
»Dann würde ich wahrscheinlich sagen: >Also, Leute, was haltet ihr von Baltimore?<«
Da es die Höflichkeit verbat, die frisch gebackene Apfeltorte abzulehnen, die Lydia Mott ihnen aufdrängte, aßen Haynes und Erika jeder ein Stück, tranken eine Tasse Kaffee dazu und folgten dann dem mit Pyjama und Bademantel bekleideten Howard Mott die Treppe hinauf in sein Arbeitsmusikzimmer.
Sie setzten sich, und Haynes gab einen präzisen Bericht des Vorfalls am Bellevue Motel. Als Haynes fertig war, stellte Mott seine erste Frage. »Wie lange waren Sie dort?«
»Fünf oder sechs Stunden.«
»Irgendeine Vorstellung, wieso man Sie so schnell gefunden hat?«
»Keine. Es sei denn, der ungebetene Besucher hat Hilfe gehabt.«
Mott schob den linken Ärmel seines übergroßen, blau-weiß gestreiften Bademantels zurück und sah auf seine Armbanduhr. »Eingecheckt im Motel haben Sie um . etwa sechs?«
»Eher halb sechs.«
»Und der Schütze hat Sie um elf gefunden - in etwa.«
»Oder auch viel früher.«
»Wieso?«
»Weil er darauf gewartet hat, daß wir unser Zimmer verließen, und wir haben uns mindestens fünf Stunden dort drinnen aufgehalten.«
»Einmal war ich draußen, um Essen zu holen«, sagte Erika.
Mott blickte sie an und fragte: »Wann war das?«
»Kurz, nachdem wir angekommen waren.«
Plötzlich beugte Haynes sich erkennbar ungeduldig nach vorn. »Die Frage bleibt doch, wie hat er uns gefunden, und wohin wendet sich ein Schütze, um Hilfe zu bekommen? Nicht an die Cops in D.C. und nicht ans FBI - und wer sonst hat genug
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